Hamburg

Edeka muss Entschädigung an Schülerin zahlen

Eine Edeka-Filiale in Hamburg lehnte eine muslimische Schülerin aufgrund ihres Kopftuchs ab. Während die Muslimin Schadensersatz erhält, wurde dem Marktleiter die Verantwortung der Filiale entzogen.

10
07
2020
Edeka lehnt muslimische Schülerin ab @shutterstock, bearbeitet by iQ.
Edeka lehnt muslimische Schülerin ab @ shutterstock, bearbeitet by iQ.

Die Edeka-Filiale in Hamburg muss der abgelehnten muslimischen Schülerin Schadensersatz zahlen. Eigentlich wollte sich die 16-jährige Schülerin Miriam J. mit ihren zwei Freundinnen für eine Aushilfsstelle in einem Supermarkt in Hamburg bewerben. Mit der Aushilfsstelle in den Sommerferien wollte sich Miriam ihr Taschengeld aufbessern. Doch dazu kam es erstmal nicht, da der Marktleiter sie aufforderte ihr Kopftuch abzulegen.

Miriam wollte gegen diese Diskriminierung juristisch vorgehen. Wie ihr Anwalt Yalçın Tekinoğlu auf Anfrage von IslamiQ mitteilte, haben sich die Parteien außergerichtlich geeinigt. Der Marktleiter und Edeka haben sich bei Miriam entschuldigt und die geforderte Entschädigung gezahlt. Über die Höhe wurden keine Angaben gemacht. Außerdem wurde dem Marktleiter die Verantwortung für die Filiale in Hamburg entzogen.

„Es freut uns, dass wir mit Edeka in diesem Fall eine außergerichtliche Einigung finden konnten“, sagt Rechtsanwalt Tekinoğlu. Der Fall sei relativ eindeutig gewesen. „Zumal, dass die Betroffene Miriam zwei Freundinnen dabei hatte und die Mitarbeiter vom Edeka hinter ihr standen, machte die Beweislage klar und eindeutig“, so Tekinoğlu weiter. Häufig sei das bei Bewerbungen nicht gegeben und daher schwierig nachzuweisen. „Dieser Fall zeigt, dass man gegenüber Rassismus und Diskriminierung nicht untätig bleiben sollte“, erklärt der Anwalt. Erfahrungsgemäß würden sehr viele Betroffene sich gegen Diskriminierung nicht zur Wehr setzen. „Der Fall habe gezeigt, dass es was bringt. Rassismus darf sich nicht lohnen.“

„Aber nicht in dem Alter, vielleicht mit 26“

„Ich hätte es mir nicht vorstellen, dass ich als 16-jährige Schülerin von einem Geschäftsführer aufgrund meines Kopftuchs fertig gemacht werde“, erklärt Miriam den Tränen nah in ihrem Video. „Aber er hat sich getraut. Das war für mich eine Realitätsklatsche, dass Rassismus existiert.“ Sie sei sich bewusst, dass sie aufgrund ihres Kopftuchs in ihrem späteren Leben diskriminiert werde oder Absagen erhalten werde. „Aber nicht in dem Alter, vielleicht mit 26“. Sie sei öfters diskriminiert worden, aber nie so direkt.

Anwalt Tekinoğlu fügt hinzu, dass sich der Geschäftsführer des Edeka-Konzerns und Marktleiter persönlich bei Miriam entschuldigt hätten. Nähere Angaben zum Inhalt des Gesprächs wollte der Anwalt nicht machen.

„Es ging Miriam nicht darum, Profit aus der Sache zu schlagen“, unterstreicht Tekinoğlu abschließend: „Sie wollte ein Zeichen setzen. Und das ist ihr gelungen!“

