Kopftuchverbot

CDU verlangt nach Entscheidung im Kopftuchstreit Konsequenzen

Das Bundesarbeitsgericht hatte am Donnerstag das Kopftuchverbot für Lehrerinnen gekippt. Die Berliner CDU hat nach der Gerichtsentscheidung nun Konsequenzen gefordert.

31
08
2020
Symbolbild: Lehrerin mit Kopftuch in der Schule, CDU © Shutterstock, bearbeitet by iQ.
Symbolbild: Lehrerin mit Kopftuch © Shutterstock, bearbeitet by iQ.

Die Berliner CDU hat nach der Gerichtsentscheidung zum Kopftuchverbot Konsequenzen gefordert. Der rot-rot-grüne Senat müsse noch in diesem Jahr ein Neutralitätsgesetz vorlegen, das rechtssicher sei, erklärte der stellvertretende Vorsitzende der Berliner CDU, Falko Liecke, am Freitag. Zuvor hatte das Bundesarbeitsgericht entschieden, das in dem Gesetz verankerte pauschale Kopftuchverbot für Lehrerinnen verstoße gegen die Verfassung.

Seit mehr als 20 Jahren wird an deutschen Gerichten über das Kopftuch gestritten. Mit Spannung wurde daher die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts erwartet.

Muslimin wegen ihrer Religion diskriminiert

Das Gericht wies am Donnerstag die Revision des Landes Berlin gegen ein Urteil des Landesarbeitsgerichts zurück. Dieses hatte einer muslimischen Lehrerin im November 2018 rund 5159 Euro Entschädigung zugesprochen, weil sie wegen ihres Kopftuches nicht in den Schuldienst eingestellt worden war. Die Frau sei wegen ihrer Religion diskriminiert worden, entschied nun das Bundesarbeitsgericht. Der Paragraf 2 im Neutralitätsgesetz, der Pädagogen an allgemeinbildenden Berliner Schulen nicht nur das Tragen eines Kopftuchs, sondern auch anderer religiöser Kleidungsstücke und Symbole wie Kreuz oder Kippa untersagt, müsse verfassungskonform ausgestaltet werden.

Konkret handelt es sich um eine Informatikerin, die sich als sogenannte Quereinsteigerin für eine Stelle in einer Sekundarschule, einem Gymnasium oder einer Berufsschule beworben hatte. Für die Berufsschule, für die das Neutralitätsgesetz im Unterschied zu allgemeinbildenden Schulen nicht gilt, wurde die Klägerin mit Verweis auf andere, besser geeignete Bewerber abgelehnt. Für die anderen Schultypen erhielt sie kein Angebot.

CDU: Symbol für freiheitsfeindliches Islamverständnis

Das Kopftuch sei oftmals das Symbol für ein rückwärtsgewandtes und freiheitsfeindliches Islamverständnis, so Liecke. Das Urteil des Bundesarbeitsgerichtes sei darum auch „ein Schlag ins Gesicht all jener mutigen Muslime, die sich für einen modernen und aufgeklärten Islam einsetzen und deswegen angefeindet und bedroht werden“.

Zuletzt hatte das Neutralitätsgesetz immer wieder für kontroverse Debatten auch innerhalb der rot-rot-grünen Koalition gesorgt. Während Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) das Gesetz für verfassungskonform und sachgerecht hielt, vertrat Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) die gegenteilige Meinung. (dpa/iQ)

Leserkommentare

Bettina Aliya Maier sagt:
Religionsfeinde sind Feinde einer Demokratie. Demokratie lebt von Werten, nicht Spaltung. ❤️🙏🏼
31.08.20
19:11
Ute Fabel sagt:
Die SPD soll das Berliner Neutralitätsgesetz mit Zähnen und Klauen verteidigen. Im Kampf gegen reaktionäre klerikale Begehrlichkeiten auf Sonderbehandlung könnte die SPD Profil gewinnen. Keinesfalls darf sich der Staat rückständigen ,geradezu fetischhaften Bekleidungsdogmen unterwerfen. Im März 2017 hat der Europäische Gerichtshof in Luxemburg erkannt, dass Arbeitgeber religiöse und weltanschauliche Zeichen im Job verbieten dürfen. Anlassfall war die belgische Rezeptionistin Samira Achbita, die nach drei Jahren Arbeit in einem Sicherheitsunternehmen entlassen worden, als sie ankündigte, das Kopftuch künftig auch während der Arbeitszeit tragen zu wollen. Zu Recht, wie der EuGH erkannte. Ob dadurch der Betriebsfrieden gestört worden wäre oder nicht, war irrelevant. Was ein privater Arbeitgeber von seinen Rezeptionisten fordern darf, wird wohl die deutsche Hauptstadt von ihren Pädagogen abverlangen können.
31.08.20
21:42
Ute Fabel sagt:
@Bettina Aliya Maier: Religionsfanatiker sind Feinde einer Demokratie. Demokratie lebt von Werten, nicht Spaltung. Was würden Sie eigentlich zu atheistischen Lehrern sagen, die im Unterricht tagtäglich ein Shirt mit der Aufschrift "Gottlos Glücklich" tragen wollen? Professionelle Pädagogen stellen ihren Glauben oder Unglauben sowie ihre politische Überzeugung nicht ständig aufdringlich im Klassenzimmer zur Schau. Unprofessionelle Pädagogen, die Sklaven ihrer ideologischen Gesinnung sind, braucht unser öffentliches Schulsystem nicht. Die Einhaltung dieser fundamentalen gesellschaftlichen Spielregel für ein gedeihliches, konfliktfreies Zusammenleben schützt das Berliner Neutralitätsgesetz. Es lebe hoch!
02.09.20
8:11
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel Mit Zähnen und Klauen an einem Fehler festzuhalten, das wäre politisch nicht klug, sondern borniert. Das Berliner Neutralitätsgesetz ist in seiner aktuellen Form verfassungswidrig und ohne Zukunft. Berlin sollte es überarbeiten und rechtssicher machen.
02.09.20
19:32
Ute Fabel sagt:
Das Berliner Neutralitätsgesetz ist politisch klug, die Entscheidung des Bundesarbeitsgericht, das für die abschließende Bewertung der Verfassungsmäßigung von Gesetzen unzuständig ist, juristisch kritikwürdig. Der Berliner Schulsenatorin Sandra Scheeres ist einer Verfassungsbeschwerde gegen das jüngste Urteil des Bundesarbeitsgerichts durchaus zugeneigt. Das ist der richtige Ansatz! Nur weil sich einige religiöse Hardliner nicht an die gleichen Spielregeln für alle halten wollen und Verfahren geführt werden, die oft über Vereinsstrukturen von den Golfstaaten finanziert werden, gleich ein bewährtes Gesetz über Bord zur werfen? Das wäre eine Unterwerfungshandlung, wie sie Michel Houellebecq in seinem Roman warnend darstellt. Während des Schwebezustands sollte Berlin jeder abgewiesenen kopftuchtragenden Lehrerin gleich 5.159 Euro zahlen. Die Verteidigung staatlicher Grundprinzipien hat einen gewissen Preis. Wichtig ist nur, gleich entschlossen den Anfängen zu wehren.
03.09.20
13:17