In Baden-Württemberg wurden im vergangenen Jahr 1600 rechtsextreme Delikte registriert. Aufgeklärt wurde davon nicht einmal die Hälfte.
Die Polizei im Südwesten kann immer mehr rechtsextreme Straftaten aufklären, kann aber jeden zweiten Fall nicht lösen. Das ergeben Zahlen aus dem Innenministerium, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegen. Demnach lag die Aufklärungsquote in dem Bereich im vergangenen Jahr bei 47,6 Prozent. 2018 lag die Quote bei 39,4 Prozent. Die durchschnittliche Aufklärungsquote aller Delikte in der Kriminalstatistik 2019 liegt bei 60,8 Prozent.
Die Polizei verzeichnete im vergangenen Jahr 1596 rechtsextrem motivierte Straftaten. Im Jahr zuvor waren es noch 1451. Dabei handle es sich häufig um sogenannte Propagandadelikte wie Hakenkreuzschmierereien, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Die Kriminalstatistik umfasst grundsätzlich nur die von der Polizei registrierten Verbrechen. Es bleibt eine Dunkelziffer von Taten, die nie bekanntwerden.
Im Jahr 2019 wurden in Baden-Württemberg zehn politisch motivierte Straftaten gegen Asylunterkünfte erfasst. Sieben davon wurden dem rechten Spektrum zugeordnet. Drei konnte man nicht zuordnen.
Unter den rechtsextremen Taten wurden 40 Gewaltdelikte verzeichnet, hier lag die Aufklärungsquote deutlich höher, nämlich bei 77,5 Prozent. „Von herausgehobener Bedeutung ist eine konsequente Ausrichtung auf das gewaltbereite Personenspektrum“, teilt das Innenministerium mit. Oberstes Ziel sei die Verhinderung eines Anschlags in Baden-Württemberg – egal aus welcher Richtung.
Abseits von den Gewaltdelikten handelt es sich nach Angaben eines Sprechers häufig um Straftaten, die auch unabhängig vom politischen Hintergrund niedrige Aufklärungsquoten haben – wie etwa Sachbeschädigungen. Bei Gewaltdelikten gebe es häufig Zeugen oder eine Vorbeziehung zwischen Opfer und Täter, die bei der Aufklärung helfen. Bei Sachbeschädigungen sei das selten der Fall.
Die Steigerung der Aufklärungsquote führt das Innenministerium auf den neuen Fokus der Ermittler auf den Bereich zurück. Die Bekämpfung des Rechtsextremismus werde seit einiger Zeit massiv forciert. Landeskriminalamt und Verfassungsschutz seien personell gestärkt worden. Das Thema Rechtsextremismus sei in den vergangenen Jahren auch mehr in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt und die Anzeigenbereitschaft von Zeugen und Opfern gestiegen.
Der Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Ralf Kusterer, hält die Priorisierung für richtig. „Es ist gut, dass wir in Zeiten wie diesen mit rechtsradikalen Tendenzen stärker vor Ort sind“, sagte er. „Da dürfen wir nicht nachlassen.“ Die Polizei müsse auf jeden Fall versuchen, mit großem Engagement solche Straftaten aufzudecken – allein um den Pauschalvorwurf zu entkräften, auf dem rechten Auge blind zu sein. (dpa/iQ)