Leserkommentare

PETER Vöhringer sagt:
Im Nachhinein, muss ich auch zugeben, dass Sarazzin mit seinem Buch, Deutschland schafft sich ab, nicht Recht hatte, denn es ist noch viel schlimmer gekommen, als er es beschrieben hatte
18.07.20
10:12
PETER vöbringer sagt:
Was das Kopftuch, mit der Religion zu tun haben soll, erschließt sich mir nicht! Wo steht das, dass muslimische Frauen aus religiösen Gründen ein Kopftuch tragen müssen? Im Koran glaube ich, steht das nicht, es hat eher etwas mit Tradition zu tun. Selbstverständlich hat ein Arbeitgeber das Recht, eine Kleiderordnung zu verlangen und das Tragen religiöser Symbole zu verbieten. So geschehen bei Müller Drogeriemarkt, da musste ein Verkäuferin ihre Kette mit Kreuz ablegen, nur mit dem Unterschied, es gab nicht so ein Trara.
18.07.20
10:26
Johannes Disch sagt:
@Jens (15.07.2020, 18:48) Der Islam ist eine Weltreligion und Weltzivilisation, der in seiner Geschichte unterschiedliche Phasen kannte, genauso wie das Christentum. "Den Islam" gibt es nicht. Es gibt viele unterschiedliche Strömungen und viele Möglichkeiten, den Islam auszulegen und zu leben. Der Islamismus ist eine historisch recht junge totalitäre politische Ideologie. Ihn mit "Dem Islam gleichzusetzen ist sachlich falsch und führt nicht weiter, sondern stellt eine ganze Weltreligion und 1,2 Milliarden Gläubige an den Pranger. Gläubige, die ihre Religion überwiegend friedlich interpretieren und auch so praktizieren. Das Kopftuch mit dem Hakenkreuz gleichzusetzen ist gefährlicher Unfug. Das ist genau der Punkt, wo Islamkritik in Islamfeindlichkeit übergeht.
18.07.20
17:10
Klaus sagt:
Warum ist das deskriminierend, wenn jemand sich an bestimmte Kleidungsregeln halten muss. Und was ist rassistisch? Ich darf z.b. nicht kurze Hose in einer Bank tragen.
19.07.20
0:11
Ute Fabel sagt:
@Johannes Disch: „Den Islam gibt es nicht“ So gesehen gibt es auch den Marxismus-Leninismus nicht. Sowohl Stalin als auch Gorbatschow waren Politiker der KPdSU. Genauso wie es in unserer pluralen Gesellschaft legitim ist, den Marxismus-Leninismus trotz großen Facettenreichtums als insgesamt schädlichen Irrweg zu betrachten, braucht auch niemand einen Hehl daraus zu machen, den Islam ganz pauschal für unwahr und gefährlich zu halten. Ich finde es höchst arrogant, immer die Rassismus keule zu schwingen, wenn jemand verständlichen Widerstand gegen geschlechtsspezifischen Bekleidungsdogmatismus leistet und den Koran einfach nicht mag.
19.07.20
7:39
Johannes Disch sagt:
@Cora Sanftleb(18.07.2020, 10:10) -- "Muslime sind keine eigene Rasse..." (Cora Sanftleb) Es ist hier inzwischen zwar ein Hamsterrad, aber: Once again: Es geht bei Rassismus nicht um Rassen. Es gibt keine menschlichen Rassen. In der Anthropologie spricht man von Ethnien. Es geht bei Rassismus um Diskriminierung, Stigmatisierung und Ausgrenzung. Da der biologisch begründetet Rassismus seit dem Dritten Reich diskreditiert ist, verwenden Islamfeinde inzwischen die kulturelle Variante und erklären die Kultur des Islam als inkompatibel (unvereinbar) mit der westlichen Kultur. ("Kulturalismus", "kultureller Rassismus").
19.07.20
12:36
Klaus sagt:
Papier ist geduldig Ich glaube das erst alles wenn die andere Seite dazu ein Stellungnahme abgibt
19.07.20
15:13
Johannes Disch sagt:
@Alexander (17.07.2020, 9:26) Völlig richtig. Das Wort Kopftuch kommt im Koran nicht vor. Das Kopftuch ist eine postkoranische Erfindung erzreaktionärer islamischer Geistlicher, also von Männern.
19.07.20
19:56
Ute Fabel sagt:
@Johannes Disch: „Das Kopftuch ist eine postkoranische Erfindung erzreaktionärer islamischer Geistlicher, also von Männern.“ Der Koran selbst ist eine Erfindung erzreaktionärer islamischer Geistlicher, also von Männern. Sehr deutlich bringt Sure 4:34 frühmittelalterliche Männerphantasien zum Ausdruck: „Die Männer stehen über den Frauen, weil Gott sie von Natur aus vor diesen ausgezeichnet hat und wegen der Ausgaben, die sie von ihrem Vermögen gemacht haben. Und die rechtschaffenen Frauen sind Gott demütig ergeben und geben acht auf das, was den Außenstehenden verborgen ist, weil Gott darauf acht gibt. Und wenn ihr fürchtet, dass Frauen sich auflehnen, dann vermahnt sie, meidet sie im Ehebett und schlagt sie! Wenn sie euch daraufhin wieder gehorchen, dann unternehmt weiter nichts gegen sie! Gott ist erhaben und groß.“
