Eine muslimische Grundschülerin lehnte es ab ohne Badeanzug vor dem Schwimmunterricht zu duschen und zog vor Gericht. Nun hat sie Recht bekommen.
Eine muslimische Grundschülerin aus Sachsen-Anhalt darf vor dem Schwimmunterricht in ihrem Badeanzug duschen. Das geht aus einem Urteil des Verwaltungsgerichts Halle hervor, das am Mittwoch veröffentlicht wurde. Die Glaubensfreiheit umfasse auch das Tragen bestimmter Kleidung und stehe bereits Kindern zu, auch wenn diese bis zu ihrer Religionsmündigkeit zunächst von ihren Eltern vertreten würden. Dies gelte auch in diesem Fall, selbst wenn die Haus- und Badeordnung andere Regelungen treffe.
Die Schülerin hatte mit Verweis auf den Koran dargelegt, dass es nach ihrer Glaubensüberzeugung nicht erlaubt sei, sich vor anderen Personen, die nicht zur Familie gehören, nackt zu zeigen. Das Gericht in Halle erklärte, dass Artikel 4 des Grundgesetzes jedem Einzelnen das Recht gewährleiste, nach seiner Glaubensüberzeugung zu leben und seinen Glauben zu bekunden.
Zwar könnten sowohl die Glaubensfreiheit der Antragstellerin als auch das religiöse Erziehungsrecht der Eltern unter Umständen eingeschränkt werden. Die Befreiung von Unterrichtsveranstaltungen sei jedoch im Hinblick auf die Integrationsfunktion der Schule nur in Ausnahmefällen möglich. Das Duschen vor dem Unterricht sei nicht Bestandteil des Schwimmunterrichts. Zudem komme ihm „keine integrative Funktion“ zu und könne die religiösen Grundrechte der Schülerin nicht einschränken, erklärten die Richter.
Auch der Schwimmunterricht an Schulen war bereits Streitgegenstand – so zum Beispiel in der Schweiz. Ein türkischstämmiges Elternpaar aus Basel klagte gegen die Teilnahmepflicht für seine Töchter am Schwimmunterricht von Jungen und Mädchen und erklärte dies mit religiösen Gründen. Der Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg ließ jedoch keine Zweifel daran, dass muslimische Schülerinnen generell am gemeinsamen Schwimmunterricht teilnehmen müssen.
Auch in Deutschland ziehen immer wieder Eltern vor Gericht, die ihre Kinder vom Schwimmunterricht befreien lassen möchten. 2013 scheiterte eine Frankfurter Schülerin vor dem Bundesverwaltungsgericht. Auch hier stellten die Richter den staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag über die Glaubensfreiheit und verwiesen auf einen „Burkini“ als akzeptablen Kompromiss. (dpa, iQ)