Das Land Niedersachsen möchte ein Modellprojekt für die Imamausbildung entwickeln. Islamische Religionsgemeinschaften kritisieren die Vorgehensweise der Landesregierung. Die Imamausbildung sei Sache der Religionsgemeinschaften.
Das Land Niedersachsen plant ein Modellprojekt zur Imamausbildung an der Universität Osnabrück. „Das wäre der Beginn einer Imamausbildung in Deutschland“, sagte Kultur- und Wissenschaftsminister Björn Thümler (CDU) am vergangenen Mittwoch im Landtag in Hannover. Auf Anfrage von IslamiQ teilt die Landesregierung jedoch mit, dass es in Verantwortung insbesondere der größeren islamischen Religionsgemeinschaften bereits Ausbildungsangebote gibt.
Ziel des niedersächsischen Modellprojektes sei es, eine „zweite Phase“ zur weiteren Ausbildung zu entwickeln und den Imamen die Befähigung zur seelsorgerischen Arbeit in den Moscheegemeinden zu vermitteln. „Dabei ist sich die Landesregierung bewusst, dass „eine solche „zweite Phase“ nicht unmittelbar an einer Universität angeboten werden kann“, erklärt das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur auf Anfrage von IslamiQ.
Das Ministerium sei sich bewusst, dass die Ausbildung von Imamen den islamischen Religionsgemeinschaften obliege. Daher sei vorgesehen, einen staatlich unabhängigen Verein zu gründen, der Träger dieser zweiten Phase der Imamausbildung werden könnte. „Die nähere Ausgestaltung wird in den kommenden Monaten zu diskutieren sein“, so das Ministerium. Die Frage, welche Moscheen mit den im Modellprojekt ausgebildeten Imamen angesprochen werden sollen, lässt das Ministerium offen.
Trotz der Imamausbildungsangebote der Religionsgemeinschaften, die damit den größten Teil ihres Bedarfs abdecken, „erkennt die Landesregierung einen weiteren Bedarf, der sich in Teilen auf einzelne thematische Bereiche richtet“, so das federführende Wissenschaftsministerium. Die im Herbst vergangenen Jahres ausgelaufene Imamweiterbildung am Institut für Islamische Theologie wird dagegen laut Thümler nicht fortgesetzt. Das Angebot sei nicht mehr so stark nachgefragt gewesen, erklärte er.
„Diesen Vorstoß haben wir leider auch nur durch die Presse erfahren“, erklärt Emine Oğuz, Geschäftsführerin des DITIB-Landesverbands Niedersachsen & Bremen gegenüber IslamiQ. Gespräche mit der DITIB habe es nicht gegeben. „Unsere Anfragen blieben bis heute erfolglos. Der zuständige Minister Herr Thümler hat unsere Terminanfragen abgelehnt.“
Der DITIB-Landesverband zeigt sich offen für die Pläne einer Imamausbildung, „wenn diese transparent und auf Augenhöhe ausgearbeitet werden“. Dies setzt aber voraus, dass der geplante und eingeschlagene Weg nur unter der verfassungsrechtlich verankerten Verantwortung der zuständigen Religionsgemeinschaften laufen muss. Hierfür sollten das Vertrauen der Muslime und die langjährige Erfahrung wertgeschätzt und berücksichtigt werden, betont Oğuz.
„Die Ausbildung von Imamen liegt religionsverfassungsrechtlich in der Verantwortung der islamischen Religionsgemeinschaften. Unter diesem Aspekt befürworten wir grundsätzlich die Imamausbildung in Deutschland“, erklärt Schura-Vorsitzender Recep Bilgen gegenüber IslamiQ.
Niedersachsen habe bei der Einführung des islamischen Religionsunterrichts, der Einführung des Studiengangs für islamische Theologie oder auch bei der Imamweiterbildung eine führende Rolle gespielt. Bei der Etablierung einer Imamausbildung müsse darauf geachtet werden, dass die Bedürfnisse der Gemeinden im Vordergrund stehen und nicht, die der Politiker oder Institutionen. „Bisher hat es mit uns keine Gespräche über ein solches Vorhaben gegeben“, so Bilgen.
Der Leiter des IIT in Osnabrück reagiert zurückhaltend auf den Beschluss des niedersächsischen Landtages, die Weiterbildung von Imamen am Institut erneut zu finanzieren. Der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Donnerstag) sagte Bülent Uçar: „Die Imamweiterbildung war eher als Übergangslösung gedacht. Wir müssen nun den Bedarf klären und schauen, wie wir das umsetzen“.
Die Entscheidung, einen Verein für die grundsätzliche Ausbildung von Imamen in Niedersachsen zu gründen, begrüßte Uçar. „Ich rate, dieses Projekt behutsam und sensibel umzusetzen und, soweit es geht, alle mitzunehmen“. Für eine langfristige Imamausbildung müsse man die Adressaten, insbesondere die Muslime in Niedersachsen, bestmöglich einbeziehen. Außerdem brauche es eine gesicherte Finanzierung, forderte der Theologe.
Angehende Imame können in Deutschland zwar Theologie studieren, etwa am Institut für Islamische Theologie (ITT) an der Universität Osnabrück. Eine sich anschließende zweite Ausbildungsphase analog zur Ausbildung der Priester oder Pastoren in den beiden großen Kirchen gibt es jedoch bislang nicht. Dies müsste von den Religionsgemeinschaften selbst verantwortet werden. Islamische Religionsgemeinschaften wie DITIB, Islamrat und VIKZ tun das bereits. (KNA/iQ)