20.07.20
17:02
Johannes Disch sagt:
@Kopftuch am Arbeitsplatz: Betrachten wir einmal beide Blickwinkel, den des Arbeitgebers und den der Arbeitnehmerin. Es ist gelegentlich erhellend, sich in den Standpunkt der anderen Seite zu versetzen. Der Grundkonflikt besteht im Weisungsrecht des Arbeitgbers und dem Grundrecht der Beschäftigten (auf Religionsfreiheit), das diese auch am Arbeitsplatz nicht verliert. Sowohl das GG Art. 3 Satz 3 als auch das AGG verbieten eine Benachteiligung wegen der Religion. Es besteht also ein Zielkonflikt, der in einer "Rechtsgüterabwägung"-- so der Fachbegriff-- in jedem konkreten Einzelfall neu entschieden wird. So sind Urteile des EUGH-- die unter bestimmten Voraussetzungen ein Verbot religiöser und weltanschaulicher Symbole am Arbeitsplatz ermöglichen-- nicht einfach pauschal übertragbar. Es kommt auf die Art der Tätigkeit an und auf das Land (Urteile, die das laizistische Frankreich betreffen, sind nicht pauschal übertragbar auf das säkulare Deutschland). Man sieht, der Teufel steckt im Detail. Im Fall der Drogeriekette "Müller" entschieden deutsche Arbeitsgerichte, dass die Luxemburger Urteile nicht übertragbar sind. Von der Beschäftigten zu verlangen, ihr Kopftuch abzulegen, war Diskriminierung, so das Landesarbeitsgericht.. Das Bundesarbeitsgericht sprach kein Urteil, sondern gab den Fall gleich an den EUGH weiter, dessen Entscheidung noch aussteht. In der Justiz ist die Sachlage inzwischen klar: Bei bestimmten Tätigkeiten kann man Referendarinnen das Kopftuch verbieten. Hier steht die Neutralitätspflicht des Staates höher als das Grundrecht auf Religionsfreiheit. Das ist nachvollziehbar. Klarheit herrscht erbenfalls im Schuldienst. Wo, wenn nicht in der Schule, sollen Menschen Vielfalt lernen?? Das Kopftuch für Lehrerinnen ist erlaubt, sofern es nicht den Schulfrieden stört. Und so ein Fall ist bisher noch nicht vorgekommen. Auch dieses Urteil (des Bundesverfassungsgerichts) ist nachvollziehbar. Das "optische Neutralitätsprinzip", das hier viele als Grund für ein Verbot immer wieder anführen, ist eine Chimäre. Das "optische Neutralitätsprinzip" ist nirgendwo exakt definiert und hat schon gar nicht Verfassungsrang. Das Grundrecht auf Religionsfreiheit hingegen schon. Ich habe als Kunde im Supermarkt keinen Anspruch darauf, über den Glauben einer Beschäftigten zu befinden. Ich habe einzig und allein Anspruch auf eine gute Dienstleistung. Deshalb ist ein Kopftuchverbot im Supermarkt schwer nachvollziehbar. Dasselbe gilt für ein Krankenhaus. Ich habe nicht über den Glauben einer Krankenschwester oder Pflegerin zu befinden. Ich habe nur Anspruch auf gute fachgerechte Behandlung. Deshalb ist ein Kopftuchverbot auch hier nicht nachvollziehbar, es sei denn, es handelt sich um ein konfessionsgebundenes Krankenhaus. Ist es in Wahrheit nicht so, dass das "optische Neutralitätsprinzip" von den Verbotsbefürwortern instrumentalisiert wird, weil sie Musliminnen und ihren Glauben nicht mögen und ihnen deshalb ihre Grundrechte beschneiden wollen??? Kommen wir zur anderen Seite, der Beschäftigten. Ständig fordern wir von den Migranten Integration. Und wo gelingt diese am besten? Genau: Am Arbeitsplatz. 3 Indikatoren sind ausschlaggebend für eine gelingende Integration: a) Sprache b) Arbeit c) Ko0ntakt zur einheimischen Bevölkerung. Am Arbeitsplatz ergänzen sich alle 3 Faktoren automatisch. Es ist also absurd und der Integration abträglich, wenn wir aus ideologischen Gründen Musliminnen die Integration erschweren, weil wir Ihnen wegen eins Kopftuchs einen Arbeitsplatz verweigern.
21.07.20
11:18
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