Die Corona-Krise stellt Ärzte und Pflegekräfte vor neue Herausforderungen. Schon jetzt sind sie die Helden dieser Krise. IslamiQ hat mit ihnen gesprochen.
Der Corona-Virus ist eine globale Gefahr, die jeden betrifft, unabhängig von ethnischer Herkunft, Hautfarbe, politischer Einstellung und Religion. Die Pandemie führt vor, wie verletzlich Menschen und ihre politischen und gesundheitlichen Systeme sind. Umso mehr gilt heute solidarisches, mitmenschliches Handeln vorzuleben. Daher gilt: zu Hause bleiben und soziale Distanz einhalten, um die Ausbreitung des Virus und den Kollaps des Gesundheitssystem zu verhindern.
Damit es nicht soweit kommt, gehen Ärzte, Krankenschwestern und Pfleger tagtäglich ihrer Tätigkeit nach und vollbringen in dieser schwierigen Zeit heldenhafte Arbeit. IslamiQ sprach mit drei Muslimen, die jeden Tag der Gefahr der Pandemie ausgesetzt sind, um das Wohlergehen aller Menschen zu gewährleisten.
Dr. Mustafa Yoldaş ist Allgemeinmediziner und führt eine Arztpraxis mit zwei weiteren Ärzten. Als Arzt mit türkischem Migrationshintergrund ist er vor allem in der kultursensiblen Familienmedizin ein wichtiger Akteur während der Corona-Pandemie. Für Yoldaş, der ehemaliger Vorsitzender der Schura Hamburg ist, habe die Bundesregierung und jeweiligen Landesregierungen zwar richtige Entscheidungen getroffen, diese aber leider viel zu spät umgesetzt. „Am 11.3.2020 hat die WHO die weltweite Verbreitung von Covid-19 als Pandemie bezeichnet, allerdings habe ich in meiner Praxis erst am 31.03.20 Schutzanzüge und adäquate Masken durch die Kassenärztliche Vereinigung ausgeliefert bekommen“, erklärt Yoldaş auf Anfrage von IslamiQ.
Laut Yoldaş sei die Angst vor dem Tod und die Unkenntnis über das Virus eine große Herausforderung für die Menschen. „Selten ist eine Infektionskrankheit so gefährlich nah an unseren Wohlstand reingedrungen. Es hat sich gezeigt, dass ein Virus auch hellhäutige, reiche Europäer töten kann“, so Yoldaş.
Er selbst sehe die Situation gelassen und habe keine Angst, an dem Virus zu erkranken. Aber selbstverständlich versuche er trotzdem, sich soweit es geht, zu schützen, um die Krankheit nicht weiterzutragen. Dass er keine Angst habe, habe er seinem Glauben zu verdanken. „Wenn es meine Bestimmung ist, an einer Infektion zu sterben, dann werden es auch 10 Professoren, die neben mir stehen, nicht verhindern können.“
Die Quarantäne sieht Yoldaş als eine wichtige Maßnahme, um die Verbreitung des Corona-Virus soweit es geht einzudämmen und den Menschen, die gesundheitlich vorbelastet sind, eine faire Chance zu geben. Jedoch habe die Zeit während der Quarantäne auch seine Tücken. „Es tut einem in der Seele weh zu sehen, wie viele Menschen an den Rand des finanziellen Ruins gelangt sind. Ich beobachte auch viele irrationale Dinge bei Familien, die in dieser streng getakteten Leistungsgesellschaft nicht gewohnt sind, über einen längeren Zeitraum, auf engstem Raum zusammen zu hocken“. Trotzdem sehe er auch viele Gelegenheiten, die bisherige eigene Lebensweise und Prioritäten im Leben zu hinterfragen.
