IMAM-KOLUMNE

„Die Tat ist zu verachten, nicht der Täter“

In unserer Imam-Kolumne bitten wir Imame zu Papier. In der aktuellen Kolumne schreibt Imam Mücahid Eker über die Gefängnisseelsorge.

07
06
2020
Imam-Kolumne
Imam-Kolumne © bearbeitet by iQ

Manche streiten immer noch darüber, ob der Islam zu Deutschland gehört oder nicht. Währenddessen entstehen immer mehr muslimische Angebote und Dienstleistungen, die jeder einzelne nutzen kann. Eines dieser Angebote ist die muslimische Seelsorge.

Seelsorgerische Tätigkeiten nehmen nach den Lehren des Islams – insbesondere, wenn man das Leben des Propheten Muhammad (s) betrachtet – eine wichtige Rolle ein. Ein Blick in das Leben des Propheten verrät uns, dass der geistige Beistand für Menschen in Not sogar als Gottesdienst und gute Tat verstanden werden kann.

Um eben diesen Beistand für bedürftige Menschen gewährleisten zu können, habe ich mich entschlossen, neben meiner Tätigkeit als Imam auch in der Gefängnisseelsorge aktiv zu werden. Denn an Orten wie Justizvollzugsanstalten, die wir gerne zu vergessen pflegen, warten viele Menschen auf unsere Hilfe. Hilfe, die sie verdienen, denn unsere Überzeugung ist: Die Tat zu verachten, nicht der Täter.

Ich freue mich, ein aktiver Teil des Resozialisierungsprozesses der Inhaftierten sein zu können, der sie auf das neue Leben nach der Haftstrafe vorbereiten soll.

Rolle der Religion in schwierigen Zeiten

Mit mir, dem muslimischen Gefängnisseelsorger, können die Inhaftierten ohne Probleme das Gespräch suchen. Jeder von ihnen hat eine eigene Geschichte, eigene Probleme und Sorgen. Viele von ihnen sind zunächst schon froh, auf ein offenes Ohr zu stoßen, auf einen Menschen, der sie versteht, ihnen zuhört, sie respektiert und aufrichtig versucht, zu helfen. So können sie es vielleicht schaffen, einen Wendepunkt in ihrem Leben zu erreichen, der zu einem guten Ergebnis führen kann.

Auf dem Weg zu diesem Wendepunkt im Leben ist für viele Inhaftierte auch die Religion von großer Bedeutung. Einige manchen sich das erste Mal in ihrem Leben auf eine spirituelle Suche. Andere fragen nach bestimmten Büchern oder dem Koran, den ich ihnen doch bitte mitbringen soll.

Manche Gespräche bestehen darin, dass ich hauptsächlich zuhöre. Andere laufen darauf hinaus, dass ich den Gefangenen das Gebet erkläre. Wiederum manche Gespräche enden in einem tiefsinnigen Austausch über die Bewältigung von Problemen in schwierigen Zeiten und über die Rolle der Religion in diesem Prozess.

Vertrauen der inhaftierten Menschen gewinnen

Ich berate die Inhaftierten und helfe ihnen dabei, in besonderen Zeiten wie zum Beispiel dem Ramadan den Tagesablauf in der Justizvollzugsanstalt zu bewältigen. Alle drei Wochen finden gemeinsame Freitagsgebete statt. Derzeit arbeite ich auch am Projekt eines gemeinsamen Lesekreises. Außerdem versuche ich, den Gefangenen stets die Möglichkeit zu bieten, Anfragen und Wünsche zu äußern, sodass diese bei Notwendigkeit gedeckt werden können.

Um die Insassen mit diesen Projekten und Angeboten erreichen zu können, ist es natürlich erst einmal notwendig, ihr Vertrauen zu gewinnen. Um ihnen wirklich helfen zu können, muss eine professionelle, zugleich aber auch aufrichtige Beziehung zu ihnen aufgebaut werden. Der anfängliche Prozess des Vertrauensgewinns kann je nach Schicksal des jeweiligen Menschen variieren, war bisher jedoch nie ein Problem. Wer zu mir kommt, ist schließlich auch selbst daran interessiert, sein weiteres Leben gut zu bewerkstelligen, um bald wieder ein vollwertiges Mitglied der Gesellschaft zu werden.

„Sie dürfen nicht aufgeben!“

Gefängnisseelsorger sind vor gewisse Herausforderungen gestellt. Die erste ergibt sich daraus, dass man ein eher außergewöhnliches Arbeitsumfeld hat. Zudem können manche Insassen die Hoffnung schon verloren haben. Es gehört zu meinen Aufgaben, den Menschen, die denken, dass sie nichts mehr zu verlieren haben, zum Beispiel vor Augen zu führen, dass sowohl eine vollständige Integration in die Gesellschaft als auch Klarheit mit sich selbst und mit dem eigenen Gewissen möglich ist. Möglichkeiten der Hilfe gibt es viele. Es ist nur wichtig, diese den Menschen im Gefängnis zu zeigen.

Als muslimischer Gefängnisseelsorger bin ich wirklich froh, denjenigen Menschen helfen zu können, die es vielleicht am nötigsten haben. Es ist wichtig, diesen Menschen einen geradlinigen und richtigen Weg aufzuzeigen. Sie bekommen so hoffentlich zu spüren, dass die Gesellschaft und die muslimische Gemeinschaft sie nicht aufgegeben hat und auch nicht aufgeben wird. Nun ist es wichtig, dass sie sich selbst nicht aufgeben. Gemeinsam arbeiten wir daran, das zu verhindern.

Leserkommentare

Nihat Cesur sagt:
Als muslimischer Krankenhausseelsorger habe ich diesen Beitrag mit großem Interesse gelesen. Es ist einsehr wichtiger Dienst für inhaftierte Seelsorge anzubieten, denn jeder Mensch hat eine zweite Chance verdient. Wir müssen den inhaftierten mit Herz und Seele zuhören. Die Reue ist bestimmt bei allen da, und die Vernunft und Geduld wird für die Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Sehr gute Arbeit. Danke Nihat Cesur muslimischer Krankenhausseelsorger und Integrationslotse für Familien mit Behinderung
07.06.20
16:20
Kritika sagt:
L.S. In der Nähe von Freiburg wurden nach einander 2 Frauen von verschiedene islamischen Täter zuerst vergewaltigt, danach ermordet, damit sie nicht mehr gegen ihrem Moslemischen Vergewaltiger und Mörder aussagen können. In diesen und ähnliche Fällen mit schwer kriminellen Muslims verachte ich sowohl die Tat als auch der kriminelle Muslim als auch die islamische Ideologie der in beiden Fällen Syrischen Muslims. Vergewaltiger und Mörder sind in einer zivilisierten Gesellschafft wie die Deutsche verächtliche Kriminelle, egal was Islamische Mufties oder Herr Eker darüber denken. Falls laut Koran oder Scharia Vergewaltiger und Mörder nicht verächtlich sein sollten, sollte ein Muslemischer " Betreuer " keinen Zugang mehr zu solche Muslimische Kriminelle haben. Gruss, Kritika
10.06.20
0:46