Der Präsident des Europaparlaments, David Sassoli, hat China zur sofortigen Freilassung des uigurischen Regierungskritikers Ilham Tohti aufgefordert.
Der Präsident des Europaparlaments, David Sassoli, hat China zur sofortigen Freilassung des uigurischen Regierungskritikers Ilham Tohti aufgefordert. „Noch einmal ist dieser Stuhl leer“, sagte Sassoli bei der Verleihung des Sacharow-Preises am Mittwoch im Europaparlament in Straßburg. Die Freiheit zu denken bedeute nicht immer, auch in Realität frei zu sein, so Sassoli.
2014 wurde Tohti von einem Gericht in der Volksrepublik wegen Unterstützung separatistischer Umtriebe zu lebenslanger Haft verurteilt. Der Publizist und Ökonom der Minzu-Universität in Peking setzte sich seit 20 Jahren für eine Verbesserung der Lebensverhältnisse der uigurisch-muslimischen Minderheit ein, deren Streben nach Autonomie und religiöser Freiheit von der kommunistischen Führung massiv unterdrückt wird.
Stellvertretend für Tohti nahm seine Tochter Jewher Ilham den Sacharow-Preis für Menschenrechte entgegen. „Heute gibt es für die Uiguren in China keine Freiheit“, sagte Ilham. Sie hat ihren Vater zuletzt 2013 gesehen, als sie auf dem Flughafen in Peking vor einem Flug in die USA getrennt wurden. Auf Drängen ihres Vaters trat sie die Reise damals ohne ihn an.
Jewher Ilham beschrieb ihren Vater als einen Mann, der für jedes Problem eine Lösung suchte. „Mein Vater hatte keine Angst davor, arm zu sein, solange er sich der Aufgabe widmen konnte, die sein Leben bestimmen sollte: einen friedvollen Dialog zu fördern und Verständnis zwischen den Han-Chinesen und den Uiguren zu fördern“, so Ilham. Sie schätzt, dass eine Million Uiguren in Umerziehungslager gebracht wurden, wo sie gezwungen wurden, ihre Religion, ihre Sprache und ihre Kultur aufzugeben. Ilham weiß derzeit nicht genau, wo sich ihr Vater befindet. Zuletzt hatte sie nach eigenen Angaben 2017 Kontakt zu ihm.
Der außenpolitische Sprecher der Europa-SPD, Dietmar Köster, sagte: „Ilham Tohti steht für Ausgleich, Dialog und Versöhnung. Das sind auch die Werte, auf die die EU gegründet ist und die das Europaparlament mit der Verleihung des diesjährigen Sacharow-Preises unterstreicht.“ Der außenpolitische Sprecher der Europäischen Volkspartei (EVP), Michael Gahler (CDU), kritisierte Chinas Umgang mit den Uiguren. „Das Ausmaß der Unterdrückung der Uiguren und die systematische Art und Weise, wie dies in China geschieht, sind empörend“, so Gahler. Am Donnerstag stimmt das Europaparlament über eine Entschließung zur Lage der Uiguren in China ab.
Der Sacharow-Preis für Meinungsfreiheit wird seit 1988 jährlich vom EU-Parlament vergeben. Er zeichnet Persönlichkeiten und Institutionen aus, die sich besonders für Menschenrechte und den Schutz von Minderheiten, die Achtung des Völkerrechts und die geistige Freiheit einsetzen. Benannt ist die Auszeichnung nach dem sowjetischen Physiker und Friedensnobelpreisträger Andrej Sacharow (1921-1989). (KNA/iQ)