In einem offenen Brief fordern ein Bündnis aus Wissenschaftlern, Politikern und Organisationen die Einrichtung einer Expertenkommission „Antimuslimischer Rassismus“.
Angesichts der alltäglichen Gewalt gegen Musliminnen und Muslime und Menschen, die als solche wahrgenommen werden sowie gegen muslimische Einrichtungen, wenden sich zivilgesellschaftliche Organisationen und Expertinnen aus Wissenschaft, Politik und Praxis in einem offenen Brief an die Bundesregierung und fordern zum Handeln auf.
„Wir sind in großer Sorge angesichts der islamfeindlichen und antimuslimischen Einstellungen, die sich in Deutschland seit Jahren auf einem konstant hohen Niveau befinden“, sagte die Projektleiterin der Allianz gegen Muslimfeindlichkeit „Claim“, Nina Mühe, am Mittwoch laut Mitteilung.
Laut der Initiative belegen diverse Umfragen und Studien, dass islamfeindliche und antimuslimische Einstellungen in Deutschland sich seit Jahren auf einem hohen Niveau bewegen. Die antimuslimischen Anschläge in Christchurch und die starke Zunahme islam- und muslimfeindlich motivierter Übergriffe auf Menschen und muslimische Einrichtungen in Deutschland müssen ein Weckruf für Sie als politisch Verantwortliche sein. „Zur wachsenden Islam- und Muslimfeindlichkeit in Deutschland herrscht bislang weitestgehend politisches Stillschweige“, heißt es im offenen Brief.
Die Einrichtung einer Kommission auf Bundesebene sei ein erster Schritt, um Rassismus und Vorurteile gegen Muslime bekämpfen zu können. Diese soll folgende Aufgaben haben:
1. Die Expertenkommission hat zur Aufgabe sich mit den Erscheinungsformen von Islam- und Muslimfeindlichkeit/ antimuslimischem Rassismus auseinanderzusetzen.
2. Die Expertenkommission hat zur Aufgabe eine Bestandsaufnahme zu Erscheinungsformen und Folgen von antimuslimischem Rassismus in allen politischen und gesellschaftlichen Bereichen durchzuführen und wissenschaftliche Expertisen zur Situation von Muslim*innen in Deutschland zu entwickeln. Erforderlich ist eine Ausformulierung wissenschaftlicher Fragestellungen und Arbeitsaufträge insbesondere in den Bereichen:
– Datenerfassung, Dokumentation und Auswertung islamfeindlich/antimuslimisch motivierter Straftaten
– Antimuslimischer Rassismus, Islam- und Muslimfeindlichkeit in den Medien
– Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt
– Diskriminierung im Bildungswesen
– Diskriminierung bei der Wohnungssuche
3. Die Expertenkommission muss handlungsbasierte Strategien entwickeln, die dem Phänomen der wachsenden Islam- und Muslimfeindlichkeit/ des antimuslimischen Rassismus intersektional sowie im Zusammenspiel mit anderen Formen von Diskriminierung und Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit etwas entgegensetzen und als konkrete Empfehlungen für Bund und Länder dienen.
4. Die Expertenkommission soll einen umfassenden Bericht zu Fragen der Diskriminierung und zur Umsetzung der Gleichberechtigung von Muslim*innen in Deutschland mit konkreten Arbeitsaufträgen erarbeiten; dieser Bericht soll die Grundlage für die Bekämpfung von antimuslimischem Rassismus durch Bund, Länder und Zivilgesellschaft bilden.
Zu den Unterzeichnern des offenen Briefs gehören unter anderem die Bundestagsabgeordneten Claudia Roth (Grüne) und Christine Buchholz (Linke), sowie die Direktorin des Berliner Institutes für empirische Integrations- und Migrationsforschung (Humboldt-Universität) Naika Foroutan, Murat Gümüş (Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland e. V.) und Aiman A. Mazyek (Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland e.V.).
Der Claim-Allianz zufolge haben 26 Experten aus Wissenschaft, Politik und Praxis, sowie 37 zivilgesellschaftliche Organisationen den Brief an politisch Verantwortliche unterschrieben. (dpa, iQ)