Nach einem Rückgang 2017 hat im vergangenen Jahr die rechte Gewalt in Sachsen wieder zugenommen. Vor allem die Vorfälle bei Demonstrationen im Sommer in Chemnitz schlagen zu Buche.
Die rechtsextremistisch motivierte Gewalt in Sachsen hat nach Angaben der Regionalen Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie (RAA) weiter zugenommen. Wie der Verein am Donnerstag in Dresden mitteilte, registrierte er im vergangenen Jahr 317 Gewalttaten. Das seien rund 38 Prozent mehr als 2017. Damals wurden 229 Taten gezählt. 481 Menschen seien davon betroffen gewesen. Die Steigerung komme vor allem durch Handlungen, die mit den rechtsextremistischen Demonstrationen im August und September in Chemnitz in Zusammenhang standen, hieß es. Dort habe sich die Zahl mit 79 Vorfällen etwa vervierfacht.
Etwa zwei Drittel der Taten waren laut RAA rassistisch motiviert. Zugenommen hätten vor allem die Angriffe auf politische Gegner etwa bei Demonstrationen von Pegida in Dresden oder beim Treffen von Neonazis im ostsächsischen Ostritz. Gestiegen sei auch Zahl der Angriffe auf Wohnungen oder das Wohnumfeld von Migranten, an den Asylunterkünften seien sie hingegen zurückgegangen.
Neben Chemnitz verzeichneten auch Nordsachsen und Leipzig starke Anstiege – von 7 auf 23 Taten sowie von 36 auf 60. Ebenso viele Gewalttaten wurden in Dresden gezählt. Auch in der Sächsischen Schweiz-Osterzgebirge und dem Kreis Görlitz wurden mehr Vorfälle registriert. In den Kreisen Bautzen, Meißen, Zwickau und vor allem im Erzgebirge seien hingegen die Taten rückläufig gewesen. Der Kreis Mittelsachsen verharrte mit 6 Taten auf vergleichsweise niedrigem Niveau, wie es hieß.
Die Opferberatung bezieht ihre Angaben von den Betroffenen direkt, von Kooperationspartnern, aus Mitteilungen der Polizei, aber auch aus Presseberichten oder Landtagsanfragen. Deshalb liegen die Zahlen der RAA meist oberhalb der von der Polizei erfassten Taten.
So seien von den 314 Gewalttaten nur 241 bei der Polizei angezeigt worden, sagte RAA-Fachreferentin Andrea Hübler. Bei den meisten Angriffen habe es sich Körperverletzung (223), aber auch um Nötigung oder Bedrohung und Brandstiftungen gehandelt.
„Rechte und rassistische Gewalt gehören zur Lebensrealität in Sachsen“, kommentierte die für Gleichstellung und Integration zuständige Ministerin Petra Köpping (SPD). Es gebe keinen Grund dies zu beschönigen. Die Kräfte und Strukturen von rechts bedrohten den Zusammenhalt in der Gesellschaft. Deshalb unterstütze das Land das „Demokratie-Zentrum Sachsen“, zum dem auch der die RAA gehöre.
Der stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion im Landtag, Henning Homann, forderte, menschenfeindlichen Haltungen und Taten entgegenzutreten. „Dabei ist jeder Mensch in Sachsen gefragt, dem an einem aufgeschlossenen und friedlichen Miteinander gelegen ist“, sagte er.
Kerstin Köditz, Sprecherin für Antifaschistische Politik der Linken, sagte: „Die Gesamtentwicklung bleibt beunruhigend.“ Die von der RAA erhobenen Zahlen zeigten, dass es ein großes Dunkelfeld gebe. „Es muss politisch gehandelt werden.“ Die Landesregierung habe jedoch kein Gesamtkonzept zur Zurückdrängung der extremen Rechten. (dpa/iQ)