Fünf Jahre nach der Gründung der islamfeindlichen Pegida-Bewegung ist die Zahl ihrer Anhänger stark geschrumpft. Das machte sich am fünften Jahrestag der Bewegung bemerkbar.
Mehrere Tausend Menschen haben am Sonntag in Dresden gegen die islam– und ausländerfeindliche Pegida-Bewegung demonstriert. Anlass war der Jahrestag der selbst ernannten „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida), die am 20. Oktober 2014 ihre erste Versammlung in Dresden abgehalten hatten. Die Veranstalter der Proteste gingen von mehr als 5000 Teilnehmern aus. Zu der Kundgebung hatte das Bündnis „Herz statt Hetze“ aufgerufen. Auch Demonstranten aus Chemnitz und Leipzig waren nach Dresden gekommen.
Bei der Kundgebung von Pegida auf dem Neumarkt vor der Frauenkirche versammelten sich dagegen schätzungsweise 3000 Anhänger. Die Polizei gab keine Teilnehmerzahlen bekannt. Als Redner waren unter anderen der Sprecher der rechtsextremen Identitären Bewegung aus Österreich, Martin Sellner, und der Dresdner AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier angekündigt. Auch Pegida-Chef Lutz Bachmann ergriff das Wort. Die Menge reagierte mit bekannten Sprechchören wie „Merkel muss weg“ oder „Lügenpresse“. Bis zum späten Nachmittag blieb nach Angaben der Polizeidirektion Dresden alles ruhig.
Es sei wichtig, dass Dresden an einem solchen Tag Gesicht zeige – in einer Zeit, in der Tendenzen zu einer Enthemmung in der Gesellschaft zunähmen, sagte Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) der Deutschen Presse-Agentur. Manche Menschen würden heute Grundwerte der Verfassung in Frage stellen. Es sei aber gut, dass es inzwischen ein breiteres gesellschaftliches Engagement als noch vor fünf Jahren gebe, sich für diese Werte einzusetzen. Dresden wolle mit seiner Bewerbung als Kulturhauptstadt 2025 bewusst ein Zeichen setzen und beispielgebend wirken.
Pegida hatte sich im Herbst 2014 als kleine Gruppe von Personen gegründet und war jeden Montag auf die Straße gegangen. Die Bewegung gewann rasch Zulauf und fand Nachahmer in anderen deutschen Städten. Mitte Januar 2015 erreichte sie mit rund 25 000 Teilnehmern in Dresden ihren Höhepunkt. Kurz darauf folgte die Spaltung. Ausländerfeindliche Aussagen Bachmanns schreckten gemäßigte Pegida-Leute ab, doch die übergroße Mehrheit blieb ihm aber treu.
Nach der Spaltung radikalisierte sich Pegida zunehmend. An frühere Teilnehmerzahlen kam man aber nie wieder heran. Nur zu den Jahrestagen im Oktober konnte Bachmann noch eine größere Zahl von Anhängern mobilisieren. Auf der anderen Seite blieben aber auch Gegenproteste der Dresdner Bevölkerung überschaubar und gleichfalls auf die Pegida-Jubiläen beschränkt. „Leider ist in den letzten Jahren die Bereitschaft der Dresdner stark gesunken, gegen die Rassisten auf die Straße zu gehen“, sagte Max Platz, der mit der Organisation „Hope – fight racism“ gegen jeden Auftritt von Pegida protestiert.
„Inzwischen ist die AfD das Sprachrohr des Protestes und zu einer Sammlungsbewegung für Menschen nationalkonservativer, rechter oder rechtsextremer Einstellungen geworden. Insofern ist die aktuelle Bedeutung von Pegida dramatisch gesunken„, sagte der Dresdner Politikwissenschaftler Hans Vorländer mit Blick auf den Jahrestag. Er sieht in Pegida eine Art „Stammtisch auf der Straße“ und ein Ritual, das sich verselbstständigt hat. Pegida habe „eine Verrohung der Diskurse auf der Straße und in der Politik bewirkt“ und sei „ein Durchlauferhitzer für rechtspopulistisches bis rechtsextremes Gedankengut.“ (dpa, iQ)