Herne

Marienhospital lehnt Studentin mit Kopftuch ab

Für ihr Studium als Ergotherapeutin muss eine Muslimin ein Praktikum im Marienhospital in Herne absolvieren. Schon am ersten Tag wird sie nach Hause geschickt – wegen ihres Kopftuchs.

11
02
2020
Marienhospital lehnt Praktikantin mit Kopftuch ab
Marienhospital Herne (St. Elisabeth Gruppe) © Facebook, bearbeitet by iQ.

Eigentlich wollte Frau Z. nur ein 5-tägiges Praktikum im Bereich Ergotherapie im Marienhospital in Herne absolvieren. Doch das Krankenhaus schickte die muslimische Studentin bereits am ersten Tag nach Hause, weil sie ihr Kopftuch nicht ablegen wollte.

Bereits am ersten Tag wurde sie von der leitenden Ergotherapeutin auf ihr Kopftuch angesprochen und gefragt, ob sie vorhabe, mit dem Kopftuch zu arbeiten oder ob sie es für die Arbeit abnehme. „Natürlich habe ich gesagt, dass ich das Kopftuch nicht abnehmen werde. Daraufhin sagte die Ergotherapeutin, dass ihr die Hände gebunden seien und sie es mir nicht erlauben könne, dort zu arbeiten“, gibt die Studentin ihr Gespräch mit der Ergotherapeutin gegenüber IslamiQ wieder. Nach diesem Gespräch habe die sie das Krankenhaus verlassen. 

Frau Z. ist Studentin an der Hochschule für Gesundheit in Bochum. Das Marienhospital ist offizieller Kooperationspartner der Hochschule. Die Praktikumsstelle wurde ihr seitens der Hochschule zugeteilt. Wie die Studentin IslamiQ mitteilt, habe die Hochschule Verständnis gezeigt und ihr mitgeteilt, dass sie Diskriminierung nicht hinnehmen muss.

Kopftuch hat keinen Vorrang am Arbeitsplatz

„Das Tragen eines Kopftuches ist in unseren Einrichtungen nicht erlaubt“, erklärte Theo Freitag, Geschäftsführer, St. Elisabeth Gruppe – Katholische Kliniken Rhein-Ruhr, auf Anfrage von IslamiQ. Das Krankenhaus sehe es als Aufgabe ihren Patienten die beste medizinische und pflegerische Versorgung zukommen zu lassen – unabhängig von deren Religionszughörigkeit. Unvoreingenommenheit und Zuwendung seien im Kontakt mit den Patienten wichtig. „Entsprechend erwarten wir von unseren Mitarbeitern ein neutrales Erscheinungsbild am Arbeitsplatz, an dem die Behandlung der Patienten im Fokus steht. Symbolische Glaubensbekenntnisse haben keinen Vorrang am Arbeitsplatz“, so Freitag.

„Ein Armutszeugnis“

„Ich habe mich für ein Studium entschieden, bei dem Menschen, ihr Wohlbefinden und ihre Gesundheit an erster Stelle stehen. Ich habe mich für einen Beruf entschieden, um Menschen zu helfen, die beeinträchtigt sind. Ein sozialer Beruf. Beim Ausüben dieses Berufs von ausgebildeten Ergotherapeuten gehindert zu werden, ist ein Armutszeugnis“, erklärt Frau Z. weiter.

Die junge Studentin möchte gegen die Entscheidung rechtlich vorgehen. „Es ging hier um ein 5-tägiges Praktikum. Das ist Rassismus, das ist Diskriminierung. Und es verletzt die Würde des Menschen!“ Derweil wurde Frau Z. ein neues Krankenhaus für ihr Praktikum zugeteilt. Den ersten Praktikumstag, den sie wegen ihres Kopftuchs verpasst hat, werde sie in ihren Ferien nachholen müssen.

