Nach dem Skandal über den abgesägten Gedenkbaum für Enver Şimşek wird in Zwickau ein neuer Gedenkort für NSU-Opfer errichtet.
Zehn Bäume statt einem: Der um den Anfang Oktober abgesägten Gedenkbaum für Enver Şimşek sorgte für Empörung. Nun wurde in Zwickau am Sonntag ein Gedenkort für alle Mordopfer der Neonazi-Terrorzelle NSU geschaffen. Anstelle der von Unbekannten zerstörten Eiche erinnern nun im Schwanenteichpark zehn Bäume an die Ermordeten. Jeder Baum bekommt während der Gedenkveranstaltung eine Platte mit dem Namen des jeweiligen Opfers.
„Wir zeigen, dass der NSU ein Teil der Zwickauer Geschichte ist“, sagte Oberbürgermeisterin Pia Findeiß (SPD) zur Einweihung des Gedenkortes. Die Bäume und die Gedenktafeln mit den Namen der zehn Opfer seien zugleich ein Zeichen der Hoffnung und eine Mahnung, sich für Demokratie und Toleranz einzusetzen.
„Die Stadt Zwickau stellt sich ihrer Geschichte und ihrer Verantwortung gegenüber den Opfern sowie deren Angehörigen. Die Opfer bleiben nicht namenlos. Sie sollen uns mit dem sichtbaren Zeichen des Gedenkortes an einem zentralen Platz der Stadt stets erinnern und mahnen“, wurde Zwickaus Oberbürgermeisterin Pia Findeiß (SPD) in einer Pressemitteilung zitiert.
Die Schändung des Gedenkbaums hatte bundesweit für Empörung gesorgt, zugleich aber auch eine Welle der Solidarität ausgelöst. Bei der Stadt gingen rund 14 000 Euro an Spenden ein. Es wurden Blumen niedergelegt und Mahnwachen abgehalten.
Am Rande der Einweihung kam es zwischen einigen Teilnehmern und der Polizei zu einer Auseinandersetzung, nachdem eine junge Frau einen niedergelegten Kranz der Zwickauer AfD-Fraktion beschädigt hatte. Einige Beobachter verteidigten die Frau und argumentierten, Blumen von einer Partei, die selbst rechtes Gedankengut verbreite, seien eine weitere Verhöhnung der Opfer. Die Polizei hingegen wertete das Geschehen als Sachbeschädigung.
Im Rahmen der Kundgebung „NSU-Komplex auflösen“ wurde am Sonntag (13.00 Uhr) zudem ein provisorisches Dokumentationszentrum in der Zwickauer Innenstadt eröffnet. Diese nimmt die Taten des Terrortrios und sein Unterstützernetzwerk in den Blick.
Der NSU hatte jahrelang unerkannt in Zwickau im Untergrund gelebt. Die Terrorzelle gehörten außer Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt noch Beate Zschäpe. Sie wird für neun Morde an Ausländern, die Tötung einer deutschen Polizistin sowie für zwei Sprengstoffanschläge und diverse Raubüberfälle verantwortlich gemacht.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) reist am Montag zum neuen Gedenkort für Mordopfer des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) nach Zwickau. Das teilte die Stadt Zwickau mit. Außerdem will die Kanzlerin an dem Anfang Oktober abgesägten Gedenkbaum für den vom NSU ermordeten Enver Simsek Blumen niederlegen. (dpa, iQ)