Die „Christchurch Attacks“ bedeuteten für Neuseeland das Ende einer Idylle. Am zweiten Tag der Anhörung erzählt ein Angehöriger, wie er die grausame Tat unwissentlich auf Facebook mitverfolgt hatte.
Ein Angehöriger eines Opfers des Anschlags auf zwei Moscheen im neuseeländischen Christchurch mit 51 Toten hat unwissentlich Videoaufnahmen des grausamen Massakers im Internet angesehen. „Diese Bilder werden mich für den Rest meines Lebens verfolgen“, sagte Kyron Gosse am Dienstag vor einem Gericht in Christchurch. Seine Tante Linda Armstrong war eines von sieben Todesopfern im Linwood Islamic Centre – dem zweiten Tatort.
Am zweiten Tag der Anhörung von Betroffenen sollten 26 Überlebende des Anschlags sowie Angehörige von Opfern Erklärungen vor Gericht verlesen. Insgesamt hatten mehr als 60 Menschen angekündigt, den Richter, aber auch den Täter adressieren zu wollen.
Der 29-Jährige Rechtsextremist aus Australien hatte am 15. März 2019 muslimische Gläubige attackiert und 51 Menschen getötet. 50 weitere wurden verletzt. Große Teile der Tat übertrug er per Helmkamera über Facebook live im Internet. Zuvor hatte er ein Manifest mit rassistischen und rechtsextremen Parolen per E-Mail verschickt und ins Netz gestellt.
„Die Zerstörung, die er auf seinem Weg hinterlassen hat, war so brutal“, dass es fünf Tage gedauert habe, bis seine Tante identifiziert werden konnte, betonte Gosse. Er bat Richter Cameron Mander sicherzustellen, dass der Attentäter nie wieder einen Menschen verletzen könne. Voraussichtlich am Donnerstag soll das Urteil verkündet werden. Dem Angeklagten droht eine lebenslange Haftstrafe ohne Möglichkeit auf vorzeitige Entlassung.
Die Anhörungen am Dienstag waren extrem emotional. Einige Betroffene brachen in Tränen aus und mussten sich sammeln, um ihre Erklärungen fortsetzen zu können. Der Angeklagte zeigte sich die meiste Zeit ohne jede Emotion. Seine Bluttat gilt als das verheerendste Gewaltverbrechen in der jüngeren Geschichte des Pazifikstaates.
Mirwais Waziri, der bei dem Massaker verwundet worden war, dankte dem Rechtsextremisten dafür, dass er der Welt gezeigt habe, „dass Terroristen keine Religion, Rasse oder Farbe haben“. Früher sei er selbst als „Terrorist“ betitelt worden, weil er aus Afghanistan stamme. „Diese Bezeichnung bin ich dank Dir los“, sagte er unter dem Applaus der Anwesenden.
Auch die Witwe von Naeem Rashid sprach den Täter direkt an. Ihr Mann war einer der Helden an jenem blutigen Freitag: Er hatte sich dem Attentäter in den Weg gestellt und kurzzeitig auf ein Knie gezwungen, bevor er selbst im Kugelhagel starb. Dank seines Mutes gewannen einige Moscheebesucher wichtige Zeit, die ihnen das Leben rettete. „Du bist der größte Verlierer“, sagte Ambreen Naeem an den Attentäter gewandt. (dpa/iQ)