Studie

Zuwanderer kommen beim Thema Migration selten zu Wort

Wie berichten Leitmedien über Menschen mit Einwanderungsgeschichte? Medienforscher Thomas Hestermann geht der Frage in einer Studie über Medien und Migration nach.

08
07
2020
Migration
Symbolbild: Printmedien, Migrationshintergrund, Journalisten © shutterstock

In der Berichterstattung über Migration und Flüchtlinge lassen deutsche Leitmedien laut einer Untersuchung nur selten Migranten und Geflüchtete selbst zu Wort kommen. In gerade einmal 12,3 Prozent der Berichte zum Thema fänden die Gruppen Gehör, zitierte Journalistik-Professor Thomas Hestermann von der Hamburger Hochschule Macromedia am Mittwoch aus der Studie „Die Unsichtbaren„.

Wenn Menschen nichtdeutscher Herkunft in der Debatte vorkämen, seien sie meist Randfiguren. Erfolgsgeschichten bildeten die Ausnahme. Die Hochschule hatte fünf auflagenstarke Zeitungen sowie Hauptnachrichten und Boulevardmagazine der acht reichweitenstärksten Sender zwischen Januar und April 2019 vier Mal jeweils eine Woche lang ausgewertet.

Risiken stehen im Vordergrund

Die Untersuchung von 2019 basiert auf einer Stichprobe von 312 Zeitungs- und 101 Fernsehbeiträgen, insgesamt 413 Beiträgen. Untersucht wurden Beiträge über in Deutschland lebende Eingewanderte und Geflüchtete aus den Hauptnachrichten und Boulevardmagazinen der acht meistgesehenen TV-Sender (ARD, ZDF, RTL, Sat.1, ProSieben, Kabel eins, RTLzwei und Vox) sowie aus dem überregionalen Teil der Bundesausgaben von „Bild“, „Süddeutsche Zeitung“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, „Die Welt“ und „taz“. Die Studie wurde von der Hochschule Macromedia und dem Mediendienst Integration unterstützt. Der Mediendienst ist ein Projekt des Rates für Migration, einem bundesweiten Zusammenschluss von Migrationsforschern.

Nach den Erkenntnissen der Studie spielen in den untersuchten Medien Einwanderer und Geflüchtete besonders oft (25,2 Prozent) eine Rolle, wenn ihnen eine Gewalttat vorgeworfen wird. Die übrige Berichterstattung stelle sehr oft Risiken in den Mittelpunkt (36,4 Prozent), vor allem Gesetzesverstöße, Kosten und Ängste vor „Überfremdung“. Seltener gehe es um Chancen der Zuwanderung (15,1 Prozent), wie Hestermann zu den Studienergebnissen sagte.

Migration und Kriminalität in Zusammenhang

Mehr als 25 Prozent der untersuchten Fernseh- und Zeitungsberichte über Menschen mit Einwanderungsgeschichte handeln von Gewalttaten. In nur 2,9 Prozent der Berichte geht es darum, dass sie selber Opfer von Gewalt werden. Damit hatte Thomas Hestermann festgestellt, dass die Berichterstattung das Thema Ausländerkriminalität extrem verzerrt: Nicht-Deutsche Tatverdächtige würden demnach in Fernsehberichten 19 Mal so häufig erwähnt, wie es ihrem statistischen Anteil entspricht, in Zeitungsberichten sogar 32 Mal so häufig. (dpa, iQ)

Leserkommentare

Ethiker sagt:
Es ist bekannt, das Statistiken mehr über die Erheber als über den wahren Sachverhalt aussagen, Berichte von Opfern und Beisitzern sprechen nicht selten oft eine andere Sprache. Aus Berichten erfährt man, dass Menschen mit Migrationshintergrund absichtlich angegriffen oder angeleitet werden, weil von einer Strafimmunität seitens der Täter aus der Mehrheitsbevölkerung gerechnet wird. Ein weiterer Punkt, der die Statistik nicht wiedergibt, ist die Anzahl der eingestellten Verfahren.Es gibt eine enorme Anzahl von eingestellten Verfahren aufgrund des öffentlichen Interesses, diese juristische Möglichkeit findet bei einem vermeintlichen Täter aus der Nicht-Mehrheitsbevökerung kaum Anwedung. Oftmals werden bei tatsächlichen Tätern aus der Mehrheitsbevölkerung alle möglichen polizeilichen und juristischen Möglichkeiten ausgeschöpft, um den Täter nicht straffällig werden zu lassen. Ganz zum Kontrast zu Menschen aus der Nicht- Mehrheitsbevölkerung, dort wird zum Teil auch ohne hinreichender Beweislage eine Verfahren forciert und angestrebt, Beweise werden sogar teilweise fadenscheinig konstruiert und man ist stets bemüht eine Straffälligkeit zu erreichen. Ein typisches Beispiel unter vielen. "NSU". Diese Praxis ist wachen Menschen aus der Nicht-Mehrheitsbevölkerung ausreichend bekannt. Begründet werden die Vorgänge und Abläufe von der Mehrheitsbevölkerung lapidar mit der Prävention. Tatsächlich wird keine Prävention geschaffen sondern es wird versucht eine für sich passende Realität in Form von Statistiken und Annahmen über Vertreter der Nicht-Mehrheitsbevölkerung zu schaffen. Sie dient letztendlich dem eigenen Interesse und ist Ausdruck von Machtverhältnissen als auch eine willkommene Gelegeneheit eine vermeintliche Einheit unter der Mehrheitsbevölkerung zu schaffen. Eine Grund für solche Vorgänge liegen besonders im rassischen und sozialdarwinistischen und damit auch klassistischen Weltbild. Rassismus ist damit als ein "normal etabliertes" Werkzeug und Mittel Gruppeninteressen der Mehrheitsbevölkerung in der Gesellschaft zu erfüllen.
08.07.20
15:08
Dilaver Çelik sagt:
Bei einer derartigen Berichterstattung ist es nicht verwunderlich, dass die AfD Zulauf hat, Vorurteile bestätigt oder verstärkt werden, Fremdenfeindlichkeit zunimmt usw. usf. Allgemein gesprochen sind 80% der Menschen keine Ahl al-Tahqiq und damit offen für Medienmanipulation. Die Medien - inländische sowie ausländische - geben die Realität selektiv sowie verzerrt wieder. Mit der Zeit entsteht eine Filterblase, hinter welcher der Konsument keinen Durchblick hat. Der Medienkonsum wirkt sich negativ auf den Konsumenten aus. Das hat keinen Mehrwert im Leben des Einzelnen. Man muss sich die Frage stellen, was es einem bringt, sich derartigen Müll reinzuziehen. Was habe ich davon, wenn ich weiß, dass irgendwo auf der Welt ein Banküberfall stattgefunden hat, ein Terroranschlag verübt wurde oder ein Vulkan ausgebrochen ist? Gar nichts! Außer der verzerrten Vorstellung, dass die Welt ein schrecklicher Ort ist. Das wirkt sich negativ auf das Gemüt aus. Sowas sollte sich kein vernünftiger Mensch antun, weil er es sich wert ist. Es ist stattdessen sinnvoller, ein Buch zu lesen, Hobbys nachzugehen oder mit Freunden oder Familie was gemeinsam zu unternehmen. Medien, insbesondere die Nachrichten, gehören boykottiert. Aus Selbstachtung - wohlgemerkt.
08.07.20
15:56