Die Justizministerin steht wegen des Fluchtversuchs des Halle-Attentäters und ihrem Umgang mit dem Vorfall in der Kritik. Nun soll sie den Abgeordneten des Landtags Sachsen-Anhalt erklären, wie es zu dem Fluchtversuch kommen konnte.
Gut drei Wochen nach dem Fluchtversuch des Halle-Attentäters will der Landtag Sachsen-Anhalt am Dienstag in einer aktuellen Debatte über den Fall diskutieren. Für die Landesregierung soll dabei Justizministerin Anne-Marie Keding (CDU) sprechen, die wegen des Vorfalls und ihrem Krisenmanagement zuletzt in der Kritik gestanden hatte. Vorige Woche hatte Keding auf Forderungen nach personellen Konsequenzen reagiert und ihren Staatssekretär Hubert Böning durch Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) in den einstweiligen Ruhestand versetzen lassen.
Anfang Juni war bekannt geworden, dass der Halle–Attentäter am Pfingstwochenende während eines Hofgangs zeitweise unbewacht gewesen war und das für einen Fluchtversuch genutzt hatte. Die Ministerin hatte der JVA Halle vorgeworfen, die Sicherheitsbestimmungen zur Unterbringung des Häftlings eigenständig gelockert und den Fluchtversuch damit ermöglicht zu haben. Mehrere Politiker, auch aus Reihen der schwarz-rot-grünen Regierungskoalition, bezweifelten diese Darstellung jedoch.
Die Linke, die das Thema auf die Tagesordnung des Landtags gesetzt hatte, forderte auch nach der Entscheidung über die Personalie Böning eine konsequente Aufarbeitung und weitere personelle Konsequenzen. „Das Aktenstudium zu diesem Fall legt erschreckende Erkenntnisse offen“, teilte die Fraktion mit. Die Kommunikationsstrategie der Ministerin sei „katastrophal“ gewesen. Das Justizministerium habe außerdem monatelang kein Interesse an der Haft des 28-Jährigen gezeigt. Keding hatte eingeräumt, die Umsetzung der Sicherheitsbestimmungen nicht überprüft zu haben.
Neben der Linken hatten vorige Woche vor allem die beiden CDU-Juniorpartner in der Kenia-Koaltion, SPD und Grüne, eine belastbare Aufklärung zum letztlich gescheiterten Ausbruchversuch von „Sachsen-Anhalts Gefangenem Nummer 1“ gefordert. Im Rechtsausschuss, der Keding bereits zu der Sache befragt hatte, hatte die Ministerin unter anderem eine externe Untersuchung angekündigt.
Am 21. Juli soll in Magdeburg der Prozess zum Attentat in Halle starten. Die Bundesanwaltschaft wirft dem angeklagten Sachsen-Anhalter zweifachen Mord und 68-fachen Mordversuch „aus einer antisemitischen, rassistischen und fremdenfeindlichen Gesinnung heraus“ vor. Er soll am 9. Oktober schwer bewaffnet versucht haben, in die gut besuchte Synagoge in Halle einzudringen. Als das misslang, erschoss er zwei Menschen in der Nähe und verletzte mehrere schwer, ehe er festgenommen wurde. (dpa/iQ)