Leserkommentare

Johannes Disch sagt:
@selber Ergotherapeutin (21.012.2020, 9:01) -- "Schon mal darüber nachgedacht, dass es eine katholische Einrichtung handelt?" Das ist der bisher klügste Einwand. Aber er greift auch nicht. Konfessionell gebundene Einrichtungen können ein Kopftuch durchaus verbieten. Aber sie sind auch da nicht vogelfrei. Verlangen können sie es von Führungskräften, aber nicht von anderen Bediensteten und schon gar nicht von einer Praktikantin. Entsprechende Urteile dazu gibt es.
22.02.20
17:58
Johannes Disch sagt:
@Charley (22.02.2020, 17:03) -- Betrifft: Kopftuch. Richtig, aus jedem Kopftuch-Vorfall macht "islamiq" einen Artikel. Die "Kopftuch-Artikel" dürften hier mit weitem Abstand die Pole Position einnehmen. Einerseits nehmen viele Muslime das Kopftuch zu wichtig. Man könnte meinen, das Kopftuch wäre der Dreh-und Angelpunkt des islamischen Glaubens. Nichts könnte falscher sein. Das Wort Kopftuch kommt im Koran nicht vor. Und bei den wenigen Stellen im Koran, woraus die Pflicht auf das Kopftuch abgeleitet wird, sind mit Kopftuch eindeutig falsch übersetzt. "Zinat" ist der zentrale Begriff und er bedeutet "Schmuck" und nicht "Kopftuch." Wie gesagt, das Wort "Kopftuch" kommt im Koran nicht vor. Insofern wäre es natürlich auch wünschenswert, Musliminnen würden das Kopftuch mal ernsthaft hinterfragen. Andererseits ist der Kampf gegen das Kopftuch, denn hier manche führen, absurd. Der wird geführt, als wäre das Kopftuch eine Frage von Krieg und Frieden, von Sein oder Nichtsein.
23.02.20
17:52
Ute Fabel sagt:
@Johannes Disch: "Gehen wir weg von absurden Konstruktionen wie ihrer beliebten Burschenschafterkappe und dem Mao-Anzug, Dinge, die wohl eher selten vorkoommen dürften." In Wien trug konkret der Sohn eines FPÖ-Politikers bei einer Veranstaltung der Wiener Universität bereits ein Burschenschafterband über der Uniform des österreichischen Bundesheers und berief sich dabei auf seine politischen Freiheitsrechte. Anhänger der FPÖ lagen in Wiens größtem Schwimmbad auf einem Badetuch und unter einem Sonnenschirm, beides versehen mit großem FPÖ-Logo, und rechtfertigten das mit ihrer Weltanschauungsfreiheit. Als sie schließlich aus dem Bad geworfen wurden, beklagten sie sich über Diskriminierung. Solche Vorfälle sollten Mut machen, ein konsequentes optisches Neutralitätsprinzip sowohl im Berufsleben und auch in Freizeitbetrieben umzusetzen. Extrawürste gerade für dogmatische Vertreter des Islams darf eines keinesfalls geben.
24.02.20
8:13
Andrei sagt:
Ganz ehrlich Leute, wenn Sie sich in ein katholisches Klinikum bewirbt, dann sollte man sich auch auf sowas gefasst machen. Ich bin selbst Ausländer jedoch kein Türke und finde man sollte die Regel des Landes wo man lebt auch respektieren. Tuen die Türken in ihrem Land doch auch, durch seine Kommunistische Diktatur, oder? Das die Türken immer so ein Aufstand machen (sieht man schon an die Rezessionen in Google) finde ich abscheulich. Ich hab einfach das Gefühl, dass die Türken zu arrogant sind. Werden die wieder Erdogan für so ein scheiß ansprechen? Und später strahlt sich das durch Fremdenfeindlichkeit der Deutschen nieder. Und Ausländer anderer Nationalität müssen mitleiden.
25.02.20
8:56
Johannes Disch sagt:
@Charley (22.02.20, 17:03) -- "Wer vor Kopftüchern Angst hat, sollte sich mal auf Verfolgungswahn untersuchen lassen. Was diese Kopftücher nicht alles an Überladungen zu tragen haben, wofür es angeblich steht..." (Charley) Exakt. Umgekehrt gilt aber auch, dass viele Muslime-- gerade die Verbände und auch die Redaktion von "Islamiq" -- oft einen Eiertanz um dieses Stück Stoff aufführen. Die "Kopftuch-Artikel" dürften hier wohl die Pole Position einnehmen. Kaum wird es irgendwo verboten oder infrage gestellt, kommen reflexartig Rassismus-Vorwürfe oder eine angebliche Einschränkung der Religionsfreiheit. Der Koran schreibt kein Kopftuch vor. Das Kopftuch ist kein essentieller Bestandteil des islamischen Glaubens. Dazu haben ihn in post-koranischer Zeit islamische Hardliner gemacht, in der Regel Männer. Man muss kein Kopftuch tragen, um