Vor fünf Jahren hat das Bundesverfassungsgericht das Kopftuchverbot für Lehrerinnen gekippt. Daraufhin haben mehrere Bundesländer ihre Gesetze geändert. Wir haben mit muslimischen Lehrerinnen über ihre Erfahrungen im Lehrerzimmer gesprochen.
Vor fünf Jahren entschied das Bundesverfassungsgericht, dass ein pauschales Kopftuchverbot für Lehrkräfte in öffentlichen Schulen nicht mit der Verfassung vereinbar ist. Als Reaktion auf den Beschluss haben die Landesregierungen ihre Gesetze angepasst. Betroffen davon waren acht Bundesländer, die zuvor ein Gesetz zum Kopftuchverbot verabschiedet hatten: Baden-Württemberg, Niedersachsen, Saarland, Hessen, Bayern, Berlin, Bremen und Nordrhein-Westfalen.
Alle Bundesländer bis auf Berlin lassen das Kopftuch für Lehrerinnen seither grundsätzlich zu. Für Richterinnen und Staatsanwältinnen gelten jedoch weiterhin Verbote.
Das Kopftuchverbot für Berliner Lehrerinnen kommt am 23. April vor das Bundesarbeitsgericht. Es verhandelt über eine Revisionsklage des Landes Berlin gegen ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg, wie das Bundesarbeitsgericht bekannt gab.
Was sagen die betroffenen muslimischen Lehrerinnen und Lehramtsstudentinnen zu der aktuellen Debatte rund um das Kopftuch? Wir haben unsere Leserinnen gefragt, ob und wie sie von dem Verbot betroffenen sind und wie sie sich fühlen.
Gül ist Lehramtsstudentin im 4. Semester. Sie wird oft mit der Frage konfrontiert, wie sie sich vorstelle, mit dem Kopftuch eine Stelle zu bekommen, da es im Ermessen der Schulleitung liegt, ob eine Lehrerin mit Kopftuch eingestellt wird oder nicht. „Als Lehramtsanwärterin hat mich diese Tatsache nie davon abgehalten, diesen Weg zu beschreiten. Es war nie eine Option, das Kopftuch für meinen Beruf abzulegen.“ Sie hoffen weiterhin, ihren Beruf ausführen zu können.
Meryem ist Lehrerin in einer Gesamtschule in NRW. Die 36-jährige hat die Erfahrung gemacht, dass sich die Schüler eigentlich gar nicht für das Kopftuch interessieren. „Ihnen ist es viel wichtiger, wie man als Lehrkraft oder als Person ist“. Im Gegensatz dazu interessierten sich Eltern und Kollegen viel mehr für mein Kopftuch. Viele zeigten Unverständnis und haben gesagt, dass es ein Rückschritt für sie sei. „Mir wird das Gefühl gegeben, dass ich nicht gut genug bin oder nicht auf Augenhöhe mit ihnen kommunizieren kann“, so Meryem weiter. Es werde zwar nicht immer offen diskriminiert, doch spüre sie es an den Blicken und den unangemessenen Witzen, die geäußert werden, betont die 36-jährige Lehrerin.
Das Kopftuch ändere nichts an ihrer Lehrerpersönlichkeit. „Warum sollte ich meinen Beruf aufgeben? Ich habe so lange dafür gekämpft und gearbeitet.“ Wenn ein Verbot erteilt werden sollte, werde sie schauen, wie sie rechtlich dagegen vorgehen kann.
„Ich denke, ich werde im Lehrerzimmer aufgrund des Kopftuchs Diskriminierungen erfahren, da viele Lehrerinnen es nicht gutheißen werden und ihre Vorurteile äußern werden“, erklärt die 29-jährige Lehrerin und Mutter Betül. Aktuell befindet sie sich in Elternzeit und hat sich in dieser Zeit für das Tragen des Kopftuchs entschieden. Sie ist der Meinung, dass sie am Anfang „schiefe Blicke ertragen muss, sich wieder beweisen muss und ihnen zeige, dass das Kopftuch nichts Schlimmes sei.“ Die zukünftigen Entscheidungen über das Kopftuch werden fortan ihren Alltag bestimmen, da sich viele Fragen werden, „ob ich mein Beruf weiterausleben kann, oder überhaupt noch in der Schule bleiben darf“, erklärt Betül abschließend.
Die Berlinerin Aynur Coşkun arbeitet seit 2003 als Grundschullehrerin. Auf die Frage, wie das trotz Kopftuchverbot funktioniert, erklärt sie, dass sie eine Ausnahme sei, da sie Lehrerin für den islamischen Religionsunterricht ist und dieser Sache der islamischen Religionsgemeinschaften ist. Nichtsdestotrotz kann sie sich an die misstrauischen Blicke am ersten Tag erinnern. „Während des Islamunterrichts haben wir immer die Türen offengelassen und alle anderen Kollegen willkommen geheißen.“ Mittlerweile haben sich Freundschaften entwickelt, weshalb sie sich nicht mehr anders fühlt oder auf das Kopftuch reduziert wird.