"Heute Wieder!"

Aktionswoche macht antimuslimischen Rassismus zum Thema

Rassistische Beleidigungen, Schmierereien an Moscheen. Im Rahmen einer Aktionswoche möchte ein Bündnis auf den steigenden antimuslimischen Rassismus aufmerksam machen.

30
06
2020
Islamfeindlichkeit
Gegen Antimuslimischen Rassismus © Facebook / Claim, bearbeitet by iQ.

Antimuslimisch motivierte Übergriffe ereignen sich mittlerweile jeden Tag in Deutschland. Nicht zuletzt die Anschläge in Hanau und Halle, die Übergriffe auf Muslime und Moschee und tagtäglichenDiskriminierungen im Alltag. Die Öffentlichkeit erfährt hier von kaum etwas.

950 islamfeindliche Straftaten wurden 2019 offiziell erfasst (BMI 2020). Die Dunkelziffer antimuslimischer Hassverbrechen wird von Expert*innen jedoch auf das Achtfache geschätzt. #KeinPlatzFürHass lautet daher der Hashtag der Aktionswoche gegen antimuslimischen Rassismus, die bundesweit rund um den Tag gegen antimuslimischen Rassismus (1. Juli 2020) stattfindet.

Unter der Überschrift „Heute wieder.“ machen in diesem Jahr Politiker*innen und Engagierte zudem online auf die tagtäglich stattfindenden antimuslimischen Übergriffe und Diskriminierungen aufmerksam. „Rassistische Übergriffe sind in Deutschland an der Tagesordnung: ob auf Menschen jüdischen Glaubens, BIPoCs, Sint*ezza und Rom*nja oder Muslim*innen. Seit Jahren werden in Deutschland auch Muslim*innen, Menschen, die als Muslim*innen gelesen werden sowie muslimische Einrichtungen zur Zielscheibe – wie bei dem Attentat vor wenigen Monaten in Hanau“, erklärt CLAIM-Projektleiterin Nina Mühe. Diese Tat stelle nur die Spitze des Eisbergs dar im Vergleich zu dem, was tagtäglich an Herabwürdigung, Diskriminierung und Rassismus geschehe.

Woche gegen antimuslimischen Rassismus

Ziel der Aktionswoche sei es die vielen unbeachteten Fälle von Übergriffen und Diskriminierungen auf Muslime und Moscheen sichtbar zu machen. „Ausgehend von über 600 registrierten Moscheeangriffen im Zeitraum 2014-2019, ist die immer noch mangelnde Sensibilisierung für antimuslimischen Rassismus – sowohl in Behörden als auch in der Gesamtgesellschaft – besorgniserregend“, betont so Yusuf Sarı, Projektkoordinator von Brandeilig.org. Mit Blick auf muslimische Einrichtungen fehlen zum einen effektive und vorbeugende Sicherheitsmaßnahmen und zum anderen sind die Gemeinden nach einem Angriff zumeist auf sich allein gestellt. Die meisten Täter werden nie gefasst und verurteilt. Das ebne den Weg für Wiederholungstäter und setzt ein falsches Signal. „Wichtig ist, dass der Kampf gegen Rassismus jeder Art nicht Aufgabe der von Rassismus Betroffenen sein sollte.“, so Sarı abschließend.

Der Höhepunkt der Aktionswoche gegen antimuslimischen Rassismus ist der Tag gegen antimuslimischen Rassismus am 1. Juli 2020. An diesem Tag jährt sich der Mord an Marwa El-Sherbini, die 2009 während einer Strafverhandlung im Landgericht Dresden aus islamfeindlichen Motiven ermordet wurde.

Aktiv gegen Islamfeindlichkeit vorgehen

Auch die Schura Bremen, die Teil dieser Allianz sei, appelliert an alle Menschen aktiv gegen antimuslimischen Rassismus vorzugehen. „Sinn und Zweck dieses Bündnisses ist zudem, die Öffentlichkeit wachzurütteln, da Alltagsrassismus oftmals einfach untergeht und kaum dokumentiert wird“, sagt Schura Vorsitzender Murat Çelik. Die Schura Bremen fordert insgesamt mehr Aufklärung und härteres Durchgreifen seitens Politik, Justiz und Polizei bei dieser Thematik. Einen ersten Schritt kann die Bremer Landesregierung mit der Berufung eines Beauftragten für antimuslimischen Rassismus und Islamfeindlichkeit machen.

Leserkommentare

Ute Fabel sagt:
Der Islam ist keine Ethnie, sondern stellt als Religion eine Gesinnungsgemeinschaft dar. Es ist gerade das Wesensmerkmal pluralistischer, demokratischer Gesellschaften, Religionen oder Weltanschauungen auch ganz pauschal abzulehnen zu können. Antiislamischen Rassismus gibt es daher ebenso wenig wie Anti-AfD-Rassismus, Anti-Scientology-Rassismus, antiastrologischen oder antimaoistischen Rassismus. Straftaten gegen Muslime werden in Deutschland und Österreich strafrechtlich verfolgt, wären in islamischen Religionsdiktaturen wie Saudi Arabien Andersdenkende als Straftäter betrachtet und wie Raif Badawi ausgepeitscht und inhaftiert werden.
02.07.20
13:33
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel (02.07.2020, 13:33) Rassismus hat nichts damit zu tun, etwas inhaltlich abzulehnen. Etwas abzulehnen-- eine politische Weltanschauung, eine Religion, etc.-- ist völlig okay. Darum geht es bei Rassismus aber nicht. Rassismus wertet den Anderen als Mensch ab und grenzt ihn systematisch aus. Und trifft so ein Verhalten Muslime, dann ist das antiislamischer oder antimuslimischer Rassismus. Und der Hinweis auf die Zustände in Saudi-Arabien macht den Rassismus bei uns nicht weniger schlimm.
02.07.20
22:16
Ute Fabel sagt:
Wolf Biermann beschimpfte im November 2014 bei seiner Rede im Bundestag die anwesenden Abgeordneten der Linkspartei pauschalierend und durch Blickkontakt ganz persönlich als „ den elendige Rest dessen, was zum Glück überwunden ist“ und „Drachenblut“. Die Parlamentarier trugen es mit Fassung und gaben sich keinem Gejammer über vermeintlichen antilinken Rassismus hin. Die Wiener SPÖ grenzt schon seit drei Jahrzehnten systematisch jeden Vertreter der FPÖ systematisch aus und das ist gut so.
03.07.20
16:18