Vor wenigen Wochen gewinnen Journalisten vor Gericht: Der Verfassungsschutz muss Fragen zum Hauptverdächtigen im Mordfall Lübcke und NSU beantworten.
Trotz gerichtlich erzwungener neuer Informationen über den Hauptverdächtigen im Mordfall Lübcke, bleiben nach Einschätzung der hessischen Linksfraktion viele Fragen offen. Laut „Welt am Sonntag“ taucht der Name von Stephan E. elfmal in einem Geheimbericht des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) auf. Es gehe unter anderem um die Neonazi-Szene in Nordhessen und ihren Bezug zum NSU. „Es ist vor allem unklar, welcher Zeitraum von den Namensnennungen betroffen ist“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Linken im Hessischen Landtag, Hermann Schaus.
Das Verwaltungsgericht hatte im August entschieden, dass das LfV Journalisten Auskunft zu Berichten über den „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) geben muss. Die Kammer verpflichtete das Amt mittels einstweiliger Anordnung, einen Teil der Fragen zu beantworten. Die geheimen Berichte umfassen den Zeitraum 1992 bis 2012. Eine bloße Nennung der Zahl der Namensnennungen gefährde nicht die Arbeitsweise des Landesamtes, so das Gericht.
Das LfV bestätigte am Montag, dass der Name von Stephan E. elfmal genannt wird. Die beiden angesprochenen Berichte stellten eine rückblickende Aktenprüfung von Dokumenten aus dem Zeitraum vom 1. Januar 1992 bis zum 30. Juni 2012 dar. Der rund zwei Wochen nach der Ermordung Lübckes festgenommene Stephan E. hatte zunächst ein Geständnis abgelegt, dieses später aber widerrufen.
„Ich finde elfmal viel“, sagte Schaus. Stephan E. könne zum „engeren NSU-Unterstützerkreis gezählt werden“. Für mehr Transparenz müsse der allgemeine Teil des rund 250 Seiten starken Geheimberichtes der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, sagte Schaus. Er forderte zusätzlich, dass der Innenausschuss des Landtags in weitere bislang geheime LfV-Dokumente Einsicht nehmen darf, bei denen es unter anderem um Stephan E. geht. Ein bestimmtes geheimes Protokoll des NSU-Untersuchungsausschusses des Landtags sollte öffentlich zugänglich gemacht werden. Auch die SPD-Innenexpertin Nancy Faeser forderte, Innenminister Peter Beuth (CDU) müsse nun volle Transparenz herstellen.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Holger Bellino, erklärte, dass der Name des Hauptverdächtigen elfmal benannt wurde, sei bei einem umfangreichen Bericht nicht überraschend und müsste Faeser und Schaus bereits bekannt gewesen sein. Schließlich habe der Bericht dem NSU-Ausschuss jahrelang zur Einsichtnahme vorgelegen. (dpa/iQ)