Thilo Sarrazin

SPD bestätigt Parteiausschluss von Sarrazin

Das oberste Schiedsgericht der SPD hat nach mehrstündigen mündlichen Verhandlungen den Parteiausschluss des früheren Berliner Finanzsenators Thilo Sarrazin bestätigt.

03
08
2020
Thilo Sarrazin
Thilo Sarrazin © by az1172 auf flickr.com (CC BY-SA 2.0), bearbeitet islamiQ

Das oberste Schiedsgericht der SPD hat den Parteiausschluss des früheren Berliner Finanzsenators Thilo Sarrazin bestätigt. Nach einer mehrstündigen mündlichen Verhandlung wies die Bundesschiedskommission die Berufung Sarrazins gegen eine Entscheidung der Berliner Landeskommission am Freitag zurück, wie die SPD mitteilte. Damit sei der Parteiausschluss wirksam und Sarrazin nicht mehr Mitglied.

Sarrazin will juristisch vorgehen

Sarrazin hatte bereits zuvor angekündigt, gegen die Entscheidung juristisch vorgehen zu wollen. Der SPD-Parteivorstand hatte 2019 ein erneutes Ausschlussverfahren eingeleitet, nachdem der Autor mit seinem Buch „Feindliche Übernahme“ wieder einmal für Aufsehen gesorgt hatte.

Die Schiedskommission kam den Angaben zufolge nun zu dem Schluss, dass in dem Buch erhobene Forderungen wie die Rückführung von Menschen ohne Aufenthaltsstatus mit militärischen Mitteln mit den Menschenrechten unvereinbar seien. Zudem spreche der ehemalige Berliner Finanzsenator Muslimen den gleichen Wert und die gleiche Würde ab. Bliebe der Autor Mitglied der SPD, entstünde nach außen der Eindruck, die Partei böte auch Mitgliedern mit Auffassungen im rechtspopulistischen Spektrum Raum.

Stoppschild für antimuslimischen Rassismus

Seit mehr als zehn Jahren versuchte die Partei, ihr umstrittenes und ungeliebtes Mitglied Thilo Sarrazin loszuwerden – mit Erfolg. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil hatte soweit die Entscheidung der Berliner Landesschiedskommission zum Parteiausschluss von Thilo Sarrazin begrüßt. „Die SPD steht für Zusammenhalt. Jemand, der spaltet, jemand, der gegen Minderheiten hetzt, für den ist kein Platz in der Partei“, sagte Klingbeil am Freitag in Berlin. „Jemand, der antimuslimische Thesen, jemand der rassistische Thesen vertritt, der braucht ein klares Stoppschild.“

Die SPD-Spitze hatte schon 2009/10 und 2011 versucht, Sarrazin loszuwerden. Damals saß er im Vorstand der Bundesbank und sorgte mit Interviews zur Einwanderung für Empörung. Mit Blick auf muslimische Zuwanderer sprach Sarrazin von Menschen, „die ständig neue Kopftuchmädchen produzieren“. Dann erreichte er mit seinem ersten Buch „Deutschland schafft sich ab“ eine Millionenauflage und musste die Bundesbank verlassen. Die SPD-Führung empfand seine Thesen zur Einwanderung und zum Islam als parteischädigend – setzte sich damit aber nicht durch.

2018 veröffentlichte Sarrazin das Buch von der vermeintlichen „Feindlichen Übernahme“ durch den Islam. Er schrieb, die „religiös gefärbte kulturelle Andersartigkeit der Mehrheit der Muslime“ und deren steigende Geburtenzahlen gefährdeten die offene Gesellschaft, Demokratie und den Wohlstand in Deutschland. Integration sei somit kaum möglich. (KNA/iQ)

