Wie berichten Leitmedien über Menschen mit Einwanderungsgeschichte? Medienforscher Thomas Hestermann geht der Frage in einer Studie über Medien und Migration nach.
In der Berichterstattung über Migration und Flüchtlinge lassen deutsche Leitmedien laut einer Untersuchung nur selten Migranten und Geflüchtete selbst zu Wort kommen. In gerade einmal 12,3 Prozent der Berichte zum Thema fänden die Gruppen Gehör, zitierte Journalistik-Professor Thomas Hestermann von der Hamburger Hochschule Macromedia am Mittwoch aus der Studie „Die Unsichtbaren„.
Wenn Menschen nichtdeutscher Herkunft in der Debatte vorkämen, seien sie meist Randfiguren. Erfolgsgeschichten bildeten die Ausnahme. Die Hochschule hatte fünf auflagenstarke Zeitungen sowie Hauptnachrichten und Boulevardmagazine der acht reichweitenstärksten Sender zwischen Januar und April 2019 vier Mal jeweils eine Woche lang ausgewertet.
Die Untersuchung von 2019 basiert auf einer Stichprobe von 312 Zeitungs- und 101 Fernsehbeiträgen, insgesamt 413 Beiträgen. Untersucht wurden Beiträge über in Deutschland lebende Eingewanderte und Geflüchtete aus den Hauptnachrichten und Boulevardmagazinen der acht meistgesehenen TV-Sender (ARD, ZDF, RTL, Sat.1, ProSieben, Kabel eins, RTLzwei und Vox) sowie aus dem überregionalen Teil der Bundesausgaben von „Bild“, „Süddeutsche Zeitung“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, „Die Welt“ und „taz“. Die Studie wurde von der Hochschule Macromedia und dem Mediendienst Integration unterstützt. Der Mediendienst ist ein Projekt des Rates für Migration, einem bundesweiten Zusammenschluss von Migrationsforschern.
Nach den Erkenntnissen der Studie spielen in den untersuchten Medien Einwanderer und Geflüchtete besonders oft (25,2 Prozent) eine Rolle, wenn ihnen eine Gewalttat vorgeworfen wird. Die übrige Berichterstattung stelle sehr oft Risiken in den Mittelpunkt (36,4 Prozent), vor allem Gesetzesverstöße, Kosten und Ängste vor „Überfremdung“. Seltener gehe es um Chancen der Zuwanderung (15,1 Prozent), wie Hestermann zu den Studienergebnissen sagte.
Mehr als 25 Prozent der untersuchten Fernseh- und Zeitungsberichte über Menschen mit Einwanderungsgeschichte handeln von Gewalttaten. In nur 2,9 Prozent der Berichte geht es darum, dass sie selber Opfer von Gewalt werden. Damit hatte Thomas Hestermann festgestellt, dass die Berichterstattung das Thema Ausländerkriminalität extrem verzerrt: Nicht-Deutsche Tatverdächtige würden demnach in Fernsehberichten 19 Mal so häufig erwähnt, wie es ihrem statistischen Anteil entspricht, in Zeitungsberichten sogar 32 Mal so häufig. (dpa, iQ)