Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) kritisiert die hohe Verhaftungswelle in Myanmar. Erwachsene sowie Kinder werden zu langen Haftstrafen verurteilt.
Menschenrechtler kritisieren Myanmar für die steigende Zahl von Verhaftungen wegen Verstößen gegen Corona-Schutzmaßnahmen. Mindestens 500 Menschen, darunter auch Kinder, seien seit Ende März wegen der Verletzung von Ausgangssperren und anderen Anweisungen zur Bewegungskontrolle zu Haftstrafen zwischen einem Monat und einem Jahr verurteilt worden. Das teilte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) am Donnerstag in Bangkok mit.
Die Gewalt behindere inmitten der Pandemie den Zugang der Bevölkerung zur Gesundheitsversorgung. Auch andere Dienstleistungen seien davon behindert, erklärten die Hilfsorganisationen. Seit Anfang 2019 kommt es immer wieder zu Angriffen, die bereits Zehntausende Menschen in die Flucht getrieben haben. Nach Angaben von HRW leben in Myanmar rund 350 000 Menschen in „gefährlich überfüllten“ Notlagern, wo sie dem Risiko eines Ausbruchs des Coronavirus ausgesetzt sind. Dazu zählen etwa 130 000 Angehörige der muslimischen Minderheit der Rohingya, die anhaltenden Repressionen und Gewalt durch Myanmars Militär ausgesetzt sind.
Die Gefahrenbegrenzung für die öffentliche Gesundheit durch soziales Abstandhalten sei zwar von entscheidender Bedeutung, sagte HRW-Vize-Asien-Direktor Phil Robertson. Aber „Hunderte Menschen in überfüllte, unhygienische Gefängnisse zu werfen, macht das Ziel der Corona-Eindämmung zunichte.“ Die meisten Betroffenen seien wegen „Ungehorsams bei der Befolgung von Anweisungen von Beamten“ zu bis zu sechs Monaten Haft verurteilt worden. Hunderte Verfahren sind laut HRW noch anhängig.
Zu den im März und April in Myanmar erlassenen Corona-Maßnahmen gehören eine 28-tägige Quarantäne für aus dem Ausland eingereiste Personen, eine nächtliche Ausgangssperre sowie ein Versammlungsverbot für mehr als fünf Menschen.
In der Stadt Myawaddy an der Grenze zu Thailand wurden nach HRW- Informationen zwischen 20. April und 6. Mai 330 Personen festgenommen. Im Distrikt Ayeyarwady seien 220 Menschen zu Gefängnisstrafen verurteilt worden. Ende April wurden demnach ein 15-jähriges Mädchen und ein 16-jähriger Junge zu drei Monaten Haft verurteilt, weil sie nach einer Woche die staatliche Quarantäneeinrichtung verlassen hatten. In Mandalay wurden zwölf Personen, darunter zwei Kinder, wegen einer Gebetsveranstaltung in einem Privathaus für drei Monate ins Gefängnis geschickt.
In Rangun wurden Anfang Mai sechs Gewerkschaftler auf Grundlage der Corona-Gesetze wegen eines Protests für bessere Arbeitsbedingungen zu mehrmonatigen Haftstrafen verurteilt, wie HRW weiter berichtet. Dies sei ein Beispiel dafür, dass die Behörden „die Instabilität durch das Coronavirus für eine weitergehende Unterdrückung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit ausnutzen“.
Zuvor forderten die UN Untersuchungen über das brutale Vorgehen des myanmarischen Militärs gegen die Rohingya-Muslime. Luft- und Artillerieangriffe hätten zahlreiche Erwachsene und Kinder getötet und verletzt, kritisierte die UN-Sonderberichterstatterin für Myanmar, Yanghee Lee. Zudem seien Gebäude wie Schulen, Häuser und Tempel zerstört, Verdächtige tagelang festgehalten und gefoltert worden. (KNA, iQ)