Das Bundesland Hamburg plant einen gemeinsamen Religionsunterricht für Schülerinnen und Schüler aller Konfessionen und Religionen.
Als erstes Bundesland führt Hamburg einen Religionsunterricht in interreligiöser Trägerschaft ein. Seine Inhalte werden künftig gleichberechtigt von der evangelischen Kirche, der jüdischen Gemeinde, drei islamischen Verbänden und der alevitischen Gemeinde verantwortet. Alle Beteiligten dürften eigene Religionslehrer entsenden, wie Bildungssenator Ties Rabe (SPD) am Freitag in der Hansestadt mitteilte. Die katholische Kirche beteilige sich zunächst nur im Rahmen eines Modellversuchs. Das Konzept werde in den nächsten Jahren schrittweise an allen Hamburger Schulen eingeführt.
„Das gemeinsame Lernen der Kinder ist eine wunderbare Idee für unsere religiös und kulturell vielfältige Stadt“, sagte Rabe. „Es wird kein ganz anderer Religionsunterricht, aber ein besserer, weil er die verschiedenen Religionen gleichberechtigt berücksichtigt.“ Hamburgs evangelische Bischöfin Kirsten Fehrs betonte: „Wenn die Kinder künftig abwechselnd von Lehrkräften unterschiedlicher Konfessionen unterrichtet werden, wird das den Dialog weiter stärken.“
Während in anderen Bundesländern der Religionsunterricht nach Religionen und Konfessionen getrennt erteilt wird, gibt es in Hamburg bereits seit Jahrzehnten den „Religionsunterricht für alle“. Schüler aller Konfessionen und Religionen werden gemeinsam unterrichtet. Er wurde bislang von der evangelischen Nordkirche verantwortet und durch Buddhisten, Juden, Muslime und Aleviten lediglich mitbestimmt.
Die katholische Kirche hatte sich bislang nicht an dem Modell beteiligt, weil sie einen konfessionsgebundenen Religionsunterricht bevorzugt. Das weiterentwickelte Modell halte sie aber für „grundsätzlich anschlussfähig“, sagte der Leiter der Schulabteilung des Erzbistums Hamburg, Christopher Haep. Er begrüßte insbesondere die Beauftragung der Lehrer durch ihre jeweiligen Religionsgemeinschaften. „Deshalb ist es unser Ziel, Bestandteil dieses weiterentwickelten Religionsunterrichts in Hamburg zu werden.“ Seit 1. August laufe dazu ein dreijähriger wissenschaftlich begleiteter Modellversuch mit der Nordkirche, um ein gemeinsames Konzept für die Abbildung christlicher Inhalte im gemeinsamen Religionsunterricht zu finden.
Das neue interreligiöse Modell erprobte sich nach Angaben der Schulbehörde fünf Jahre lang an mehreren Pilotschulen. Ein verfassungsrechtliches Gutachten bestätige die Rechtmäßigkeit des eingeschlagenen Wegs. Der „Religionsunterricht für alle“ werde auch künftig von an der Universität ausgebildeten Lehrern im Dienst des Staates erteilt. An der Uni Hamburg seien zusätzlich Lehramtsstudiengänge für islamische und alevitische Religion eingerichtet worden. „Im Religionsunterricht geht es nicht um Mission, sondern um Bildung und religiöse Mündigkeit“, hieß es.
Dr. Hakan Aydın, stellvertretender Leiter der IGMG Bildungsabteilung, meint auf Anfrage von IslamiQ: „Wenn der Unterricht neben einer reinen Wissensvermittlung zusätzlich auch Glaubensgrundlagen stärken möchte, ist ein gemeinsamer Unterricht nicht die effektivste Methode.“ Er führe eher zur Überforderung der Schülerinnen und Schüler. Diese sollten sich erst und schwerpunktmäßig mit ihrer eigenen Religion befassen, so der Theologe. „Das ist das eigentliche Ziel des bekenntnisgebundenen Religionsunterrichts.“ (KNA, iQ)