Lernen, Klausuren schreiben und wieder lernen. Es scheint so, als wolle es oftmals kein Ende nehmen. Emir Faruk Kayahan schreibt über die typische Hürden eines Studierenden und darüber, warum Nebensächlichkeiten ausgerechnet immer dann ins Visier geraten, wenn man seinen eigentlichen Verantwortungen nachgehen muss.
Habt ihr euch schon mal gefragt, warum wir Studenten uns ausgerechnet in der Klausurphase plötzlich für Banalitäten interessieren? Wie oft haben wir uns beim Gucken von lustigen Videos auf dem Handy erwischt, obwohl wir doch für die Prüfung hätten lernen wollen? Komischerweise entdecken wir immer nur in diesem kurzen Zeitfenster die interessantesten Bücher in unserem Regal.
Ich denke wir alle wissen, dass diese Liste an Ablenkungen kein Ende hat. Auch wissen wir um das Ende dieses sich anbahnenden Dramas: Am Prüfungstag sitzen wir nicht vor dem Dozenten, sondern vor dem Arzt und blicken nicht auf ein weißes Stück, sondern auf ein gelbes Stück Papier!
Ich möchte nicht an unschöne Momente erinnern. Vielmehr möchte ich wissen, warum Nebensächlichkeiten ausgerechnet immer dann ins Visier geraten, wenn man seinen eigentlichen Verantwortungen nachgehen muss. Ich befürchte, dass dieser relativ harmlose Ausschnitt aus dem Studentenleben eine dauerhafte menschliche Neigung enthüllt: Die eigentümliche Anziehungskraft nebensächlicher Dinge. Dinge, die unsere Ideale verdrängen, sodass vergängliche Interessen wichtiger scheinen.
Jede Zeit birgt für jede Generation verschiedene Möglichkeiten und Herausforderungen. Die bildungsgeschichtliche Entwicklung bringt für junge Muslime natürlich auch Schwierigkeiten nach sich. Immerhin machen viele die ersten akademischen Erfahrungen, ohne ein wirkliches Vorbild zu haben. Junge Muslime – als Gemeinschaft und Individuum – werden mit noch nie zuvor gekannten Fragen und Schwierigkeiten konfrontiert.
In Zeiten von Wettbewerb und Oberflächlichkeit ist die Uneigennützigkeit umso wichtiger. Die prophetische Devise zur rücksichtsvollen Lebensführung lautet: „Denkt daran! Die Schwachen unter euch sind der einzige Grund, warum ihr Unterstützung und Versorgung bekommt!“ (Riyaz as-Sâlihîn, Hadith Nr. 273 und 274)
Das bedeutet: Nicht nur persönlicher Erfolg, sondern auch menschliche Hilfsbereitschaft ist ein wichtiger Leitsatz. Die Mitmenschen unterstützen, sich für die Gemeinschaft mit Rat und Tat einsetzen – all dies ist vielleicht karrieretechnisch verlorene Zeit, für junge Muslime jedoch keine verlorene Mühe!
Daher gilt es festzuhalten: Der akademische Weg ist erstrebenswert, aber eben nicht alles. Dieser Weg ist lediglich ein Weg, kein Ziel. Das Gemeinwohl sollte nicht außer Acht gelassen werden. Nicht nur Wissen ist relevant, sondern auch Bewusstsein.
Der Text basiert auf einem Uni-Talk-Vortrag auf dem UNIDAY 2018 der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüş (IGMG).