Vor Libyen sterben erneut Flüchtlinge im Meer. Das Thema Seenotrettung sei dringend, appellieren Helfer und Religionsgemeinschaften in Deutschland.
Das Rettungsschiff „Sea-Watch 4“ hat bei seiner ersten Fahrt im Mittelmeer in kurzer Zeit mehr als 200 Flüchtlinge vor Libyen an Bord genommen. „Wir haben einen sicheren Hafen für die Menschen in Italien und Malta angefragt“, sagte Sea-Watch-Sprecherin Mattea Weihe am Montag. Noch gebe es keine Rückmeldung. Die unter anderem von der Evangelischen Kirche in Deutschland mit auf den Weg gebrachte „Sea-Watch 4“ hatte am 15. August den Hafen von Burriana in Spanien für ihre erste Mission verlassen.
Unterdessen bargen libysche Helfer von der Organisation Roter Halbmond am Montag 22 Leichen vor der Küste des nordafrikanischen Bürgerkriegslandes. „Ein weiterer schrecklicher Anblick“, kommentierte die Sprecherin der Internationalen Organisation für Migration (IOM), Safa Msehli, auf Twitter. Im zentralen Mittelmeer seien damit in diesem Jahr mehr als 350 Menschen gestorben. Msehli machte mangelnde europäische Unterstützung bei der Suche und Rettung sowie Regularien, die den Hilfsorganisationen auferlegt wurden, für Tote mitverantwortlich.
Im Januar hatte der Verein United4Rescue den Kauf der „Sea-Watch 4“ ermöglicht. Das Bündnis vereint nach eigenen Angaben mehr als 550 große und kleine Organisationen und Unternehmen. Dazu gehören auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), World Vision Deutschland und islamische Organisationen und Religionsgemeinschaften. Darunter auch die Islamische Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG).
Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm zeigte sich erfreut über die erste Mission der Sea-Watch-4. „Europa soll sehen, dass die Politik des Wegsehens nicht mehr tatenlos hingenommen wird. Der Einsatz des Schiffes ist beides: eine humanitäre Hilfsmaßnahme, aber auch ein politisches Zeichen dafür, dass wir uns weiter einmischen werden“, so der EKD-Ratsvorsitzende.
„Wir sind zutiefst irritiert und beschämt über die Zustände in den griechischen und italienischen Flüchtlingslagern“, erklärt Bekir Altaş, IGMG-Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) in einer Pressemitteilung zur aktuellen Flüchtlingspolitik. Bilder, die sie aus italienischen und griechischen Flüchtlingslagern erreichen würden, seien „zutiefst verstörend und beschämend“. „Frauen, Kinder, ältere und kranke Menschen werden faktisch gefangen gehalten. Die schlechten hygienischen Lebensumstände öffnen Infektionen Tür und Tor. Die Lager sind bereits mehrfach überfüllt und fast täglich kommen neue Geflüchtete hinzu“, so Bekir Altaş weiter.
Es sei schwer vorstellbar, dass die Lager auf europäischem Boden seien und die EU-Gemeinschaft tatenlos zusehe. Das Ringen um eine europäische Lösung dauere nun schon seit Jahren an und es sei kein Ende abzusehen. Mithin sei auch kein Ende des Leids in den Flüchtlingslagern in Sicht. Deshalb appelliere die IGMG an alle Regierungen in Europa, nicht weiter auf eine gesamteuropäische Lösung zu warten, und mit gutem Beispiel voranzugehen. (dpa, iQ)