„Imamausbildug in Deutschland“ war Thema einer Fachtagung des Koordinationsrats der Muslime (KRM). Im Mittelpunkt standen die unterschiedlichen Ausbildungsmodelle der islamischen Religionsgemeinschaften.
Am Samstag fand die Fachtagung des Koordinationsrat der Muslime (KRM) zum Thema „Imamausbildung in Deutschland – ein Themenaufriss“ in Köln statt. In Vorträgen und Podiumsgesprächen haben sich islamische Religionsgemeinschaften über ihre Erfahrungen in ihren Ausbildung- und Weiterbildungsmöglichkeiten ausgetauscht.
Burhan Kesici, Vorsitzender des Islramrats, und KRM-Sprecher Dr. Zekeriya Altuğ sprachen in ihren Grußworten die aktuellen politischen Forderungen bezüglich der Imamausbildung an. „Die Imamausbildung ist Sache der Religionsgemeinschaften. Der Staat muss sich zu allen Religionsgemeinschaften gleich nah oder gleich fern verhalten”, so Kesici. Auch Altuğ sprach über die unrealistischen Erwartungen der Politik. „Die Forderungen der Politik decken sich oft nicht mit den Bedarfen der Moscheegemeinden. Sie gehen sogar oft daran vorbei.“ Beide Vertreter der islamischen Gemeinschaften kritisierten zudem die jüngsten Entwicklungen um das „Islamkolleg“ in Osnabrück.
Nach den Eröffnungsreden hielt Dr. Abdurrahman Reidegeld einen Input-Vortrag zum Thema „Der Imam in der islamischen Geschichte. Eine Betrachtung mit historischem Schwerpunkt“. Der Begriff und das Aufgabenfeld eines Imams hätten sich vielfach verändert. „In Minderheitensituationen ist der Imam eine zentrale Stütze für die Moscheegemeinde. Das führt zu einer Überfrachtung mit unterschiedlichsten Aufgaben. Diese Aufgaben müssten ausgegliedert werden“, erklärte Reidegeld.
Im Anschluss gab es ein Podiumsgespräch mit jungen sowie erfahrenen Imamen aus den jeweiligen im KRM vertretenen islamischen Religionsgemeinschaften, zu den täglichen Herausforderungen und Potenzialen eines Imams in der Moscheegemeinde. Heutzutage müssen Imame vielen Anforderungen gerecht werden. „Man braucht immer eine zeitgenössische Definition zum Wesen des Imams“, erklärt Ahme Sami, ein im Zentralrats der Marrokaner (ZRMD) tätiger Imam.
„Der Job eines Imams ist ein 24-Stunden-Job. Er ist nicht Beruf, sondern Berufung“, erklärte der 28-jährige Hanauer Imam Macit Bozkurt von der IGMG. Zudem würdigte Bozkurt die Imame der ersten Generation. „Die Imame der ersten Generation sind diejenigen, die uns großgezogen und ausgebildet haben – trotz aller Schwächen. Sie sind sehr wertvoll für uns.“ Dies bekräftigt auch Imam Eyüp Kalyon von der DITIB. „Der Grund, warum ich mich für den Werdegang zum Imam entschieden habe, war, dass ich einen sehr guten und vorbildlichen Imam hatte“, so der 29-jährige Kalyon.
Im dritten Teil der Fachtagung hielt die Religionswissenschaftlerin Prof. Dr. Gritt Klinkhammer einen Vortrag zum Thema „Gesellschaftliche und gemeindespezifische Rahmenbedigungen“. Laut Klinkhammer könne sich nicht jede muslimische Gemeinschaft eine Imamausbildung leisten. Man müsste überlegen, ob man hier gemeinsam etwas Neues etablieren könne. Aus diesem Grund „wird der intrareligiöse Dialog aufgrund der Diversität muslimischen Lebens in Deutschland wichtig sein“, erklärt Klinkhammer.
Nach dem Vortrag folgte ein weiteres Podiumsgespräch mit einem Gefängnisseelsorger, einem Krankenhausseelsorger und einem Lehramtsanwärter. Für den Berliner Gefängnisseelsorger Fazlı Altın muss die Imamausbildung einen seelsorgerischen Anteil beinhalten, doch sei der Imam nicht in der Lage, sowohl die Gemeinde zuführen als auch den seelsorgerischen Anforderungen von außerhalb nachzukommen. „Ein Vollzeit-Imam wird das nebenbei nicht machen können. Die meisten Gefängnisse liegen außerhalb der Stadt. Zeitlich ist dies unmöglich“, so Altın. Außerdem fehle vielen Imame das Interesse. Der angehende Religionslehrer Ali Kocaoğlu wechselte vom Theologiestudium zum Lehramt. „Ich möchte als Vorbild fungieren. In der Moschee kann ich nur eine bestimmte Gruppe erreichen, in der Schule erreiche ich alle.“ Zudem betonte Kocaoğlu die Bedeutung von Praktika. „Im Theologiestudium hat mir das gefehlt.“ Angehende Imame müssen schon im Vorfeld praktische und pädagogische Erfahrungen machen. Der praktische Teil müsse eine Gewichtung in der Imamausbildung haben.
Anschließend erhielt der Kirchenrechtler Prof. Dr. Dr. Stefan Muckel das Wort. Muckel verdeutlichte den Teilnehmern die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Ausbildung religiösen Personals in Deutschland. Muslime können selbst entscheiden, woher sie ihre Religionsbediensteten beziehen. Ein Islamgesetz nach österreichischem Vorbild sei in Deutschland verfassungswidrig, weil es gegen das Selbstbestimmungsrecht verstoße. Auch den langjährigen Beiratsmodelle steht der Jurist skeptisch gegenüber. „Bis 2010 waren die Verbände auf einem guten Weg, auch von der Politik als Religionsgemeinschaften angenommen zu werden. Die Beiratskonstrukte im Bereich der islamischen Theologie haben diese Entwicklung gebremst“, erklärt Muckel abschließend.
Mit einer finalen Diskussionsrunde mit Vertretern aus den islamischen Religionsgemeinschaften des KRM, währenddessen auch mit dem Publikums diskutiert wurde, endete die Fachtagung.