eine gläubige Muslimin zu sein. Es wäre durchaus zu begrüßen, würden Muslime/innen dieses Stück Stoff mal hinterfragen. (Die wenigstens Musliminnen in Deutschland tragen eines, nämlich ca. 30%. Der Anteil nimmt aber zu, was wohl dem Einfluss eines fundamentalistisch interpretierten Islam und den Verbänden zu verdanken ist). Trägt eine Muslimin es aus freien Stücken, dann ist dagegen in aller Regel nichts einzuwenden. Im Gegensatz zu einer Vollverschleierung. Diese ist nicht hinnehmbar! In einer offenen liberalen Gesellschaft zeigt man Gesicht. Kommunikation braucht das offene Visier, um auch nonverbale Signale wie Mimik zu sehen und deuten zu können. Das ist beim Kopftuch gegeben, weshalb dagegen nichts einzuwenden ist. Juristisch ist die Sache recht einfach: Das Tragen des Kopftuchs ist bei uns die Regel. Musliminnen dürfen tragen, auch in der Öffentlichkeit und auch am Arbeitsplatz. Verbote sind die Ausnahme und müssen wohl begründet sein. Man sollte den Fokus darauf legen, was eine Person im Kopf hat und nicht auf dem Kopf. Beide Seiten sollten da vielleicht etwas entspannter werden. Eine Kopftuch tragende Muslima ist nicht automatisch extremistisch oder unserer Gesellschaft gegenüber negativ eingestellt. Andererseits ist auch nicht jedes Hinterfragen des Kopftuchs automatisch rassistisch und islamophob.
25.02.20
10:08
Andrei sagt:
Liebe Türken, betrachtet doch erst mal bitte eure Land wie konservativ es ist und vergleicht es mit Deutschland. Lebt man hier nicht offener? Ist es nicht lächerlich, sich über Kopftuch Verbot in anderen Ländern zu beklagen, wen bei euch alles konservativ verläuft?
25.02.20
16:38
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel (24.02.2020, 8:13) Die FPÖ ist eine offiziell zugelassene Partei, weshalb es auch okay ist, sich im Schwimmbad mit einem FPÖ-Badetuch und einem FPÖ-Sonnenschirm zu zeigen. Genauso legitim wären ein Sonnenschirm und ein Badetuch mit ÖVP- oder SPÖ-Logo. Das "optische Neutralitätsprinzip" ist eine Chimäre. Ein "optisches Neutralitätsprinzip" existiert per Gesetz nicht. Und es hätte schon gar keinen Verfassungsrang. Schon gar keinen, der den Grundrechten gleich käme.
25.02.20
17:36
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel Ihr "optisches Neutralitätsprinzip" auf die Freizeit und das Privatleben zu übertragen, ist absurd . Was wollen Sie denn als nächstes verbieten? Ein Badetuch von "Red Bull Leipzig", weil sich vielleicht ein Fan von Austria Wien dadurch brüskiert fühlen könnte? Das "optische Neutralitätsprinzip" bezieht sich auf den Job und es geht dabei um die Frage, ob ein Verbot religiöser Symbole dem Gleichbehandlungsgesetz entspricht oder Diskriminierung ist? Das wird immer am Einzelfall entschieden. PRIVAT ist das "optische Neutralitätsprinzip" völlig belanglos! Jeder darf tragen und zeigen, was er will, solange es sich nicht um verfassungsmäßig verbotene Symbole handelt. Sowohl die Burschenschafterkappe als auch das FPÖ-Badetuch und das Kopftuch sind nicht verfassungswidrig und damit nicht verboten und dürfen öffentlich gezeigt und getragen werden..
26.02.20
2:18
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel (24.02.2020, 8:13) -- Optisches Neutralitätsprinzip Um es noch einmal kurz zusammenzufassen: Das optische Neutralitätsprinzip steht nicht über den Grundrechten. Und in der Freizeit hat es sowieso nichts verloren. Da kann jeder tragen, was er möchte, so lange es sich nicht um verfassungswidrige Symbole handelt. Und ob ein religiöses oder weltanschauliches Symbol jemanden stört oder nicht, das ist völlig irrelevant. Das optische Neutralitätsprinzip greift nur am Arbeitsplatz und befasst sich mit der Frage, ob ein Verbot religiöser Symbole dem Gleichbehandlungsgesetz entspricht oder diskriminierend ist. Und das wird immer am konkreten Einzelfall entschieden.
26.02.20
8:59
Ella Spürkel sagt:
Wie sieht es denn mit den rechtlichen Schritten aus? Hat Frau Z. schon Klage eingereicht? Vielleicht kann sie davon mal berichten, das wäre ja mal interessant.
01.03.20
18:54
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