Viele Menschen sind am Corona-Virus gestorben. Darunter auch Muslime. Eine zentrale Frage dabei ist: Wie sollen am Corona-Virus verstorbene Muslime bestattet werden. Ein Beitrag von Ilhan Bilgü.
Das Corona-Virus hat das Leben weltweit eingeschränkt. Viele Menschen sind verwirrt und wissen nicht, wie sie sich verhalten sollen, vor allem dann, wenn sich das Virus in einer Epidemie umwandelt und die Todesfälle ansteigen. Weltweit gibt es knapp 500.000 Infizierte und mehr als 22.000 Tote. Darunter auch viele Muslime.
Die Riten nach dem Tod und während der Bestattung werden im Islam als kollektive Pflicht betrachtet. D. h. die muslimische Gemeinschaft hat dafür Sorge zu tragen, dass die Gläubigen angemessen bestattet werden. Dazu gehört die Waschung des Leichnams, der Transport zum Friedhof und die Bestattung in einem nach Mekka ausgerichteten Grab. Doch aufgrund der Corona-Krise und den damit verbundenen Einschränkungen im öffentlichen Leben können viele muslimische Angehörige ihren Verstorbenen kein würdiges Begräbnis bieten.
In der aktuellen Situation gehört es zur Pflicht der Menschen, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, dass sich das Virus ausbreitet. Ein fahrlässiges Verhalten kann dazu führen, das persönliche Recht eines anderen zu verletzen. Anstatt das Virus zu verbergen, müssen daher Vorsichtsmaßnahmen getroffen und eine Behandlung begonnen werden.
Aufgrund der aktuellen Krise und Situation gibt es auch im Hinblick der islamischen Bestattung einige spezielle Ausnahmen. So kann die Frage, ob Bestattungen im Sarg erlaubt sind, aufgrund der aktuellen Corona-Krise mit „ja“ beantwortet werden. Es ist nicht verboten (haram), den Toten mit Sarg zu begraben, jedoch ist das nicht wünschenswert, sondern nur in besonderen Fällen zulässig. So einen Fall durchleben wir gerade.
In den Werken zum islamischen Recht werden diese außerordentliche Umstände beschrieben. Ein solcher Fall ist beispielsweise gegeben, wenn die Bestattung ohne Sarg in einem Land gesetzlich nicht erlaubt ist. Dasselbe gilt, wenn der Verstorbene an einer ansteckenden Krankheit gestorben ist und die Gefahr besteht, dass diese sich ohne Sarg verbreitet. Da die Ausbreitung des Corona-Virus zu mehr Infektionen führen wird, sollten die Entscheidungen und Empfehlungen der zuständigen Behörden und Ärzte befolgt werden. Aufgrund der Ansteckungsgefahr kann auch auf das Einwickeln in das Leichentuch verzichtet werden.
Grundsätzlich gilt, den Verstorbenen nach der Totenwaschung mit dem Leichentuch einzukleiden, das Totengebet zu verrichten und ihn zu bestatten. Es ist nicht statthaft, einen Verstorbenen beizusetzen, ohne vorher das Totengebet verrichtet zu haben. In Ausnahmefällen kann das Gebet von nur einer Person am Grab verrichtet werden.
In Zeiten der Corona-Krise sprechen wir von einer Ausnahmesituation. Jeder Angehörige hält es für seine Pflicht, den letzten Willen des Verstorbenen zu erfüllen. Aber wenn es aufgrund von Flugverboten nicht möglich ist, den Verstorbenen in einem anderen Land zu bestatten, kann man leider seinen letzten Willen nicht erfüllen. In solchen Fällen sollten die Zuständigen vor Ort spezielle Friedhöfe für Muslime bereitstellen.
Diese Frage ist einer der wichtigsten und schwierigsten Fragen. Dass der Verstorbene begraben wird, hat viele Weisheiten, besonders im Hinblick auf Aspekte wie Umweltschutz, Gesundheit, Schutz der Menschenwürde, Erinnerung an den Tod etc. Andere Bestattungsformen, wie etwa die Verbrennung des Leichnams, sind im Islam nicht erlaubt.
Wenn von dem Leichnam eines am Corona-Virus verstorbenen Menschen eine mögliche Ansteckungsgefahr ausgeht, sollten weitergehende Desinfektionsmaßnahmen sowie auch Isolationsmaßnahmen (z. B. mithilfe von Särgen) getroffen werden. So kann der Verstorbene begraben werden.
Wenn allerdings die Gesundheitsministerien der jeweiligen Länder bezüglich der Bestattung dieser Leichen eigene Maßnahmen treffen und eigene Methoden einführen, die den islamischen Bestattungsregeln grundlegend wiedersprechen, kann an dieser Stelle leider nichts unternommen werden.