Die Bischofskonferenz ist besorgt „über populistische Ansichten und Einstellungen mitten in unserer Kirche“. Eine Arbeitshilfe mit vielen Praxisbeispielen soll Gemeinden beim kritischen Dialog unterstützen.
Es war eine doppelte Botschaft, die die Deutsche Bischofskonferenz bei der Vorstellung ihrer „Arbeitshilfe zum kirchlichen Umgang mit rechtspopulistischen Tendenzen“ verbreitete – unter dem Titel „Dem Populismus widerstehen“: Eine unmissverständliche Absage an populistische Denk- und Vorgehensweisen einerseits; Gesprächsbereitschaft und Ermutigung zum Dialog andererseits.
Der 74-seitige Text wendet sich besonders an Gemeinden und kirchliche Gruppen – aber nicht nur. Die Kirche trage „auch für jene, die mit rechtspopulistischen Tendenzen sympathisieren“, eine seelsorgliche Verantwortung, betonte der für Migrationsfragen zuständige Hamburger Erzbischof Stefan Heße die Veröffentlichung: „Es ist uns ein Anliegen, ein Gesprächsangebot für alle Gläubigen zu formulieren – unabhängig von ihrer politischen Auffassung“.
Die Ausarbeitung der Arbeitshilfe im Auftrag der Bischofskonferenz leistete eine Expertengruppe unter der Leitung des Berliner Theologen und Sozialethikers Andreas Lob-Hüdepohl. Immerhin drei Bischöfe stellten sie vor. „Was uns mit Sorge erfüllt, sind die beißende Schärfe, ja manches Mal der ungebrochene Hass und die Verletzungen, die der Populismus bei den Angegriffenen nach sich zieht“, heißt es im Text.
Er erwähnt keine bestimmte Partei oder Gruppierung; die Analyse ist grundsätzlicher. Es geht um einen Mentalitätswandel. Vor allem angesichts der Fluchtbewegungen ab 2015 konstatieren die Bischöfe, dass Rechtspopulisten diffuse Ängste und Verunsicherungen bündeln, um ein „recht heterogenes Publikum – bis weit in bürgerliche und kirchliche Milieus hinein“ anzusprechen.
Eine von vielen als rechtspopulistisch kritisierte aktuelle Resolution des Forums Deutscher Katholiken wollten die Bischöfe nicht kommentieren. Heße bestätigte aber die Einschätzung, dass es derartige Tendenzen auch innerhalb der Kirche gebe. Der Vorsitzende der Kommission Justitia et Pax, der Trierer Bischof Stephan Ackermann, sah dies auch bei der Infragestellung menschenrechtlicher Errungenschaften im kirchlichen Gemeinde- und Verbandsleben.
Die Bischöfe warnten zugleich vor einer populistischen Instrumentalisierung des Christentums, etwa „wenn solche Bewegungen sich als Verteidiger des Abendlandes inszenieren und wesentliche Aspekte des Christlichen Menschenbildes ausblenden“.
Die Arbeitshilfe will zunächst aufklären: etwa über den Begriff des Rechtspopulismus und sein einseitiges machtpolitisches Verständnis von Demokratie, über das christliche Verständnis des Volkes Gottes und über Strategien rechtspopulistischer Bewegungen. Dabei zeigt sich durchaus Verständnis für Verunsicherungen oder Verlustängste. Gerade auch gegenüber Menschen, „die rechtspopulistischen Einstellungen zuneigen“ sei Offenheit gefragt, betont das Dokument. Aber: Offenheit bedeute nicht, „alles anzuerkennen und gutzuheißen“. Bei „Hass und Abwertung“ sei die Gesprächsgrundlage entzogen.
Beim Verhältnis zur Religion wendet sich der Text gegen jede Form von Antisemitismus und Islamfeindlichkeit. Und beim Verständnis von Ehe und Familie konstatiert die Arbeitshilfe eine „tiefe Bruchlinie“ des Christentums gegenüber „einer Indienstnahme für eine nationale Bevölkerungspolitik“.
Ausführlich geht der Text auf „Geschlechtergerechtigkeit“ und Genderthemen ein. Er bezieht sich aber nicht auf die jüngst vom Vatikan bekräftigte Lehre, sondern verlangt stattdessen auch von der Kirche, sich für die gesellschaftliche Anerkennung von Menschen einzusetzen, „die den geltenden normativen Ordnungsmustern nicht entsprechen können“.
Abgerundet wird die Wegweisung von zwanzig Praxisbeispielen. Der Vorsitzende der Pastoralkommission, Osnabrücks Bischof Franz-Josef Bode, sieht hier die Verbindung von Seelsorge und Caritas, etwa wo es um die Willkommenskultur geht. Schließlich würden unter „Pastoralen Anregungen“ am Ende des Textes Haltungen skizziert, „die einen Umgang mit populistischen Tendenzen und eine Grenzziehung gegenüber gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit ermöglichen“, so Bode. (KNA/iQ)