Muslimische Akademiker

Das Böse als Gottesbeweis bei Mâturîdî

Akademiker widmen sich den wichtigen Fragen unserer Zeit. IslamiQ möchte zeigen, womit sich muslimische Akademiker aktuell beschäftigen. Heute mit Hureyre Kam über die Theodizee-Frage bei Mâturîdî.

02
11
2019
Hureyre Kam zur Theodizee
Hureyre Kam zur Theodizee

IslamiQ: Können Sie uns kurz etwas zu Ihrer Person und ihrem akademischen Werdegang sagen?

Dr. Hureyre Kam: Ich bin 1981 in der türkischen Ägäis geboren. Als ich schulreif war, sind wir nach Berlin gezogen. Als ein Kreuzberger Junge habe ich dort meine Schullaufbahn abgeschlossen. Meinen Magister habe ich an der Freien und der Technischen Universität Berlin in den Fächern Islamwissenschaft und Philosophie erworben. 2017 bin ich mit meiner Dissertation „Das Böse als ein Gottesbeweis. Die Theodizee al-Māturīdīs im Lichte seiner Epistemologie, Kosmologie und Ontologie“ an der Goethe Universität Frankfurt promoviert. Im Anschluss hatte ich die Möglichkeit, in Frankfurt und auch in der Schweiz am dortigen Zentrum für Islam und Gesellschaft (SZIG) an der Universität Fribourg als Post-Doc zu lehren und zu forschen. Gegenwärtig bin ich Vertretungsprofessor an der Akademie der Weltreligionen der Universität Hamburg.

IslamiQ: Können Sie uns Ihre Dissertation kurz vorstellen?

Kam: Das Thema meiner Arbeit ist „Theodizee“. Das ist die Frage, wie wir das Üble, Böse, Schlechte in der Welt angesichts eines absoluten und guten Gottes zu erklären haben. Ich diskutiere das Problem anhand eines zentralen Textes von Mâturîdî, einem bedeutenden islamischen Theologen aus der Frühzeit (4./10. Jh.). Er lebte und wirkte in Samarkand und gehört zu einem der zentralen Figuren des sunnitischen Islams während der formativen Periode. Die theologische Schule der sog. „Mâturîdîya“ fußt auf seiner Autorität, obschon diese Schule erst einige Generationen nach ihm in Erscheinung trat. Der Großteil der Muslime in der Türkei beispielsweise identifizieren sich mit dieser Schule.

IslamiQ: Warum haben Sie dieses Thema ausgewählt? Gibt es ein bestimmtes Schlüsselerlebnis?

Kam: Das ich in der Türkei geboren bin, war nicht Grund, warum ich Mâturîdî für meine Forschung gewählt habe. Es war der Umstand, dass er in seinem Ansatz zur Theodizeeproblematik einzigartig innerhalb der islamischen Theologie ist. Seine Position, dass das Böse in der Welt als ein Beweis für die Existenz eines weisen und gerechten Gottes anzusehen ist, hat mich auf Anhieb fasziniert. Ich habe das als einen „game changer“ empfunden und wollte dringend wissen, wie das denn eigentlich zu verstehen ist – ob das in sich kohärent und warum das eigentlich nicht bekannt geworden ist. Zumal Mâturîdî ja auch keine Randerscheinung innerhalb des sunnitischen Islams war.

IslamiQ: Haben Sie positive/negative Erfahrungen während Ihrer Doktorarbeit gemacht? Was treibt Sie voran?

Kam: Natürlich, viele positive und negative Erfahrungen, woran ich sehr gewachsen bin. Was mich vorantreibt? Ich habe eine große Abneigung gegen Langeweile und lerne am liebsten jeden Tag etwas Neues. Ich versuche dann eine eigene Perspektive zu den Dingen zu entwickeln und frage mich immer, was wohl dabei herauskommt, wenn ich mit einem ganz anderen, manchmal abstrus scheinenden Ansatz an die Sachen, die mich faszinieren, herangehe. Auch wenn am Ende nichts dabei rauskommen sollte, hat mir der Versuch dann Spaß gemacht.

IslamiQ: Inwieweit wird Ihre Doktorarbeit der muslimischen Gemeinschaft in Deutschland nützlich sein?

