Muslimischen Rechtsreferendarinnen darf das Tragen eines Kopftuchs vor Gericht verboten werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Das Kopftuchverbot stößt auf Kritik.
Das Kopftuchverbot für Rechtsreferendarinnen in Hessen stimmt nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts mit dem Grundgesetz überein. Wegen der weltanschaulich-religiösen Neutralität des Staates kann der Gesetzgeber das Tragen von Kopftüchern untersagen, wie aus dem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss des Zweiten Senats hervorgeht.
Hessens Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) bezeichnete die Entscheidung als „wegweisend“. Zustimmung kam auch von der AfD. Kritik übten dagegen die Linke und die islamischen Religionsgmeinschaften.
Die religionspolitische Sprecherin der Linken-Bundestagsfraktion, Christine Buchholz, bedauerte dagegen: „Karlsruhe hat eine Chance verpasst, die Diskriminierung von kopftuchtragenden muslimischen Rechtsreferendarinnen zu beenden.“ Die religiöse Neutralität des Staats werde gewährleistet durch die Neutralität der Institution. Die religiöse und weltanschauliche Vielfalt der Beschäftigten widerspreche dem nicht. „Die Kruzifixe in bayrischen Gerichten und Amtsstuben stellen die Neutralität in Frage, nicht das Kopftuch einer Rechtsreferendarin“, so Buchholz.
Die Islamische Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) kritisiert den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts. „Die Entscheidung stellt für Musliminnen ein faktisches Berufsverbot dar und ist Wasser auf die Mühlen der Falschen. Der Beschluss überzeugt nicht und schließt Musliminnen weiter aus“, erklärt Aynur Handan Yazıcı, Vorsitzende der IGMG-Frauenorganisation in einer Pressemitteilung. Mit dieser Entscheidung haben die Richter Musliminnen, die ohnehin mehrfach von Diskriminierung betroffen sind, noch ein Stück weiter ausgegrenzt. „Es bleibt zu hoffen, dass das Bundesverfassungsrecht bei nächster Gelegenheit von dieser Position wieder abrückt und Schadensbegrenzung betreibt – wie einst beim pauschalen Kopftuchverbot für Lehrerinnen geschehen“, so Yazıcı abschließend.
Auch der Zentralrat der Muslime (ZMD) sprach von einem Rückschritt in der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung. Kopftuchtragende Rechtsreferendarinnen würden letztlich als Referendarinnen zweiter Klasse behandelt, erklärte die stellvertretende ZMD-Vorsitzende und Rechtsanwältin Nurhan Soykan. Der richterliche Justizdienst solle offenbar weiterhin bestimmten Bevölkerungsgruppen verschlossen bleiben.
„Wir sind zutiefst enttäuscht über die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Kopftuchverbot für Rechtsreferendarinnen. Durch die Entscheidung leidet das offene Neutralitätsverständnis“, erklärt der Islamrat für die BRD in einer Mitteilung.
Er befürchte, dass sich diese Entscheidung auch auf den privaten Sektor auswirken werde. „Die Diskriminierung von Musliminnen hat ein unverträgliches Maß erreicht, die Justiz darf sich nicht durch das populistische und politische Klima beeinflussen lassen“, so der Islamrat. (KNA, iQ)