Leserkommentare

Dilaver Çelik sagt:
Ob es dem Herrn Sarrazin passt oder nicht. Oder ob er sich bestätigt sieht oder nicht: Wir werden weiterhin Kopftuchmädchen produzieren, welche sich akademisch bilden, sozial engagieren, in die Politik gehen, u.a. im Fitnessstudio oder Schwimmbad sportlich aktiv sind, als Poetry Slammer Gesellschaftskritik üben, auf der Richterbank sitzen und deutsches Recht sprechen, als Staatsanwältinnen asozialen Menschen die Leviten lesen, als Rechtsanwältinnen Opfer des Unrechts verteidigen, im Labor forschen, in Betriebsräten sitzen, leitende Positionen übernehmen oder sich sonst wie selbstbewusst gesellschaftlich einbringen und sich von Sarrazins und Konsorten nichts sagen lassen. Die Zeiten haben sich nämlich geändert. Die Generation Z ist im Anmarsch. Wem das nicht passt, der ist selber schuld und niemand sonst.
03.08.20
13:51
Johannes Disch sagt:
Die SPD tut sich mit dieser Entscheidung keinen Gefallen. Sie bringt Sarrazin damit nur in die Opferrolle. Man kann Sarrazins holzschnittartige Sicht des Islam mit guten Argumenten kritisieren. Und bei einigen Formulierungen hat er sich echt vergriffen ("Kopftuchmädchen", die angeblich genetisch bedingte Minderintelligenz von Muslimen, etc.). Aber er hat immer wieder betont, dass er nichts gegen Muslime hat, die sich an unsere Grundwerte halten. Mit dem Ausschluss macht es sich die SPD zu einfach. Sie hätte sich besser fragen sollen, warum Sarrazin auf solche Resonanz stösst? Warum viele Wähler das Gefühl haben, die SPD vernachlässige das Thema innere Sicherheit? Sarrazins Vorschläge mögen nicht unproblematisch sein (Rückführung abgelehnter Flüchtlinge mit militärischen Mitteln). Aber er legt hier den Finger in eine Wunde. Warum fällt es Deutschland so schwer, abgelehnte und illegale Flüchtlinge wieder loszuwerden? Warum schaffen wir es nicht, Einwanderung zu steuern und zu kontrollieren? Richtige und wichtige Fragen, die Sarrazin stellt. Und diese Fragen stellen sich inzwischen auch viele Bürger, die mit Rechtsextremismus nichts am Hut haben. Besser wäre es gewesen, die SPD hätte sich mit Sarrazins Thesen auseinander gesetzt.
04.08.20
8:08
Vera von Praunheim sagt:
Die (islamische) Generation Z ist im Anmarsch, steht hier als Leserkommentar. Und...""wir werden weiterhin Kopftuchmädchen produzieren, welche...in die Politik gehen...Gesellschaftskritik üben, auf der Richterbank sitzen und deutsches Recht sprechen, als Staatsanwältinnen...als Rechtsanwältinnen" usw. Dürfen wir uns uns auf islamisierte bzw. islamische Scharia-Gesetzgebung.zukünftig freuen? "Die Zeiten haben sich nämlich geändert. Die Generation Z ist im Anmarsch." Was für eine himmlische Islam-Anmarsch-Verheißung. Ich bin hin und weg. Es lebe der Islam.
04.08.20
16:36
Johannes Disch sagt:
@Dilaver (03.08.2020, 13:51 In einem Punkt irren Sie sich: Frauen mit Kopftuch werden nicht auf deutschen Richterbänken sitzen und nicht Recht sprechen. Das Kopftuchverbot für Juristinnen ist amtlich und von deutschen Gerichten als verfassungskonform bestätigt.
05.08.20
18:21
Dilaver Çelik sagt:
"Das Kopftuchverbot für Juristinnen ist amtlich und von deutschen Gerichten als verfassungskonform bestätigt." Das ist lediglich dem gegenwärtigen Zeitgeist geschuldet. Das wird sich irgendwann noch ändern, wenn andere Richter aus den nachfolgenden Generationen im Bundesverfassungsgericht sitzen. Die Islamverbände arbeiten heute schon daran und werden nicht locker lassen. Versprochen.
08.08.20
19:57
Johannes Disch sagt:
@Dilaver (08.08.20, 19:57) Mit dem Konjunktiv lässt sich nicht seriös argumentieren. Wie heißt das bekannte Bonmot? Prognosen sind schwierig. Vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen. Entscheidend ist das Hier und Jetzt. Und da ist die Rechtslage eindeutig. Auf der Richterbank ist das Kopftuch verboten.
13.08.20
17:51