Dr. Houaida Taraji ist eine niedergelassene Frauenärztin. Für sie sei die aktuelle Situation eine Gelegenheit, öfters an Gott und die eigenen Taten zu denken. „Ich genieße die Zeit des Innehaltens und denke viel über Gottes Allmacht nach. Es ist schon vielsagend, dass ein kleiner Virus die ganze Welt in Atem hält“, erzählt Taraji. Daher sei es jetzt wichtiger denn je, die Patientinnen bestmöglich durch die Pandemie zu begleiten. „Ich bin weiterhin für meine Patientinnen da, insbesondere für Schwangere. Auch wir halten uns an die Maßnahmen und Kontaktbeschränkungen. So dürfen werdende Väter leider den Behandlungsraum nicht betreten“, erklärt Dr. Taraji weiter.
Doch viel mehr als die Pandemie selbst, bereite laut Taraji den Menschen die Hilflosigkeit und die soziale Isolation Angst. Sie selbst überwinde diese schwierige Zeit mit Hilfe ihrer Religion. Die Quarantäne sei demnach eine Zeit der Erinnerung an Allah. Sie biete die Gelegenheit, Ballast loszuwerden, inne zu halten, viel zu Beten und sich Gedanken über sich selbst zu machen. Dabei dürfe man jedoch nicht in Hoffnungslosigkeit verfallen. Wichtig sei zudem, sich an die Anweisungen der Regierung zu halten, um sich und anderen bestmöglich vor dem Virus zu schützen.
Aslınur Gürlek ist eine 28-jährige Auszubildende zur Operations-technischen Assistentin. Aktuell arbeitet sie im Krankenhaus und behandelt viele Menschen, die an dem Corona-Virus erkannt sind. Sie ist der Meinung, dass die aktuelle Situation nicht auf die leichte Schulter genommen werden dürfe. Dies solle jedoch nicht dazu führen, dass Menschen in Panik verfallen und denken, dem Virus hilflos ausgesetzt zu sein. Es sei wichtig, objektiv, vorsichtig zu sein und den Virus mit einer gesunden Distanz zu betrachten.
Im Krankenhaus sei sie vielen Herausforderungen ausgesetzt. „Wir müssen leider immer öfter feststellen, dass die wirtschaftlichen Ressourcen für unser Krankenhaus nicht mehr selbstverständlich sind wie bisher. Oft gibt es Lieferengpässe bei Hygieneartikel des OP-Bereiches. Auffallend sei, dass mit der Sicherheit der Angestellten fahrlässig umgegangen werde. Teilweise müsse man verhandeln, welche der Kollegen ausreichende Schutzbekleidung bekommen und welche nicht. Das kann manchmal beunruhigend sein“, erklärt Gürlek gegenüber IslamiQ.
Zudem komme hinzu, dass die Menschen zu schnell in Panik verfallen und dies zu einer angespannten Atmosphäre im Krankenhaus führe. So weigern sich viele Patienten die vorgegebenen Vorschriften einzuhalten, und bringen sich und andere in Gefahr. Sie selbst schätze sich glücklich, nicht zur Risikogruppe zu gehören. „Jedoch trage ich eine Verantwortung gegenüber meinen Mitmenschen. Seit Beginn der Corona-Pandemie pflege ich keinen Kontakt zu meiner Familie oder zu Freunden, um auch diese zu schützen. Es geht viel weniger darum, ob ich mich anstecke, sondern eher darum, nicht als möglicher Träger das Virus zu verbreiten“, so die 28-jährige Auszubildende.
Durch diese schwierige Zeit helfe ihr das Bewusstsein, dass alles, was geschehe, einen bestimmten Grund habe. „Vielleicht ist uns der Grund zurzeit nicht bewusst oder wir nehmen die positiven Resultate nicht wahr, aber ich denke, nichts geschieht ohne Grund“, erklärt sie weiter. Trotzdem sei es wichtig, vor allem in der häuslichen Quarantäne nicht die Nerven zu verlieren und die Ruhe zu bewahren. Wichtig sei zudem, ein kollektives Handeln in den Alltag zu integrieren. „Wenn jeder einzelne sein Bestes gibt, die Verbreitung einzudämmen, dann haben wir es bald geschafft“, so Gürlek abschließend.