In Deutschland hat ein Viertel der Bevölkerung einen Migrationshintergrund. An den Spitzen von Redaktionen sieht das Verhältnis anders aus, wie Journalisten, die sich für Vielfalt einsetzen, beklagen. Sie haben eine Befragung vorgelegt.
Bei den reichweitenstärksten regionalen und überregionalen Medien in Deutschland steht einer Untersuchung zufolge selten ein Chef mit Migrationshintergrund an der Redaktionsspitze. Von 126 befragten Chefredakteuren gaben 8 an, einen Migrationshintergrund zu haben, wie der Zusammenschluss „Neue deutsche Medienmacher*innen“ (NdM) am Montag in Berlin mitteilte. Dieser beklagt eine Homogenität und verweist zum Vergleich darauf, dass in Deutschland jeder Vierte einen Migrationshintergrund habe. Damit ist gemeint, dass eine Person entweder selbst oder mindestens ein Elternteil dieser Person nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren wurde.
Der bundesweite Zusammenschluss hatte die Befragung zum Thema Vielfalt in Redaktionen im vergangenen Jahr durchgeführt.
Weiteres Fazit der quantitativen Erhebung, die zum ersten Mal erfolgte: Medienhäuser wüssten so gut wie nicht, wie homogen ihre Redaktionen überhaupt besetzt seien und kennen demnach nicht den Anteil des Migrationsanteils. Zugleich betonten die Autoren dies: Diversität werde in Redaktionen überwiegend positiv bewertet. Allerdings werde wenig bis nichts dafür getan.
Die Geschäftsführerin der „Neuen deutschen Medienmacher*innen“, Konstantina Vassiliou-Enz, betonte: „Die Mehrheit hat ganz klar eine positive Haltung zum Ziel divers besetzter Redaktionen.“ 63 Prozent hätten positiv geantwortet. Das sei in der Forschung bisher nie so deutlich gewesen. Nur wenige seien gegen divers besetzte Redaktionen.
Vassiliou-Enz betonte: „Vielen deutschen Medien droht, dass sie den Anschluss an die Realität in Deutschland verlieren. Schon heute hat in vielen Großstädten die Mehrheit der eingeschulten Kinder einen
Migrationshintergrund.“
Die Verfasser der Untersuchung empfehlen unter anderem, dass Medienhäuser Strategien entwickeln sollten, um speziell Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Migrationshintergrund zu gewinnen. Zudem sollten sie sich einen Überblick in ihren Redaktionen zum Anteil von Journalisten mit Migrationshintergrund verschaffen. Dann könnten Zielvorgaben formuliert werden.
In 20 Jahren wird laut Experten jeder dritte Mensch in Deutschland ein Zuwanderer sein. In Großstädten werde der Anteil der Migranten auf bis zu 70 Prozent klettern, sagte der Leiter des Forschungsbereiches Migration am bundeseigenen Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Herbert Brücker. Um den Bedarf an Arbeitskräften zu decken, müsse sich Deutschland künftig vielen Nationalitäten öffnen, so der Ökonom. (dpa/iQ)