Kam: Das kann ich nicht wissen. Vielleicht gar nicht und vielleicht mehr als ich erhofft habe. Bleiben wir realistisch: Niemand, der nicht gerade an einer Forschung sitzt oder ein genuines Interesse an einem bestimmten Thema hat, steht morgens auf und denkt sich „Welche Doktorarbeit will ich heute lesen?“. Ich bin froh, wenn sich meine Arbeit für die künftige Forschung als nützlich erweisen sollte.

Das Interview führte Kübra Zorlu.

Leserkommentare

charley sagt:
@all-are-equal: Ich lese aus ihrem Text Verbitterung und Hohn heraus. Eigentlich übergehe ich so etwas. Aber nun: Bitte beantworten Sie die von mir aufgeworfene Frage in meinem Posting 28.12.19 17:50 . Ich stell´s hier nochmal hinein. "Und wenn Sie es also meinen wörtlich nehmen zu dürfen, dann unterschlagen sie nicht die direkt folgenden Worte (Markus 49f): "Denn jeder wird mit Feuer gesalzen werden. Das Salz ist gut; wenn aber das Salz nicht mehr salzt, womit wird man's würzen? Habt Salz bei euch und habt Frieden untereinander!" verehrte Frau Fabel, wenn Sie denn alles wörtlich nehmen wollen, dann erklären Sie doch mal, wie man "mit Feuer salzt", oder wie Salz "unsalzig" werden kann.. und an andere Stelle sagt er dann: "Ihr seid das Salz der Erde"." Und ansonsten wundert mich das Zitat von Heinrich Heine überhaupt nicht. Offensichtlich identifiziert er "christlich" mit "katholisch". Dann ist entsprechend das Ergebnis voraussehbar. - Sorry, aber was hat das miteinander zu tun. - Ich bin sehr überzeugt von der Wahrheit der Evangelien, aber war noch nie katholisch (in diesem und in keinem früheren Leben) und würde es auch nie sein wollen und betrachte die katholische Kirche schon eher als eine Peinlichkeit des Abendlandes. Also, worüber regen Sie sich nun wirklich auf? Vielleicht kommen Sie erst mal zur Ruhe in Ihrer Gehässigkeit und Hohn (aus "Verletztheit und Gekränktsein"?), bevor Sie den Anspruch stellen, Ernst genommen zu werden. ".... entschlossenen Selbsthass zur Buße nahegelegt, um der ewigen Verdammnis zu entgehen"... einfach nur schrill und ignorant und unsachlich gegenüber denjenigen Gedanken, die hier im thread zuvor geäußert wurden.
04.01.20
15:03
Charley sagt:
@Johannes Disch: Der freie Mensch unterwirft sich nur der eigenen Erkenntnis, aber das ist keine "Unterwerfung", sondern "Selbstanerkenntnis" im höchsten Sinne... dazu führte ich oben aus im Hinblick auf die Logoslehre. Nun gibt es von allem eine Wahrheit, aber was ist die Wahrheit des Erkennenden selbst? Das ist nämlich den geistigen Mächten selbst verborgen. Da schauen die gewissermaßen neugierig darauf hin, wohin sich der (tatsächlich auch immer einzelne) Mensch sich also (selbst) entwickelt. Das ist in keiner Weise vorgegeben, denn die Liebe ist ein vollkommener, unbedingter Akt der Freiheit. Und genau hier sehe ich die Grenze des Islam. Soweit ich verstanden hat, kennt der Islam nicht den Gedanken, dass mit der (selbst-)Verwirklichung des Menschen aus Freiheit etwas völlig Neues (und auch Verjüngendes) in den Kosmos hinein kommt. Dass also die Selbstschöpfung des Menschen in Freiheit (und Liebe) die Kluft zwischen "alter Schöpfung" und Anklage darüber (welches sich offenbart in den sog. "bösen Mächten") geschlossen werden muss vom Menschen. Dass der Mensch also eine schöpferische Aufgabe im Kosmos hat und nicht nur einfach "back to the roots" aus einem Irrtum (Rausschmiss aus dem Paradies) zu bringen hat. - Der Mensch ist sozusagen ein Experiment der Schöpfung: Das finden Sie z.B. in den indischen oder auch jüdischen Mythen, wo erzählt wird von etlichen Weltenschöpfungen und -vernichtungen, die unserer voraus gingen. Das ist so (im Bild) als