Die Politik in Thüringen fordert ein zugängliches Archiv zum NSU-Terror. Ein entsprechender Antrag soll in der nächsten Landtagssitzung eingereicht werden.
In Thüringen soll nach dem Willen von Grünen, Linke und SPD ein breit zugängliches Archiv zum rechtsextremen NSU-Terror entstehen. In solch ein Archiv sollten die Akten der beiden abgeschlossenen NSU-Untersuchungsausschüsse im Thüringer Landtag überführt werden, damit weiter mit ihnen gearbeitet werden könne, erklärte die Innenpolitikerin der Grünen-Landtagsfraktion, Madeleine Henfling.
Einen entsprechenen Antrag wolle Rot-Rot-Grün in der nächsten Landtagssitzung einreichen. „Das ist besonders wichtig für die weitere Aufarbeitung und Berichterstattung zum NSU“, betonte Henfling. Auch zwei Jahre nach Verurteilung der Rechtsterroristin Beate Zschäpe wegen zehnfachen Mordes werde deutlicher denn je, dass es kein Ende der Auseinandersetzung und Aufklärung des NSU-Komplexes geben dürfe.
Die Rechtsterroristen Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe waren Ende der 1990er Jahre untergetaucht. Als Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) töteten sie zwischen 2000 und 2007 neun Gewerbetreibende türkischer und griechischer Herkunft sowie eine Polizistin. Außerdem werden sie für zwei Sprengstoffanschläge sowie Raubüberfälle verantwortlich gemacht. Erst im November 2011 flog die Gruppe nach einem Banküberfall in Eisenach auf.
Das Gericht hatte kürzlich sein schriftliches Urteil gegen Zschäpe und vier Mitangeklagte vorgelegt, fast zwei Jahre nach der mündlichen Urteilsverkündung am 11. Juli 2018. Zschäpe war am Ende des mehr als fünfjährigen Mammutverfahrens um die Morde und Anschläge des NSU zu lebenslanger Haft verurteilt worden – auch wenn es keinen Beweis gibt, dass sie selbst an einem der Tatorte war.
In einer schriftlichen Stellungnahme haben die 19 Anwälte der Opfer-Angehörigen das Urteil scharf kritisiert. Sie warfen den Richtern eine „hässliche Gleichgültigkeit“ gegenüber den Nebenklägern vor und beklagten ein „Versagen des Rechtsstaats“. Die Nebenklage-Anwälte kritisierten, dass das Urteil nichts zur Wahrheitsfindung im NSU-Komplex beitrage: „Das Urteil gibt noch nicht einmal das ansatzweise wieder, was durch die Beweisaufnahme ans Licht gebracht wurde. Es hat die Ergebnisse der fünfjährigen Beweisaufnahme bis zur Unkenntlichkeit verkürzt oder dreist verschwiegen.“ (dpa, iQ)