Vor genau einem Jahr wurde Beate Zschäpe als Mitglied des NSU-Terrornetzwerks zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Aber auch ein Jahr später sind viele Fragen zum NSU noch unbeantwortet.
Ein Jahr nach dem Urteil im NSU Prozess fordern die Grünen weitere Aufklärung über rechtsradikale terroristische Strukturen in Deutschland. „Bis heute sind zahlreiche Fragen rund um die rechtsterroristische Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds, seiner Mitglieder und Unterstützer noch immer ungeklärt“, sagte Bundestags-Fraktionsvize Konstantin von Notz. Der Staat stehe in der Pflicht, dem aller Entschiedenheit weiter nachzugehen. Auch mit Blick auf den Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke.
Denn viele Fragen wurden durch den langjährigen Prozess nicht beantwortet: Warum mussten genau jene neun Männer und die deutsche Polizistin sterben? Gehörten doch noch mehr Leute zum NSU als Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe? Gab es nicht mindestens weitere Mitwisser oder Unterstützer irgendwo im Land? Woher hatten die Terroristen die Adressen von rund 10 000 potenziellen Anschlagszielen?
Gerade die vergangenen Wochen haben gezeigt, dass noch vieles im Dunkeln liegt: Nach Medienberichten stand der ermordete Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke ebenfalls auf dieser Liste – als Tatverdächtiger sitzt ein Rechtsextremist in Untersuchungshaft. Der Mord hat deshalb der Frage nach rechtsextremen Netzwerken in Deutschland eine neue, unheimliche Aktualität gegeben.
Kontinuitäten und Verbindungen des NSU zu „offenbar weiterhin bestehenden rechtsterroristischen Strukturen“ müssten entschlossen aufgedeckt werden, forderte von Notz. Auch was die Rolle von V-Leuten im NSU-Umfeld angeht, sieht er noch Klärungsbedarf. Der NSU-Prozess habe daran gekrankt, dass man sich auf die These eines „allein mordenden Terrors-Trios Zschäpe, Mundlos und Bönhardt“ konzentriert habe. Diese These sei aus heutiger Sicht fragwürdiger denn je.
Das Versprechen gegenüber den Familien der NSU-Opfer, den Fall vollständig aufzuklären, müsse nun eingelöst werden. Außerdem müsse der „weiterhin bestehenden, massiven Gefahr des Rechtsterrorismus“ entschieden begegnet werden, forderte von Notz. Der Staat sei in Verantwortung auch gegenüber den vielen Bürgern, die auf „Todeslisten“ von Rechtsextremen stünden.
Das Oberlandesgericht München hatte Zschäpe am 11. Juli 2018 als vermeintlich einziges noch lebendes Mitglied der Neonazi-Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ wegen zehnfachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. (dpa/iQ)