Angela Merkel habe die Grenzen geöffnet, werfen ihr Kritiker vor. Dabei war die Grenze offen. Aber die Kanzlerin hat entschieden, dass das so bleiben sollte, vor vier Jahren. Ein ZDF-Dokudrama soll zeigen, wie die Entscheidung fiel.
Tausende Flüchtlinge sitzen schon seit Tagen im Ostbahnhof von Budapest fest, als sich viele von ihnen am 4. September 2015 zum Aufbruch entschließen. Ihr Ziel ist Deutschland, der Weg soll entlang der Autobahnen führen. Als Angela Merkel mit den Bildern aus Ungarn konfrontiert wird, muss sie schnell eine Entscheidung treffen.
Vier Jahre nach den historischen Ereignissen zeigt das ZDF am Mittwoch, 4. September 2019, 20.15 Uhr, das Dokudrama „Stunden der Entscheidung – Angela Merkel und die Flüchtlinge“. Bereits am Dienstag, 3. September 2019, 10.00 Uhr, steht der Film in der ZDFmediathek zur Verfügung. Das Dokudrama rekonstruiert den Tag, an dem Angela Merkel den Entschluss fasste, Tausende Flüchtlinge nach Deutschland einreisen zu lassen.
„Was in den darauffolgenden Stunden geschieht, zählt zu den historischen Wendepunkten nicht nur der Ära Merkel, sondern auch in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland“, sagt Prof. Peter Arens, Hauptredaktionsleiter Geschichte und Wissenschaft im ZDF.
Neben den politischen Hauptakteuren bezieht das Dokudrama die Perspektive der Flüchtlinge mit ein. Der Syrer Mohammad Zatareih, der auch als Interviewpartner zu Wort kommt, hatte den Aufbruch im Bahnhof von Budapest maßgeblich initiiert. Das parallele Geschehen um beide Hauptfiguren bietet den dramaturgischen Leitfaden der szenischen und dokumentarischen Darstellung. Originalaufnahmen und Interviews ergänzen die Szenen.
Viel Überraschendes über jene Stunden, über die schon so viel berichtet worden ist, enthüllt der Film nicht. Man wolle einladen, den Tag nachzuerleben, sagt Brauburger. Aus der Nähe fällt der Blick vor allem auf Merkel. Ihr Gegenspieler, Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban, ist ein Machtfaktor – aber was ihn treibt bleibt undeutlich. „Willst du, dass Orban die Flüchtlinge niederschlagen lässt?“, fragt Merkel ihren damaligen Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) in einem nachgestellten Telefonat.
Es gehe auch um die Frage: „Gab es damals doch Spielraum, sich anders zu entscheiden?“, sagt Brauburger. Deutlich formulierter Widerspruch an der Politik der Bundesregierung in jenen Tagen kommt nur vom früheren BND-Präsidenten Gerhard Schindler: „Die gesamte Verbrechensbekämpfung oder die gesamte Durchsetzung von Rechtsstaat produziert unschöne Bilder“, sagt er in einer Interviewsequenz. Die Regierung habe den Zustand in den Anfangstagen als Ausnahme bezeichnet. „Dass es dann doch keine Ausnahme geworden ist, geblieben ist, sondern lange, lange angehalten hat, das gehört für mich zu den unerklärbaren Phänomenen dieser Geschichte.“ (dpa, iQ)