Kiel

Anti-Diskriminierungsbeauftragte: Nikab-Verbot nicht haltbar

Die Kieler Universität hat ein Vollverschleierungsverbot in Lehrveranstaltungen durchgesetzt. Nach Auffassung der Anti-Diskriminierungsbeauftragte des Landes, ist dieses Verbot nicht haltbar. Ein Einzelfall sollte nicht zur gesetzlichen Regelung führen, das sei Diskriminierung.

01
03
2019
Symbolbild: Diskriminierung und Hassverbrechen, Corona, Rassimus
Symbolbild: Diskriminierung und Hassverbrechen, Corona © noreenreyes auf flickr, bearbeitet by IslamiQ

Das Vollverschleierungsverbot in Lehrveranstaltungen an der Kieler Universität ist nach Auffassung der Anti-Diskrimierungsbeauftragten des Landes ohne Rechtsgrundlage. „Das vorliegende Verbot per Richtlinie ist nach meiner Bewertung so nicht haltbar“, sagte Samiah El Samadoni am Freitag in Kiel. „Rechtlich ist ein Verschleierungsverbot als Eingriff in die Religionsfreiheit nach Artikel 4 Grundgesetz tatsächlich nur durch oder aufgrund eines Gesetzes möglich.“ Beispielsweise enthalte das bayerische Hochschulgesetz eine solche Regelung, erläuterte El Samadoni.

Argumentation nicht nachvollziehbar

Sie betonte außerdem, sie könne die Argumentation der Uni für das nach einem Einzelfall erlassene Verbot nicht nachvollziehen. Begründet wurde die Richtlinie mit der Einschränkung der für die Lehre erforderlichen offenen Kommunikation durch den Gesichtsschleier. Nach Ansicht des Uni-Präsidiums beruht diese nicht nur auf dem gesprochenen Wort, sondern auch auf Mimik und Gestik. Gerade in Vorlesungen sei die Kommunikation aber fast immer frontal und einseitig, sagte El Samadoni. Eine mündliche Leistung der Studierenden werde auch ­ anders als in der Schule nicht benotet.

Diskriminierung

Fraglich sei auch, ob ein Einzelfall wie an der Kieler Uni Anlass für eine gesetzliche Regelung sein sollte oder ob nicht andere Lösungswege durch den Dialog gefunden werden könnten. Eine zum Islam konvertierte Studentin hatte in einer Lehrveranstaltung einen Nikab getragen, bei dem lediglich die Augen der Trägerin sichtbar bleiben. El Samadoni kritisierte, der Streit um ein Verbot biete eine öffentliche Plattform für unterschiedlichste Interessengruppen, denenen es lediglich um eine Eskalation der Auseinandersetzung gehe. (KNA, iQ)

Leserkommentare

Frederic Voss sagt:
Die persönliche Ansicht der SPD-Frau Samiah El Samadoni zum Vollverschleierungsverbot in Lehrveranstaltungen ist argumentativ nicht nachvollziehbar. Als Tochter eines ägyptischen Vaters und einer deutschen Mutter findet sie selber diese islamischen Verhüllungs.Szenarien wohl ganz toll - vor allem in Deutschland. In Ägypten hält sie sich ja nicht so gerne auf - wegen der politisch instabilen Lage - wie sie mal erklärte. Sie hat es schätzen gelernt, daß sie in Deutschland sehr frei aufwachsen konnte. Dann sollte sie es auch schätzen, wenn eine überwiegend liberale, tolerante Gesellschaft einfach nicht jeden Religions-Vermummungs-Firlefanz aus diktatorischen Ländern übernehmen oder nachahmen will.
01.03.19
21:59
Ute Fabel sagt:
„Rechtlich ist ein Verschleierungsverbot als Eingriff in die Religionsfreiheit nach Artikel 4 Grundgesetz tatsächlich nur durch oder aufgrund eines Gesetzes möglich.“ Wenn jemand aus religiöser Überzeugung - um ganz wie Adam und Eva vor dem Sündenfall zu sein - nackt in einem Hörsaal sitzen will, könnte das dann laut Frau El Samadoni auch auch nur durch ein Gesetz und nicht bloß durch eine Richtlinie untersagt werden? Ich finde es total erschütternd, dass sich Anti-Diskriminierungsbeauftrage so unreflektiert zu Lobbyisten für eine religiöse Sonderbehandlung instrumentalisieren lassen. Das ist unprofessionell!
04.03.19
9:44