Während die Islamfeindlichkeit zunimmt, sind religiös motivierte Straftaten rückläufig. Der Anstieg des Rechtsextremismus ist besorgniserregend.
Die politisch motivierte Kriminalität in Deutschland nimmt deutlich zu – allerdings nicht in allen Bereichen. Während von Tätern aus dem rechten Spektrum 2019 mehr Straftaten im Bereich der Islamfeindlichkeit verübt wurden, beobachteten die Sicherheitsbehörden bei den religiös motivierten Taten einen Rückgang um mehr als 27 Prozent. Das geht aus der polizeilichen Kriminalstatistik hervor.
Nach Einschätzung von Innenpolitikern und Experten spiegelt sich hier die starke Polarisierung der vergangenen Jahre wider. Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD), konstatierte am Mittwoch in Berlin bei der Vorstellung der Polizeistatistik zur politisch motivierten Kriminalität ein „aufgeheiztes politisches Klima, was zu Straftaten führt“. Dies sei eine „neue Entwicklung, die mich persönlich mit großer Sorge erfüllt“.
Die Zahl der von der Polizei registrierten politisch motivierten Straftaten stieg 2019 insgesamt um rund 14 Prozent auf rund 41 200 Taten an. Der Anstieg rechtsextremer Delikte sei „Ausdruck der starken politischen Polarisierung in unserem Land“, sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Mathias Middelberg (CDU). Über 22 000 Delikte gingen auf das Konto von Rechtsextremisten – auch die meisten Fälle von Körperverletzung.
Die Zahl der als Islamfeindlichkeit eingestuften Straftaten stieg im gleichen Zeitraum laut Polizeistatistik um 4,4 Prozent auf 950 Delikte.
Um ein Drittel stieg 2019 die Zahl der Angriffe auf Amtsträger und gewählte Abgeordnete. 1674 solcher Straftaten wurden der Polizei im vergangenen Jahr bekannt.
Auf die Frage, ob er einen Zusammenhang zwischen der steigenden Zahl rechter Straftaten und dem Agieren des rechtsnationalen Flügels der AfD sehe, antwortete Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), die Neubewertung dieser Strömung durch den Verfassungsschutz sei „eine fachliche Entscheidung, die für unsere Demokratie hochwirksam war“. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte den Flügel im März als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ eingestuft. Die größte Bedrohung gehe weiterhin vom Rechtsextremismus aus, betonte Seehofer. „Die Saat, die seit Jahren vor allem von der AfD verbreitet wird, geht nun voll auf“, sagte der FDP-Innenpolitiker Benjamin Strasser.
Maier hatte bereits im Vorfeld vor Versuchen von Extremisten gewarnt, die Gesellschaft zu unterwandern. Gerade bei den Demonstrationen gegen die Anti-Corona-Maßnahmen versuchten Rechtsextremisten „in die Gesellschaft vorzudringen“, sagte Maier dem TV-Sender Phoenix.
Mit Blick auf das vergangene Jahr sprach er davon, dass die Demokratie unter Druck stehe und erinnerte an die jüngsten Anschläge. „Was gerade stattfindet, ist auch ein Angriff auf unsere Demokratie und der kommt natürlich von rechts, von Rechtsextremisten“, sagte Maier. (dpa, iQ)