ob x-mal die Strickleiter aus dem Himmel herausgehängt und wieder eingezogen wurde. - Nun aber ist die Strickleiter oben abgeschnitten worden (wir haben keinen Zwang, eine sprituelle Welt anzuerkennen)... und die spirituelle Welt schaut interessiert, ob die Strickleiter von sich aus den Weg hinauf schafft. Dann wäre es aber keine "von oben ab-häng-ige" Strickleiter mehr, sondern etwas Eigentständiges. - Ein wunderbares Bild davon ist die Geschichte vom verlorenen Sohn, der eben etwas ganz Neues "heim" bringt. Das ist eben unendlich wertvoll für die spirituelle Welt. So lange ich mich etwas anderem "unterwerfe" als das, was ich selbst bin, ist es doch letztlich eine "Unter-" und (Weg-)"Werfung". Wenn ich mich aber nur "mir selbst in meiner Wahrheit" unterwerfe, verlieft das Wort eigentlich seinen Sinn. Da sehe ich also ein Problem im Islam. Sinniger Weise mündet diese Entwicklung auch nicht im "Anfangszustand Paradies", sondern in einer "neuen Welt", z.B. "himmlisches Jerusalem" genannt.
04.01.20
15:38
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel (und andere Leser) -- Grundsätzliches-- und warum man mit Suren-Zitieren nicht weiterkommt!!! Liebe Frau Fabel, keine Ahnung, wie viele Muslime Sie kennen. Ich kenne eine Menge, privat wie beruflich. Und keiner von ihnen hat mir je den "Heiligen Krieg" erklärt und keiner mich als "Kuffar" ("Ungläubigen") bezeichnet. Im Gegenteil: Mit den meisten Muslimen, die bei uns leben, lässt sich prima auskommen. Die meisten Muslime, die bei uns leben, wollen dasselbe, wie wir "Biodeutschen" auch: Einen Job, von dem sie gut leben können und eine gute Ausbildung für ihre Kinder. Und so leben diese Muslime auch bei uns: Als arbeitsame und gesetzestreue Bürger/innen. Und was müssen diese Menschen erleben?? Man nimmt sie seit Jahren in Geiselhaft für einige Spinner! Terroristen/Islamisten, die sich Muslime nennen. Meine Güte, Koranverse beweisen nichts! Entscheidend sind die Menschen, die diese Verse mit Leben füllen. Und wie füllen die 5 Muslime, die bei uns leben den Koran mit Leben?? FRIEDLICH!!! Nicht "Der Islam" und "Die Muslime" sind eine Gefahr--- ein politisch-fundamentalistischer Islam und fanatische Muslime sind eine Gefahr. Aber diese sind eine Minderheit. Und die meisten der Muslime, die bei uns leben, haben mit diesen Spinnern nix am Hut! Also hören wir doch auf, mit irgendwelchen Suren die angebliche Gefährlichkeit des Islam an die Wand zu malen. 5 Millionen Muslime; die seit Jahrzehnten bei uns friedlich in Deutschland leben, beweisen, dass der Islam und Muslime keine Gefahr sind für Deutschland.
05.01.20
0:54
Johannes Disch sagt:
Um meine letzten Beiträge zusammenzufassen: Es wird Muslimen und ihrer Religion nicht gerecht, irgendwelche Suren aus dem Zusammenhang zu reißen, um damit die angebliche Gefährlichkeit des Islam zu beweisen. Es sind Menschen, die entscheiden, wie sie ihren Glauben verstehen und leben. Und Millionen Muslime in aller Welt-- und die ca. 5 Millonen Muslime, die bei uns in Deutschland leben-- beweisen, dass man den Islam problemlos friedlich und im Einklang mit der Demokratie leben kann.
05.01.20
10:51
Charley sagt:
@Ute Fabel: Sie haben also ein echtes Problem. Sie fühlen sich ständig von irgendwelchen Bibel- (oder Koran-)zitaten verfolgt und geängstigt. Aber ich schrieb schon: Der einzige vor dem Sie Angst haben müssen, sind Sie selbst und da in erster Linie vor Ihren selbst aufgesetzten Vorurteilsbrillen. Nicht nur im Hinblick auf die Tatsache, dass Sie offensichtlich ihre moralische Selbstbestimmung als konsequenzenlos und unwirklich ansehen (dazu schrieb ich - von Ihnen ignoriert - oben schon), sondern nun muss ich noch ergänzen: Angst haben sollten Sie vor sich selbst, weil Sie es schaffen, vor lauter aufgestauter Wut und Zorn über "Ihnen unverständliche Dinge, weil sie Gedankenbildung dazu ablehnen" eben auch nur den Hauch eines Verständnisses der von Ihnen zitierten Evangelien ablehnen. Anstatt dass sie sich hier nicht entblöden, Ihre seelischen Probleme auszubreiten, tragen Sie lieber mal etwas zur aufgeworfenen Frage bei, die diesem Thread zugrunde liegt, nämlich "der Ursprung des Bösen und seine Überwindung". Und bitte reden Sie nicht von klarem Denken, denn solches haben Sie schon oben bei der Logosfrage/Evidenz usw.... verpasst. @all-are-equal: Der sehr verehrte Heine hatte ein Problem mit der katholischen Kirche, dass sich in obigem Zitat voll und ganz unterschreiben kann! Dass er deshalb ein Problem mit dem Christentum, wie es oben von mir umrissen wurde, hatte ist zu bezweifeln. Ich bewundere an ihm sehr wohl eine Authentizität und Gradlinigkeit (und da fängt das Christentum schon an!). Insofern schießen Sie hier auf der falschen Ebene. - Es erscheint etwas dümmlich, wenn Sie auf mein Posting zum obigen Bibelzitat nicht eingehen, sondern es einfach nochmal bringen. Und damit zu Ihrem Gleichheitsfanatismus: Natürlich sind alle Menschen gleich... vor dem Gesetz, ... in den Menschenrechten ... in der Meinungsfreiheit usw.... natürlich! - Dennoch ist die Meinung eines 3jährigen über die Schwerkraft nicht gleichwertig der eines Physikprofessors! Der hat sein Urteil nämlich erheblich weiter überprüft als der 3jährige. Und in dieser Arbeit (!) unterscheiden sich ihre Urteile. Darum gibt es im Geistigen tatsächlich Hierachie, sachbegründet. Insofern... arbeiten Sie einfach mal, d.h. hier: DENKEN. Dass dazu kein Gelehrtentum, sondern unvoreingenommenes Denken nötig ist, wurde hier schon oben dargelegt. Insofern greift ihre Hochmutspolemik hier nicht.
05.01.20
13:49
Johannes Disch sagt:
@Charley (04.01.2020, 15:38) - Unterwerfung als "Selbstanerkenntnis" (Charley) Das ist klasse formuliert! Mit "Nicht mein Wille, sondern dein Wille geschehe" (NT) unterwirft sich der Mensch nicht blind irgend einer höheren Instanz, sondern sieht ein, dass es etwas gibt, das größer ist als er. Man kann das "Gott" nennen oder eine ganzheitliche Ordnung ("Kosmos" bedeutet übersetzt "Ordnung, wenn ich richtig liege?) oder wie auch immer. So jedenfalls verstehe ich diesen bekannten Bibel-Vers. Auf andere Punkte in ihrem interessanten Beitrag komme ich noch zurück, wenn ich etwas mehr Zeit habe,
05.01.20
15:41
Ute Fabel sagt:
@ Johannes Disch: „Keine Ahnung, wie viele Muslime Sie kennen.Ich kenne eine Menge, privat wie beruflich.“ Ich kenne sehr viele sympathische Muslime und auch nette FPÖ-Wähler, darunter einen Filialleiter eines Supermarkts, der sowohl von den Kunden als auch seinen Angestellten aufgrund seiner höchst zuvorkommenden Art sehr geschätzt wird. Seine Freundlichkeit im zwischenmenschlichen Umgang wird durch seine Begeisterung für den Rechtspopulismus überhaupt nicht getrübt, den ich aber trotzdem schädlich und gefährlich halte. Die Behauptung, der Koran rege dazu an, sich selbst eine eigene Meinung zu bilden, ist schlichtweg unwahr. Die Bibel tut es im Übrigen auch nicht. Statt sich auf die Suche nach netten Anhängern einer Religion oder Weltanschauung zu machen, sollte man lieber mit klaren Blick analysieren, ob die Glaubenslehren nett sind.
05.01.20
18:38
Ute Fabel sagt:
