Schwerin

Fraktionen einig: Kein Platz für Rechtsextremismus

Die Landtagsfraktionen von SPD, CDU und Linke wollen in Schwerin ein deutliches Zeichen gegen Rechtsextremismus und Rassismus setzen.

09
03
2020
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Rechter Terror
Bürgermeister warnt vor Rechtsextremismus © by Bündnis 90/Die Grünen Nordrhein-Westfalen auf Flickr (CC BY-SA 2.0), bearbeitet islamiQ

Die Landtagsfraktionen von SPD, CDU und Linke wollen ein deutliches Zeichen gegen Hass, Intoleranz und Gewalt setzen. Zur März-Sitzung des Parlaments, die am Mittwoch in Schwerin beginnt, haben sie einen gemeinsamen Antrag dazu vorgelegt. „Wir sind entschlossen, unsere freiheitliche Demokratie und die Werte eines friedlichen Miteinanders unnachgiebig zu verteidigen. Wir bleiben gemeinsam stark gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus“, heißt es in der Beschlussvorlage.

Die Entgrenzung des politischen Diskurses in Deutschland habe dazu beigetragen, dass Menschen zu Mördern wurden, schreiben die Verfasser des Antrags und listen die jüngste, mutmaßlich rechtsextremistisch motivierte Anschlagserie auf. Die erschütternden Morde von Hanau, Kassel und Halle machten tief betroffen und fassungslos. „Das Gift, das der Rechtspopulismus in den letzten Jahren in die Herzen und Köpfe der Menschen geträufelt hat, hat Wirkung gezeigt“, hießt es im Antrag.

Verbreitung von Hass und Hetze

Der Landtag ächte daher die Verbreitung von Hass und Hetze, die den Nährboden für politische Straftaten und Rechtsextremismus gegen Leib und Leben bereite. Jede Form der Zusammenarbeit mit Rechtsextremisten, ob parlamentarisch oder zivilgesellschaftlich, dürfe in Deutschland nie wieder geduldet werden. In dem Antrag wird auch auf die besondere Rolle von Verantwortungsträgern verwiesen. „Der Aufstieg des Nationalsozialismus in Deutschland war nur möglich, weil die Eliten der Weimarer Republik den fatalen Irrglauben hatten, man könne die Feinde der Demokratie einhegen, indem man sie einbindet. Diesen Fehler darf und wird Deutschland kein zweites Mal machen“, heißt es im Antrag weiter. Die Sicherheitsbehörden sollen den wachsenden Rechtsterrorismus stärker in den Blick nehmen und bedrohte Menschen bestmöglich schützen.

Die Initiative zu der Entschließung war von der Linksfraktion ausgegangen als Reaktion auf die Mordanschläge und die jüngsten Ereignisse im Thüringer Landtag, wo der FDP-Politiker Thomas Kemmerich bei seiner Wahl zum Ministerpräsidenten neben den Stimmen von CDU und FDP auch die der AfD bekommen hatte. Daraufhin forderte die Schweriner Linksfraktionschefin Simone Oldenburg eine klare Positionierung. „Keine Zusammenarbeit mit Menschenfeinden“, sagte sie. Nach massiven Protesten war Kemmerich zurückgetreten.

Rechtsextremismus und Rassismus bei der AfD

Zwar wird weder im ersten Antragsentwurf der Linken noch in der nun vorliegenden Fassung die AfD explizit erwähnt. Doch hatte Oldenburg die Zielrichtung deutlich gemacht: Die AfD dürfe weder innerhalb noch außerhalb des Parlaments ein Partner für Demokraten sein.

Die Aussage, dass in Thüringen ein Ministerpräsident „mit Stimmen einer Fraktion gewählt wurde, die völkisch und nationalistisch auftritt und offen faschistische, rassistische, antisemitische und geschichtsrevisionistische Aussagen vom deutschem Nationalsozialismus übernimmt“, hatte der Linksfraktion eine scharfe Replik der AfD im Schweriner Landtag eingebracht. AfD-Fraktionschef Nikolaus Kramer bezichtigte Oldenburg, sie habe selbst eine faschistische Gesinnung. Das Landgericht Hamburg erließ inzwischen eine einstweilige Verfügung, mit der dem AfD-Landesverband untersagt wird, den Vorwurf zu wiederholen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die AfD sieht den von SPD, CDU und Linke eingebrachten Antrag in der Tradition des sogenannten Schweriner Wegs. Mit der Erklärung hatten sich diese Parteien in den beiden vorigen Legislaturperioden von der rechtsextremen NPD abgegrenzt. In einem eigenen Antrag fordert die AfD eine „Zusammenarbeit der im Landtag vertretenen Fraktionen und
Abgeordneten im Rahmen der nach der Verfassung vorgegebenen Aufgaben und Zuständigkeiten“. Eine Ausgrenzung dürfe es nicht geben.

„Rechtsextremistische Gefahr zu lange unterschätzt“

Auch im Bundestag hatte die Zunahme rassistisch motivierter Gewalt und Rechtsextremismus für Diskussionen um den aktuellen Zustand der Demokratie gesorgt. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble sagte am Donnerstag, der Staat müsse sich eingestehen, „die rechtsextremistische Gefahr zu lange unterschätzt zu haben“. Der CDU-Politiker sprach von einer „langen Spur“ mörderischer Übergriffe. Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) betonte: „Wir nehmen den Kampf gegen diese Bedrohung auf.“

In der teils mit großer Schärfe geführten Debatte stand die AfD in der Kritik der anderen Parteien. Zahlreiche Redner machten die Rechtspopulisten für die Verrohung von Sprache und Umgangsformen verantwortlich, die am Anfang einer Gewaltspirale stehe. „Sie haben den Boden bereitet, Sie haben sich schuldig gemacht“, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich in Richtung AfD. Der AfD-Abgeordnete Gottfried Curio warf den anderen Parteien daraufhin „reflexhafte Hetze“ gegen seine Partei vor. (dpa/iQ)