Welche Erfahrungen haben Menschen mit Hasskommentare und wie sind ihre Einstellungen zu Hassreden im Internet? Eine aktuelle Studie liefert Antworten.
Wegen Hasskommentaren schweigen laut einer Studie viele Internetnutzer in politischen Debatten. Fast jeder Zweite von rund 7350 Befragten in Deutschland gab an, sich deshalb vermehrt aus Diskussionen im Netz zurückzuziehen. Das geht aus einer Analyse des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) im Auftrag der Kampagnenorganisation Campact hervor.
Die am Mittwoch in Berlin vorgestellte Studie ist die bisher größte Untersuchung zu den Erfahrungen deutscher InternetnutzerInnen mit Hate Speech im Internet und ihren Auswirkungen. Als „Hate Speech“ werden aggressive oder allgemein abwertende Aussagen gegenüber Personen, die bestimmten Gruppen zugeordnet werden, verstanden.
Auch wenn im Durchschnitt „nur“ 8 % der Befragten bereits persönlich von aggressiven und abwertenden Hasskommentaren im Netz betroffen waren, sind es bei Jugendlichen zwischen 18 und 24 Jahren schon 17 %. Und ganze 40% der Befragten haben Hate Speech im Internet bereits wahrgenommen. Das besonders Erschreckende ist jedoch, dass mehr als die Hälfte der Befragten (54 %) sich aufgrund(drohender) Hasskommentare seltener mit ihrer politischen Meinung in Diskussionen im Netz einbringt.Dies macht deutlich, wie massiv Hate Speech die freie Meinungsäußerung im Netz einschränkt und gefühlte Mehrheiten verschiebt.
Jeweils knapp drei Viertel der Befragten bestätigten die Aussagen „Mich besorgt, dass durch Aggressionen im Internet die Gewalt im Alltag zunimmt.“ (72 %) und „Aggressive und abwertende Kommentare im Netz haben in den letzten vier Jahren zugenommen.“ (76 %). Entsprechend sehen die Befragten mehrheitlich großen Handlungsbedarf: Nur 19 % meinen, die Polizei unternehme genug gegen den Hass im Internet, gerade einmal 13 % sind der Ansicht, die Landesregierungen machten genug und von der Bundesregierung denken das nur 12 %.
Besonders junge Erwachsene sind demnach schon auf Hassrede im Netz gestoßen oder selbst Opfer davon geworden. Die Autoren sehen aber auch einen Einfluss auf Menschen, die die abwertenden Kommentare lediglich lesen: Es gebe einen „Einschüchterungseffekt“. Hassrede werde zur Bedrohung für Meinungsvielfalt und Demokratie. Im Kampf dagegen fordert Campact unter anderem zentrale Ermittlungsstellen in den Bundesländern und einfachere Klagemöglichkeiten für Betroffene. (dpa, iQ)