Am 1. Juli jährt sich der rassistische Mord an Marwa El-Sherbini zum elften Mal. Welche Maßnahmen haben die Fraktion in Sachsen mit Bezug auf ihre Ermordung ergriffen? Ein Überblick.
Marwa El-Sherbini wurde vor elf Jahren bei einer Gerichtsverhandlung in Dresden ermordet. Das Motiv des Mörders: Islamhass. El-Sherbini hatte damals einen jungen Mann angezeigt, der sie rassistisch beleidigt hatte. Am 1. Juli 2009 kam es zur Verhandlung. Noch während des Prozesses stach der Täter im Gerichtssaal 16 Mal auf die studierte Pharmazeutin ein. Ihr Ehemann, der ihr zur Hilfe eilen wollte, wurde von einem Polizisten angeschossen, da man ihn fälschlicherweise als Aggressor vermutete. Das alles geschah vor den Augen ihres dreijährigen Sohnes.
Die Tat löste Entsetzen in Deutschland und Proteste in der islamischen Welt aus. Seitdem Mord an Marwa El-Sherbini versammeln sich am 1. Juli eines jeden Jahres Vertreter der Politik, Justiz und Verwaltung und Politik sowie Muslime und andere Religionsgemeinschaften vor dem Landgericht, um Marwas zu gedenken.
Auch elf Jahre nach dieser Tat ist antimuslimischer Rassismus weiterhin Thema in Deutschland. Doch wie wird vor allem in Sachsen mit diesem Thema umgegangen. IslamiQ hat den Landtagsfraktionen Folgendes gefragt:
„Die Ermordung von Marwa El-Sherbini vor nunmehr 11 Jahren hat auch in unserer Fraktion großes Entsetzen ausgelöst. Jede einzelne rassistisch motivierte Straftat in Sachsen, die sich vor und nach dem Mord ereignet haben, sind für uns als SPD Anlass zu großer Sorge“, erklärt Albrecht Pallas, innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag. Dabei liege es nahe, dass die SPD in Dresden mit viel Engagement das Andenken an Marwa El-Sherbini wachhält. „Auf Initiative der Stadtratsfraktionen von SPD, Linken und Grünen wird beispielsweise gerade debattiert, ob der Park am Landgericht künftig nach Marwa El-Sherbini benannt und dort mit einer Gedenktafel an die Tat erinnert wird, betont Pallas weiter.
Mit einem umfassenden Handlungsprogramm möchte die SPD unter ihrer Regierungsverantwortung gegen rechte Ideologien der Ungleichheit und Menschenfeindlichkeit, wie Islamfeindlichkeit oder Antisemitismus, entgegenwirken. Ein weiteres Ziel der SPD-Fraktion sei es, die Arbeit der Sicherheitsbehörden zu verbessern, um Menschen und sensible Einrichtungen vor Übergriffen zu schützen. „Wir wollen erreichen, dass rechtsextreme Bestrebungen frühzeitigen erkannt und Hass- und Gewaltkriminalität konsequent bekämpft werden“, so Pallas.
„Wir müssen Rassismus entschieden entgegentreten“, erklärt Valentin Lippmann, innenpolitische Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Der Mord an Marwa El-Sherbini sei ein schreckliches Ereignis. Nach dem Mord wurden die Gerichte mit Sicherheitsschleusen ausgestattet und die Kontrollen an den Eingängen verstärkt. Damit Marwa nicht in Vergessenheit gerät, erinnere die Stadt Dresden in einer Gedenkwoche mit verschiedenen Veranstaltungen an sie“, so Lippmann. Zudem werden durch das Marwa-El-Sherbini-Stipendium vom Freistaat Sachsen und der Stadt Dresden Studierende gefördert, die sich für Weltoffenheit und Toleranz engagieren.
Um muslimische Einrichtungen besser zu schützen fordere die BÜNDNIS eine schnelle Strafverfolgung und die Erhöhung der Sicherheitsmaßnahmen vor Moscheen. „Wir wollen, dass der Verfolgungsdruck auf die rechte Szene weiter erhöht wird.“
„Der Mord an Marwa El-Sherbini war für die Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag ein zentraler Anlass und ist uns eine bleibende Verpflichtung, uns auf Dauer mit rechter, rassistischer und antimuslimischer Gewalt zu befassen“, erklärte Kerstin Köditz, Abgeordnete für Innenpolitik gegenüber IslamiQ. So konnten drei Betroffene von Tötungsdelikten in Sachsen nachträglich als Todesopfer rechter Gewalt anerkannt werden.
„Als Oppositionsfraktion können wir selbst keine Maßnahmen veranlassen, sondern nur immer wieder auf das Problem hinweisen und daraus Forderungen ableiten“, betont Köditz weiter. DIE LINKE erkundige sich regelmäßig nach rechtsmotivierten Straftaten, die der Polizei bekannt werden, und erhielten dadurch sehr zeitnah auch einen Überblick zu Fällen, die als „islamfeindlich“ eingeordnet werden. „Eine besonders drastische Tat war im September 2016 der Bombenanschlag auf die Fatih-Moschee in Dresden, die zu dem Zeitpunkt nicht durch die Polizei geschützt war.“
Die CDU-Fraktion in Sachsen setze sich „vehement gegen Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus ein“, erklärt der rechtspolitische Sprecher der CDU-Fraktion Martin Modschiedler auf Anfrage von IslamiQ. In entsprechenden Debatten im Landtag und im Rahmen der parlamentarischen Arbeit wende sich die CDU-Fraktion gegen Rechts- und Linksextremismus und werbe für ein gesellschaftliches Miteinander aller gesellschaftlichen Gruppen. „Der Schutz von Kirchen und Religionsgemeinschaften vor Übergriffen stellt eine ständige Aufgabe für die sächsische Polizei dar“, so Martin Modschiedler weiter.
Die CDU-Fraktion setze sich dafür ein, dass die sächsische Polizei über ausreichend Personal und technische Ausstattungen verfügt, um diese Aufgabe umfassend sicherzustellen. „Auch im Bereich der Strafverfolgung setzen wir auf eine konsequente und schnelle Ahndung von Delikten mit antisemitischen, fremdenfeindlichen oder antidemokratischen Hintergründen“, erklärt die CDU-Fraktion abschließend.