Urteil

„Prüffall AfD“: Verfassungsschutz akzeptiert Kölner Urteil

Der Verfassungsschutz darf zwar prüfen, ob es bei der AfD Hinweise auf Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gibt. Öffentlich ankündigen dürfe er das aber nicht, hat ein Gericht entschieden. Die Behörde beugt sich jetzt dieser Entscheidung.

09
03
2019
Symbolbild: Urteil, Politiker © Shutterstock, bearbeitet by iQ.
Symbolbild: Urteil © Shutterstock, bearbeitet by iQ.

Der Verfassungsschutz will mit der AfD nicht weiter vor Gericht darüber streiten, ob der Nachrichtendienst die Partei als „Prüffall“ bezeichnen darf oder nicht. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) teilte am Freitag mit, es werde die Entscheidung des Kölner Verwaltungsgerichts akzeptieren, das der Behörde die Nennung als „Prüffall“ untersagt hatte. Stattdessen will sich die Behörde nach Angaben ihres Präsidenten Thomas Haldenwang darauf konzentrieren, den rechtsnationalen Parteiflügel und die Nachwuchsorganisation der AfD zu durchleuchten.

Das Gericht hatte im Februar einem Eilantrag der Partei stattgegeben. Die Klage der AfD richtete sich nicht dagegen, dass der Verfassungsschutz die AfD prüft, sondern dagegen, dass das Amt dies öffentlich gemacht hatte. Dies habe „einen stigmatisierenden Charakter“, monierte die Partei.

Auch das Gericht vertrat die Auffassung, der Bezeichnung „Prüffall“ komme in der Öffentlichkeit eine negative Wirkung zu. Dieser Eingriff in die Rechte der AfD sei „rechtswidrig und auch unverhältnismäßig“.

„Politisch motivierte Instrumentalisierung“

Dass der Verfassungsschutz nun auf eine Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster verzichtet, begründete er damit, dass die Klärung von Rechtsfragen zur Reichweite der Öffentlichkeitsarbeit des BfV nicht weiter „vom eigentlichen Thema ablenken“ solle. Verfassungsschutz-Präsident Haldenwang erklärte: „Das BfV konzentriert sich auf die vorrangige Aufgabe, die ich darin sehe, die Aktivitäten der unter Extremismus-Verdacht stehenden Teilorganisationen „Der Flügel“ und „Junge Alternative“ zu beobachten.“ Dabei spielten unter anderem die programmatische Ausrichtung, die Verbindungen zu rechtsextremistischen Bestrebungen und die öffentlichen Äußerungen führender Protagonisten eine wichtige Rolle. Der Verfassungsschutz wolle „die Öffentlichkeit zu gegebener Zeit über den Fortgang dieser Bearbeitung unterrichten“.

AfD-Partei- und Fraktionschef Alexander Gauland sagte zu der Entscheidung der Behörde, auf Rechtsmittel zu verzichten, dies sei eine „späte Einsicht, dass man (der Verfassungsschutz) nicht rechtsstaatlich gehandelt hat“. Co-Parteichef Jörg Meuthen hatte bereits nach der Entscheidung des Kölner Gerichts erklärt, damit sei die „politisch motivierte Instrumentalisierung“ des Verfassungsschutzes gegen die AfD vorerst gescheitert.

Eine Partei kann zum Prüffall werden, wenn die Behörden erste Anzeichen für extremistische Bestrebungen erkennen. Bei einem Prüffall ist eine Beobachtung mit V-Leuten oder anderen nachrichtendienstlichen Mitteln aber grundsätzlich nicht erlaubt.

Haldenwang hatte am 15. Januar in einer Pressekonferenz öffentlich gemacht, dass die Gesamtpartei für den Verfassungsschutz nun ein „Prüffall“ sei, der Flügel und die Junge Alternative würden als „Verdachtsfall“ behandelt. Bei einem Verdachtsfall stehen dem Verfassungsschutz weitreichendere Mittel zur Verfügung, um Erkenntnisse über eine Gruppierung zu gewinnen. (dpa/iQ)

Leserkommentare

Rechtsstaat Adé sagt:
Also bitte, was ist das denn schon wieder? Der Verfassungsschutz hat die Info, welche vom Verfassungsschutzchef Haldenwang über eine Schalte an die Kolleg*innen weitergegeben wurde und geheim bleiben sollte an die Medien weitergestochen. Damit konnte die Einstufung der AfD als Verdachtsfall zwar verhindert we
06.03.21
5:40
Rechtsstaat Adé sagt:
..werden....jedoch nur weil damit die Chancengleichheit einer Partei damit verletzt würde und nicht weil die AfD kein rechtsextremistisches Potenzial beherrschte. Insofern ist es nur eine Frage der Zeit bis dieser Gruppe von Verfassungsfeinden der Garaus gemacht wird. Hinzukommt wieder einmal die Diskussion über die Korruptheit des Verfassungsschutzes aus, welche nicht von ungefähr kommt und mehr als berechtigt ist. Die ganzen Skandale der letzten Jahre verlangen spätestens seit dem Skandal mit Maaßen nach mehr Aufklärung und rücken eine umfassende Umstrukturierung des Verfassungsschutzes erneut ins Zentrum der Debatte.
06.03.21
5:54