Der Soziologe Alexander Yendell kritisiert, dass die Debatte über die Islam-Zugehörigkeit Rechtspopulisten in die Hände spiele.
Der Leipziger Soziologe Alexander Yendell sieht die Frage, ob der Islam zu Deutschland gehört, als eine „religionspolitische Fallgrube“. Mit der Debatte werde „eigentlich der Grundsatz der Religionsfreiheit in Frage gestellt. Man bietet darüber hinaus den extremen Rechten die Möglichkeit zu definieren, was aus deren Sicht eine deutsche oder europäische Identität ist und was nicht“, erklärte Yendell am Dienstag in Leipzig. Es entstehe der Eindruck, als stünde es überhaupt zur Debatte, dass Muslime in diesem Land nicht willkommen seien, und das obwohl die Religionsfreiheit grundsätzlich für alle gelte.
„Damit wird das ‚Freund-Feind‘-Denken der Rechtspopulisten und -extremisten beflügelt“, kritisierte Yendell, der mit zwei Kollegen der Universität Leipzig im Auftrag der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung sechs Thesen zu „Religion und Rechtspopulismus“ formulierte. Der Soziologe appellierte an Politiker, in der Debatte deutlich zu machen, dass allein schon die Frage, ob der Islam zu Deutschland gehört, falsch gestellt sei. Andernfalls spielten sie den Rechtspopulisten in die Hände.
Insgesamt kommt laut Yendell in der politischen Auseinandersetzung mit dem Rechtspopulismus der Religion eine Schlüsselrolle zu. „Die Religion ist vor allem deshalb für rechtspopulistische Bewegungen und Parteien bedeutend, weil die Identifikation mit dem Christentum – auch wenn sie größtenteils sehr diffus ist – mit einer Erhöhung der eigenen Kultur und mit einer Abwertung anderer Kulturen einhergeht“, erläuterte er. „Die christliche Kultur wird mit Toleranz, Nächstenliebe und Aufklärung in Verbindung gebracht, der Islam mit Fanatismus, Gewaltbereitschaft und Unterdrückung der Frau gleichgesetzt.“
Hinzu komme: „Je erfolgreicher Rechtspopulisten in ganz Europa die christliche Religion für sich in Anspruch nehmen, desto mehr können sich Parteien wie die AfD, FPÖ und SVP, der Rassemblement National, die Lega Nord, Fidesz oder die polnische PiS als die ‚wahren‘, im Zweifelsfall ‚einzigen‘ Verteidiger des christlichen Abendlandes inszenieren“, so Yendell. Die Konfession spiele bei Wahlentscheidungen immer noch eine Rolle. Entsprechend versuche die AfD mit Untergruppierungen wie den „Christen in der AfD“ zu kaschieren, dass viele Mitglieder und wichtige Funktionsträger keinen Religions- oder Kirchenbezug haben. „Sie maßen es sich folglich nur an, im Namen von Religion und Christentum zu sprechen.“ (KNA/iQ)