DEUTSCHLAND, DEINE UMMA!

„Für ein friedliches Zusammenleben – ohne Rassismus“

In Deutschland leben mehr als fünf Millionen Muslime. Wie viele kennen Sie? IslamiQ stellt querbeet Menschen vor, die eine Gemeinsamkeit teilen: Sie sind Teil der Umma Deutschlands. Heute Said Rezek.

19
07
2020
Said Rezek
Said Rezek © Privat, bearbeitet by iQ.

Said Rezek (33) aus Essen ist Politikwissenschaftler, Blogger und freier Journalist.  Er schreibt inbesondere über Medien, Muslime, Migration und Rassismus – unter anderem für die „taz“, den „NDR“ und „MIGAZIN“.  Außerdem bietet er bundesweit Blogger-Workshops gegen Rassismus und für mehr Vielfalt in sozialen Netzwerken an. Er ist verheiratet und zweifacher Vater. Seine Ehefrau ist Pädagogin im Kindergarten.

IslamiQ: Sie arbeiten in der Medienbranche. Welche Themen behandeln Sie und was möchten Sie damit erreichen?

Said Rezek: Ich berichte über Rassismus, Medien, Muslime und Migration. Mein Ziel ist es, über Themen zu informieren, die sonst zu wenig Aufmerksamkeit erfahren oder über die teilweise nicht differenziert genug berichtet wird.

IslamiQ: Wie ist die Resonanz auf Ihre Arbeit?

Rezek: Die Resonanz ist geteilt. Meine Themen provozieren gerade die Anhänger im rechten politischen Spektrum, sodass ich regelmäßig von Hasskommentaren betroffen bin. Auf der anderen Seite erhalte ich auch viel positives Feedback. Menschen bestärken mich, weiter zu berichten, weil ihnen die Auswahl meiner Themen gefällt und die Art und Weise, wie ich darüber schreibe.

IslamiQ: Welche Hobbies haben Sie, wie gestalten Sie ihre Freizeit am liebsten?

Rezek: Ich verbringe viel Zeit mit meiner Familie. Wir gehen gerne in die Natur und sind in den Ferien am liebsten am Strand.

IslamiQ: Lieblingsbuch? Lieblingsfilm?

Rezek: Mein Lieblingsbuch ist Goethes „Faust“, mein Lieblingsfilm „Good will hunting“.

IslamiQ: Was bedeutet Familie für Sie?

Rezek: Schwierig, das in Wort zu fassen. Um es kurz zu machen: Familie ist für mich das Wichtigste und bedeutet alles für mich.

IslamiQ: Der schönste Moment in Ihrem Berufsleben?

Rezek: Als Journalist und Blogger ist es immer schön, wenn ich viele Menschen mit meinen Artikeln erreiche. Ein Beispiel: Als der AfD-Fraktionsvorsitzende in einer Rede die Verbrechen der Nationalsozialisten relativierte, reagierte ich mit einem öffentlichen Facebook-Post und verurteilte Gaulands Gedankengut. Mein offener Brief ging im Netz viral: Allein auf Facebook wurde er über meine persönliche Seite 3.000 Mal gelikt und mehr als 1.200 Mal geteilt.

IslamiQ: Wie würden Ihre Freunde Sie beschreiben?

Rezek: Das müssten Sie meine Freunde fragen.

IslamiQ: Ihr Lebensmotto?

Rezek: Nutze den Tag.

IslamiQ: Können Sie sich an eine Situation erinnern, in der Sie erstmals mit der Identitätsfrage konfrontiert waren?

Rezek: Als ich mit 15 Jahren die deutsche Staatsangehörigkeit beantragte, sagte mir die Mitarbeiterin in der Ausländerbehörde: „Bald sind Sie Deutscher, dann dürfen Sie keine Frauen mehr schlagen“. Das war meine erste bewusste Diskriminierungserfahrung. Damals war ich perplex.

IslamiQ: Was ist Ihr größtes Ziel in diesem Leben und was tun Sie um dieses Ziel zu erreichen?

Rezek: Mein größtes Ziel besteht darin, einen Beitrag für ein friedliches Zusammenleben zu leisten. Auf dem Weg dahin setze ich mich für eine stärkere Ächtung von Rassismus ein, indem ich regelmäßig über die Gefahren von Rassismus berichte. In meinen Blogger-Workshops gegen Rassismus befähige ich außerdem die Teilnehmer sich ebenfalls dagegen einzusetzen.

IslamiQ: Was wünschen Sie sich für die Zukunft? Für sich selbst, für Ihre Familie, für alle Muslime in Deutschland.

Rezek: Mein größtes Ziel ist ein friedliches Zusammenleben in einer vielfältigen und demokratischen Gesellschaft für alle.

IslamiQ: Was muss passieren, damit Muslime hier als selbstverständlicher Teil Deutschlands angesehen werden?

Rezek: Wir müssen aufhören uns die Frage zu stellen, ob Muslime oder der Islam nun zu Deutschland gehören oder nicht. Wenn wir in der gesellschaftlichen Debatte aufhören, die Zugehörigkeit der Muslime infrage zu stellen, dann gehören die Muslime auch selbstverständlich dazu.

