Berlin

Tage der „Jüdisch-Muslimischen Leitkultur“ starten

Angesichts der vergangenen Debatte über eine Leitkultur werden im Oktober „Tage der Jüdisch-Muslimischen Leitkultur“ beginnen.

02
09
2020
Jüdisch-Muslimisch Leitkultur
Tage Jüdisch-Muslimischer Leitkultur © Shutterstock, bearbeitet by iQ

Mit Diskussionen und kulturellen Veranstaltungen werden vom 3. Oktober bis zum 9. November in Deutschland, Österreich und der Schweiz die „Tage der Jüdisch-Muslimischen Leitkultur“ begangen. 30 Jahre nach der Wiedervereinigung und angesichts der vergangenen Debatte über eine deutsche Leitkultur gehe es nun darum, „die deutsche Gesellschaft so zu denken, wie sie heute schon ist: als eine Gesellschaft radikaler Vielfalt“, teilten die Veranstalter am Mittwoch in Berlin mit.

Getragen wird das Projekt von der Leo Baeck Foundation und gefördert von der Bundeszentrale für politische Bildung und der Allianz Kulturstiftung.

„Die jüdisch-muslimische Leitkultur stellt die Frage, wie eine Alternative zu den jetzigen Vorstellungen von Gesellschaft aussehen könnte“, erklärte der Kurator der Reihe, der Autor Max Czollek. „Und zwar keinesfalls nur als jüdische oder muslimische.“

Kulturelle und zivilgesellschaftliche Institutionen spielten derzeit eine zentrale Rolle bei der Suche nach möglichen Antworten. Dies wollten die „Tage der Jüdisch-Muslimischen Leitkultur“ mit rund 30 Veranstaltungen im deutschsprachigen Raum zeigen. Geplant sind unter anderem Lesungen, Diskussionen und Performances. (KNA, iQ)

Leserkommentare

Ute Fabel sagt:
Einstein schrieb am 3. Januar 1954 einen Brief an den Philosophen Eric Gutkind, Der Brief wurde ein Jahr später öffentlich zum Verkauf angeboten, befand sich lange Zeit im Privatbesitz und wurde vor etwa zehn Jahren wieder der Öffentlichkeit präsentiert und erneut versteigert. In dem Brief führte er aus: "Das Wort Gott ist für mich nichts als Ausdruck und Produkt menschlicher Schwächen, die Bibel eine Sammlung ehrwürdiger aber reichlich primitiver Legenden. Keine noch so feinsinnige Auslegung kann etwas daran ändern. Für mich ist die unverfälschte jüdische Religion wie alle anderen Religionen eine Incarnation des primitiven Aberglaubens. Baruch Spinoza war jüdischer Abstammung, wurde aber schließlich exkommuniziert und mit dem großen Bannfluch belegt. Seine philosophischen Texte sind um Längen intelligenter als die Bücher Mose. Die Menschheit vorangebracht und damit die Leitkultur gebildet haben die Denkenden und nicht die Glaubenden. Man findet viel mehr Weisheit in der säkularen Welt.
02.09.20
18:06
Bettina Aliya Maierc sagt:
Längst überfällig! 😉 Ich glaube kaum ein Projekt, wird ertragREICHER, vorbildlicher und bewundernswerter SEIN angesichts der weltpolitischen Lage. Meine volle Unterstützung. 🌞 Ps: übrigens sehr gut formuliert. 😉
02.09.20
20:21
Harousch sagt:
Eine mehr als fällige und sehr willkommene Idee. Die Misere oder so ähnlich hieß mal ein deutscher Politiker, der die Debatte nach der deutschen Leitkultur entfachte und geradewegs in die Hände der rechten Randgruppe spielte. Zudem sorgte er für eine Verschärfung der Sicherheitslage mit weitreichenden Folgen bis heute. Diese Initiative mit der jüdisch-muslimischen Leitkultur ist endlich ein Ruck in die richtige Richtung, nicht rechts und auch nicht links, einfach geradewegs ins Herz der Gesellschaft zugunsten einer Leitkultur der Akzeptanz und des Friedens sowie des Miteinanders. Großes Lob und Dankeschön an das Organisationsteam und die Initiatoren!
03.09.20
16:33
Vera Praunheim sagt:
Jüdisch-muslimische Impulse können durchaus anregend oder kulturell interessant sein. Solche aber gleich zu einer übergeordneten Leitkultur für alle erheben zu wollen, wäre schon recht absurd und viel zu hoch gegriffen. In einer Gesellschaft radikaler Vielfalt haben einseitig-radikale, unbewiesene, spekulative, autoritäre Glaubenslehren & Herrschaftsideologien als herbeigeredete "Leitkultur" nichts mehr verloren. Leider gibt es zu viele fremdbestimmte Glaubensanhänger, die selbsternannten Leitern & Führern jedes Wort als sog. 'heilige Lehre' sprichwörtlich abkaufen.
04.09.20
0:07
Ute Fabel sagt:
Das Jüdische Museum in Wien hat in den letzten Jahren Ausstellungen über Hedy Lamarr und Helena Rubinstein präsentiert und schmückte sich dabei mit fremden Federn. Die beiden Damen hatten zwar jüdische Vorfahren. Die jüdische Religion verkörperten sie ebensowenig wie die US-amerikanische Pop-Ikone Madonna die katholische. Die Leitkultur wurde schon seit der Aufklärung zum Glück zunehmend von religiösen Ketzern geprägt. Den sozialen Wohnbau im Wien der Zwischenkriegszeit hat ein wundervoller Ex-Jude, Hugo Breitner, geprägt, der der Religionsgemeinschaft, in die er hineingeboren, schon im Jahr 1900 naserümpfend den Rücken gekehrt hat. Nach dem Anschluss 1938 musste er in die USA fliehen, sein Besitz in Österreich wurde arisiert.
05.09.20
16:03