Anfang Oktober sägten Unbekannte den Gedenkbaum für das NSU-Opfer Enver Şimşek ab. Nun will die Stadt neue Bäume pflanzen.
Von Montag bis Mittwoch werden in Zwickau Gedenkbäume für Mordopfer des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) gepflanzt. Jeder der zehn Bäume solle an ein Opfer der Terrorzelle erinnern, sagte ein Sprecher der Stadtverwaltung. Zunächst hatte der MDR über den Beginn der Vorbereitungen berichtet. Am Sonntag ist die Einweihung des Gedenkorts geplant. Dort sollen auch Gedenktafeln angebracht werden, auf denen die Namen der Mordopfer stehen.
Die Stadt Zwickau reagiert mit der Aktion auf die Zerstörung des Gedenkbaums zur Erinnerung an das erste NSU-Opfer Enver Şimşek. Die Eiche war Anfang September gepflanzt und Anfang Oktober abgesägt worden. Auch eine Holzbank, die an den Blumenhändler erinnern sollte, wurde zerstört. Es wurden auch weıtere Gedenkorte für die Opfer der rechtsextremen Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) beschädigt. Nach Recherchen der „Welt am Sonntag“ hat die Polizei in den vergangenen Jahren in fünf der acht Städte mit solchen Mahnmalen für NSU-Opfer Angriffe registriert – zum Teil mehrfach.
Der NSU hatte jahrelang unerkannt in Zwickau im Untergrund gelebt. Zschäpe lebten fast 14 Jahre lang mit ihren Freunden Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt im Untergrund. In dieser Zeit ermordeten die beiden Männer neun Gewerbetreibende türkischer oder griechischer Herkunft und eine deutsche Polizistin, zudem verübten sie zwei Bombenanschläge in Köln mit Dutzenden Verletzten. Zwar gibt es keinen Beweis, dass Zschäpe an einem der Tatorte war. Die Anklage hatte Zschäpe allerdings eine maßgebliche Rolle bei der Tarnung des Trios zugeschrieben und argumentiert, Zschäpe habe „alles gewusst, alles mitgetragen und auf ihre eigene Art mitgesteuert und mit bewirkt“.
Das Auffliegen des NSU im November 2011 hatte ein politisches Beben in Deutschland ausgelöst – weil eine rechtsextreme Terrorzelle jahrelang unbehelligt von den Behörden im Untergrund leben und mordend durch die Republik ziehen konnte. Jahrelang hatten die Ermittler zuvor falsche Fährten verfolgt und den rechtsextremen Hintergrund der Taten verkannt. Stattdessen wurden engste Familienangehörige als Verdächtige behandelt und drangsaliert. In der Folge wurden Untersuchungsausschüsse des Bundestages und mehrerer Landtage eingesetzt, um teils eklatante Behördenfehler aufzuklären.