In Frankreichs neuerlichen Kopftuch-Debatte hat nun auch Staatspräsident Emmanuel Macron eingegriffen. Er äußerte sich in der Pressekonferenz in Toulouse.
Bei der Pressekonferenz zum französisch-deutschen Gipfel in Toulouse erteilte Macron sowohl einer Radikalisierung der Gesellschaft als auch einer Diskriminierung muslimischer Mitbürger eine Absage. Die Republik müsse ungeteilt zusammenstehen, zitiert ihn die Zeitung „La Croix“ (Donnerstag).
Der Politologe und Leiter der politischen Denkfabrik Cap (Conseils, analyses et perspectives), Stephane Rozes, warf Macron eine „fatale Unentschiedenheit“ vor. Bloße laizistische Absichtserklärungen und eine Abwälzung der Verantwortung auf Volksbildungsmaßnahmen hülfen nicht weiter.
Anlass der neuerlichen hitzigen Debatte ist ein jüngster Vorfall in einer Feuerwehreinheit in Creil nördlich von Paris. Ein Feuerwehrmann hatte dort den Besuch einer Schulklasse abgebrochen, weil eine begleitende Schülermutter ihr Kopftuch nicht ablegen wollte.
90 Akademiker, Künstler, Filmregisseure, Schauspieler und Journalisten haben in einem offenen Brief Präsident Emmanuel Macron aufgefordert, den verbalen Angriff des Abgeordneten der rechtsextremen Partei Rassemblement National, Julien Odoul, auf die muslimische Frau zu verurteilen.
In dem Brief heißt es, es sei nicht hinnehmbar, dass Menschen wegen ihrer religiösen Zugehörigkeit beleidigt, angegriffen und Rassismus ausgesetzt würden. Macron solle sich dazu äußern, dass muslimische Frauen mit oder ohne Kopftuch einen Platz in der Gesellschaft haben und dass Muslime nicht diskriminiert werden sollten.
Im Regionalparlament Burgund hatte der Abgeordnete Odoul, eine Mutter, die eine Schulklasse begleitete, aufgefordert, ihr Kopftuch abzulegen. Der Abgeordnete Aurelien Tache von der Regierungspartei La Republique en Marche (LREM) zeigte sich empört; dies sei eine „Demütigung“ der Mutter durch einen gewählten Abgeordneten.
Bildungsminister Jean-Michel Blanquer sagte dazu laut Medienberichten, das Tragen eines Kopftuchs sei „in unserer Gesellschaft nicht erwünscht“. Laut Gesetz sei es in der Öffentlichkeit zwar erlaubt, so Blanquer, und damit auch bei Schulausflügen; „wir wollen das Phänomen aber nicht fördern“.
Ob muslimische Mütter als Begleiterinnen bei einem Schulausflug ein Kopftuch tragen dürfen, wird bereits länger diskutiert. Im Dezember 2013 entschied das oberste französische Verwaltungsgericht, dass das verpflichtende Kopftuchverbot nur für Lehrer und Schüler gelte. Bei Eltern, die einen Ausflug oder eine Klassenfahrt begleiteten, müsse von Fall zu Fall entschieden werden. Nur wenn das Kopftuch die öffentliche Ordnung oder die Funktion des öffentlichen Dienstes behindere, könne verlangt werden, dass es abgelegt werde.
Der neue Präsident der Republikaner in Frankreich, Christian Jacob, kündigte für Ende Oktober einen Gesetzesvorschlag an, der religiöse Neutralität von Begleitern bei Schulausflügen vorschreiben soll. Zu Wochenbeginn wurde zudem eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ifop zum Thema veröffentlicht. Zwei von drei Franzosen seien für ein Verbot sichtbarer religiöser Zeichen bei Begleitern von Schulausflügen. (KNA/iQ)