@Charley: Die Bibel gehört zu den am meisten überschätzten belletristischen Werken der Weltliteratur. Hätten die römischen Kaiser im 4. und 5. Jahrhundert das Christentum ihren Untertanen nicht gewaltsam aufgezwungen, würde sich heute wohl kaum mehr jemand mit diesen abergläubischen Ergüssen unbekannter Autoren beschäftigen. Den Epen von Homer und die Metamorphosen des Ovid enthalten weit interessantere Mythen. In Markus 9 wird zunächst berichtet, wie Jesus wundersam mit überirdischem Licht zu strahlen beginnt und dabei von alttestamentarischen Propheten flankiert wird. Woher der Autor von diesem esoterischen Ego-Trip Jesu weiß, der seinen Text vierzig Jahre nach dem vermeintlichen Ereignis verfasst hat, erfahren wir nicht. Dann versucht sich Jesus als Exorzist, um einen Geisteskranken von seinen Dämonen zu befreien, von denen er angeblich besessen war. Schließlich lässt Jesus seinen sadistischen Fantasien freien Lauf: „Wer einen von diesen Kleinen, die an mich glauben, zum Bösen verführt, für den wäre es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer geworfen würde.“ „Alle mit Feuer salzen“ zum Abschluss klingt nach Vorhölle, und nicht nach Barmherzigkeit und Erlösung.
06.01.20
7:34
Johannes Disch sagt:
-- "Die einwohnende Herrlichkeit umfasst alle Welten, alle Kreaturen, Gute und Böse. Und sie ist die wahre Einheit. Wie kann sie denn die Gegensätze des Guten und des Bösen in sich tragen? Aber in Wahrheit ist da kein Gegensatz, denn das Böse ist der Thronsitz des Guten"-- Baal Shem Tov, Begründer des Chassidismus, der mystischen Bewegung des Judentums. Das Interessante an diesem Zitat ist, dass Tov keinen Gegensatz zwischen Gut und Böse sieht. Und tatsächlich ist das Böse-- im Christentum symbolisiert durch den Teufel-- in Wahrheit ein gefallener Engel. Und eine ähnliche Bedeutung hat der Teufel auch in gewissen islamischen Interpretationen. Hier heißt Satan "Iblis." Tov spricht noch ein anderes grundlegendes Thema an, nämlich das der Polarität, der Gegensätze. Wir Menschen können die Dinge nur in Gegensätzen wahrnehmen und in Gegensätzen denken: Nacht-Tag/Hell-Dunkel, etc.---- und eben Gut und Böse. Wir wollen den einen Pol immer weghaben-- hier: Das Böse--- und vergessen, dass das gar nicht möglich ist, da jeder Pol seinen Gegenpol bedingt und ohne diesen gar nicht existieren könnte. In der Analytischen Psychologie von C.G. Jung wird das "Böse" als "Schatten" bezeichnet. Schattenanteile, die in uns sind und die wir nicht sehen wollen. Statt mit uns selbst zu ringen bekämpfen wir ständig etwas in der Außenwelt. Wir Menschen können die Dinge nur in ihrer Verschiedenheit, in ihrer Polarität wahrnehmen. Was ist das Gegenteil von Polarität, von Zweiheit? Genau: Einheit. Diese können wir aber nicht wahrnehmen, jedenfalls nicht in unserer irdischen Existenz. Und dieser Einheit kann man verschiedene Namen geben: Kosmos, Nirvana--- oder eben Gott (Allah). So betrachtet kommt man weg von einem naiv-wörtlichen Verständnis der Religion. Gott ist eine Chiffre für etwas, das sich unserer Vorstellungskraft entzieht. Und man kommt auch weg von einer naiven Kritik, die Religion und Gott immer als strafend oder als bevormundend interpretiert. Wir sollten bei der Beschäftigung mit Religion vielleicht wieder lernen, in Mythen und in Gleichnissen zu denken, statt alles wörtlich zu nehmen.
06.01.20
17:44
Ute Fabel sagt:
@Johannes Disch: Schon der Schöpfungsmythus der abrahamitischen Religionen transportiert das völlig falsche Ideal des blinden Befehlsgehorsams. Adam und Eva und Eva waren Helden und keine Sünder. Das Naschen vom Baum der Erkenntnis hat die Menschheit weitergebracht und nicht die Unterwerfung unter den Willen Gottes, der in Wahrheit nur Platzhalter jener Priesterkaste ist, die ihn sich ausgedacht hat.
07.01.20
22:27
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