Leserkommentare

Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel (22.07.2020, 19:04) Einen 15jährigen mit einer Koransure zu konfrontieren, das ist absurd. Der Mann ha einfach nur unüberlegt daher geplappert. Was Herrn Rezek als 15jährigem passiert ist, das war rassistisch. Kein Muslim muss sich rechtfertigen, für das, was im Koran steht. Entscheidend ist das konkrete Verhalten der Gläubigen.
01.08.20
11:25
Johannes Disch sagt:
@Zur Sure 4,34... ... die angeblich gestattet, Frauen zu schlagen. Es ist erstens eine Frage der Übersetzung. Es geht um das Verb "dharb", das auch "schlagen§ bedeuten kann, aber nicht zwingend muss. Eine andere-- heute weithin akzeptierte Übersetzung lautet "aus dem Zimmer weisen." Und schon haben wir einen völlig anderen Kontext. Natürlich kann sich kein Muslim auf die Religionsfreiheit berufen, wenn er aufgrund der Sure 4,34 seine Frau schlägt. Hier hat dann Art. 2 GG Vorrang (das Recht auf körperliche Unversehrtheit). Aber Muslimen zu unterstellen, sie würden aufgrund Sure 4,34 ihre Frau schlagen, das ist rassistisch. Es bedient das Klischee des angeblich gewalttätigen muslimischen Macho. Und er ist gewalttätig, weil ihm das der Koran empfiehlt. Das ist keine Islamkritik, sondern Rassismus in Reinkultur. Das ist genau die banale Lesart, die Fundamentalisten an den Koran anlegeb. Insofern hat die Islamwissenschaftlerin Katajun Armipur völlig recht, wenn sie von einem "fatalen Gleichklang der Terroristen und der Kritiker" spricht.
02.08.20
10:08
Ute Fabel sagt:
@Johannes Disch: „Kein Muslim muss sich rechtfertigen, für das, was im Koran steht.“ Doch! Genauso, wie ein Anhänger der Scientology-Kirche aus gutem Grund dazu aufgefordert werden kann, sich für die Lehren von Lehre L. Ron Hubbard oder ein Mormone für das Buch des Mormon des Propheten Joseph Smith zu rechtfertigen. Ich konfrontiere auch Christen, die mir weismachen wollen, Jesus sei der Inbegriff der unterschiedslosen Nächstenliebe und Barmherzigkeit allen Menschen gegenüber gewesen regelmäßig mit dem Jesus-Zitat im Markusevangelium 16:16: „Wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden“
03.08.20
19:24
charley sagt:
@ Johannes Disch: Sich für den Koran rechtfertigen zu müssen, ist absurd. Dazu müsste man ein Rechts- und Islamgelehrter sein. Etwas anderes ist es, jemanden zu fragen, wie er sich individuell dazu stellt, dass "ich" aus dem Islam "folgendes" kenne..... Da frage ich ihn nach seiner individuellen Selbstbestimmung, die durchaus schwanken kann zwischen dem Eingebundensein in die islamischen Kulturwerte / Folklore und in diejenigen, die hier in Mitteleuropa "Konsenz" sind (und da klaffen manche Abgründe auf!). (M)ein Hauptproblem ist dasjenige, was dann als Arroganz, Herablassenheit, als eingebildetes Überlegenheitsgefühl einem entgegen schlägt, weil "man" ja schon die "wahre" Religion gefunden habe gegenüber dem "Ungläubigen", der einem gegenüber steht. Jemanden, der sich also - und sei es "nur" gefühlt (was vllt. sogar viel massiver wirkt, als wenn es bewusst wäre) - mit der islamischen Folklore/Ideologie identifiziert, dürfte man sehr wohl fragen nach seinem Verständnis z.B. von Apostasie im Islam und inwiefern diese in Europa anzuwenden sei oder Gültigkeit habe! Ganz praktisch bedeutet es ja auch für einenMoslem, dass er ggf. sich von Familie und jeglichem sozialem Zusammenhang verabschieden muss, wenn er mit dem Islam brechen will. Islamiq dürfte dazu ja mal Interviews starten in Frauenhäusern, wohin sich moslemische Frauen geflüchtet haben. Für jeden, der sich dafür interessiert, empfehle ich die Forschungen und Schriften zur Apostasie von Prof. Dr. Christiane Schirrmacher. Aber google gibt dafür auch vielfältige Informationen.
22.08.20
12:32
Johannes Disch sagt:
@Charley (22.08.20, 12:32) Danke für die interessanten Infos und den Literaturtipp (Schirrmacher). Mir ist das Problem der Apostasie im Islam schon bewusst. Und auch der Dünkel, zu glauben, man hätte die einzig wahre Religion. Das sind Standpunkte, die mit den Werten des Westens nicht vereinbar sind, wie ich in früheren Beiträgen schon öfters ausgeführt habe. Was diese Dinge betrifft, da bin ich vollkommen ihrer Meinung. Ich finde es nur absurd, einen 15Jährigen mit Koransuren zu konfrontieren und ihm aufgrund einer gewissen Sure zu unterstellen, er würde Frauen schlagen.
23.08.20
11:43
Ute Fabel sagt:
@Johannes Disch "Was Herrn Rezek als 15jährigem passiert ist, das war rassistisch." Ich erinnere mich an Folgendes noch sehr genau: Der frühere FPÖ-Chef Haider hat im Jahr 1991 gesagt, dass im Dritten Reich eine ordentliche Beschäftigungspolitik gemacht wurde. Daraufhin habe ich mehrere damals noch unter 18-jährige bekennende Anhänger der rechtspopulistischen FPÖ gefragt, ob sie sich denn auch mit der Beschäftigungspolitik unter Hitler identifizieren. War das damals Anti-FPÖ-Rassismus? Genauso legitim ist es, einen bekennenden Moslems die Gretchenfrage zu stellten, wie es denn mit den im Koran überlieferten Botschaften zu Frauen oder auch zu "Ungläubigen" hält.
26.08.20
13:22
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel (26.08.2020, 13:22) Herr Rezek ist ja nicht zu gewissen Koransuren befragt worden. Man hat ihm einfach unterstellt, er würde Frauen schlagen, weil er Muslim ist. Das ist ein entscheidender Unterschied. Und diese Unterstellung war rassistisch und diskriminierend.
27.08.20
8:42
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