Berlin

Angehende Staatsanwältinnen dürfen Kopftuch tragen

Künftig dürfen Berliner Staatsanwältinnen in Ausbildung im Gerichtssaal ein Kopftuch tragen. Jedoch unter einigen Voraussetzungen.

03
09
2020
Symbolbild: Gericht, rassistische Chatgruppe, Justiz © shutterstock, bearbeitet by iQ.
Symbolbild: Gericht, rassistische Chatgruppe, Justiz © shutterstock, bearbeitet by iQ.

Als Reaktion zum gekippten Kopftuchverbot in Berlin erlaubt Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) künftig angehenden muslimischen Staatsanwältinnen ein Kopftuch im Gerichtssaal zu tragen. Dies teilte er Mittwochabend im Rechtsausschuss mit. Einzige Voraussetzung sei, dass die Muslimin nicht alleine auftreten werde, sondern in Begleitung ihres Ausbilders bzw. Ausbilderin. Die hoheitlichen Aufgaben werden weiterhin von den Ausbildern übernommen.

Die rot-rot-grüne Koalition kritisierte die Ankündigung von Behrend. „Hier müssen wir als Koalition eine einheitliche Linie finden. Der Alleingang von Dirk Behrendt ist nicht gut“, erklärte SPD-Rechtsexperte Sven Kohlmeier gegenüber „Tagesspiegel“. Für die CDU sei ein Kopftuch bei Staatsdienern, zumal im Kernbereich der Staatsgewalt bei Justiz und Polizei, politisch und gesellschaftlich nicht gewollt.

Zuletzt hatte das Neutralitätsgesetz immer wieder für kontroverse Debatten auch innerhalb der rot-rot-grünen Koalition gesorgt. Während Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) das Gesetz für verfassungskonform und sachgerecht hielt, vertrat Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) die gegenteilige Meinung. „In der multireligiösen Gesellschaft muss es darum gehen, was jemand im Kopf und nicht auf dem Kopf hat.“ Für Behrendt sollte das Neutralitätsgesetz noch in dieser Legislaturperiode geändert werden. Der Konflikt um das Neutralitätsgesetz dürfe nicht weiter auf dem Rücken der betroffenen Frauen ausgetragen werden. „Berlin kann es sich nicht weiter leisten, geeignete Lehrkräfte zu diskriminieren“, so Behrendt weiter.

Gericht kippt Kopftuch-Verbot für Lehrerinnen

Das Bundesarbeitsgericht wies aie Revision des Landes Berlin gegen ein Urteil des Landesarbeitsgerichts zurück. Dieses hatte einer muslimischen Lehrerin im November 2018 rund 5159 Euro Entschädigung zugesprochen, weil sie wegen ihres Kopftuches nicht in den Schuldienst eingestellt worden war. Die Frau sei wegen ihrer Religion diskriminiert worden, entschied nun das Bundesarbeitsgericht. Der Paragraf 2 im Neutralitätsgesetz, der Pädagogen an allgemeinbildenden Berliner Schulen nicht nur das Tragen eines Kopftuchs, sondern auch anderer religiöser Kleidungsstücke und Symbole wie Kreuz oder Kippa untersagt, müsse verfassungskonform ausgestaltet werden. (dpa, iQ)

Leserkommentare

Bettina Aliya Maier sagt:
Letztendlich ist das Neutralitaetsgesetz für alle Religionen nicht eindeutig aufgesetzt, was ist denn ein Kernbereich? 😉 Das Gerichtsurteil war Wegweiser und die Politik und somit auch die Gesetzgebung hinken oft ein paar Jahre den aktuellen Entwicklungen der Gesellschaft hinterher. Leider helfen da nur Klagen, Steuergelder und Verwaltungskosten wenn politisch kein Konsens gefunden wird. Zudem werden sich zukünftig alle gesellschaftlichen Instanzen nach Werten sehnen. Sie sind verloren gegangen und alle Religionen und deren Mitspracherecht sind vollkommen verdrängt worden. Das ist meine Einschätzung und der Islam generell ist verteufelt worden. Ein Dialog zwischen den großen Religionen regelrecht verhindert und das soll sich jetzt gerne ändern. Das Stigma Kopftuch und unterqualifiziert gehört im Namen aller Frauen: ABGESCHAFFT.
03.09.20
19:13
Vera Praunheim sagt:
Grundsätzlich darf natürlich jeder Mensch alles mögliche glauben, was er mag, auch den größten Irrsinn oder Unsinn. Vor allem aber im unabhängigen Justizbereich kann und darf es nicht sein, daß für höchst umstrittene Glaubensthemen auch noch auffällige Propaganda oder Werbung durch entsprechende Kleiderutensilien gemacht wird. Zwar stehen hier die Auszubildenden unter Aufsicht und haben keine hoheitlichen Aufgaben, trotzdem ist dies ein falsches Signal. Widerstand ist da doch vorprogrammiert und wahrscheinlich auch notwendig.
03.09.20
23:44
Ute Fabel sagt:
Justizsenator Dirk Behrendt positioniert damit die Grünen endgültig als das trojanische Pferd des politischen Islams. Wohlmeinende Naivität ist brandgefährlich. Repräsentanten des Staates sollten ohne Wenn und Aber dazu angehalten werden, durch ihr optisches Erscheinungsbild die religiöse, politische, philosophische und weltanschauliche Neutralität der Hoheitsgewalt zu repräsentiert. Wer sich dazu nicht in der Lage sieht, manövriert sich selbst ins Out und betreibt Selbstausgrenzung. Eine Justizangehörige, die im Gerichtssaal Kopftuch trägt, finde ich ebenso empörend und eines europäischen Rechtsstaats des 21. Jahrhunderts nicht würdig wie einen Justizangehörigen, der sich einen blitzblauen Schal um den Schal bindet, welchen Jörg Haider seinerzeit zum Symbol seiner rechtspopulistischen FPÖ gemacht hat.
04.09.20
7:54
Johannes Disch sagt:
Meine Güte, kaum kassiert man mal vor Gericht eine Schlappe und schon knickt man ein. Die rot-grüne Koalition in Berlin ist wohl hoffentlich schon bald Geschichte. SPD und GRÜNE sind ganz offensichtlich nicht in der Lage, dem organisierten Islam Paroli zu bieten. "Die Grünen" schwelgen sowieso in Multi-Kulti und die SPD ist nicht erst seit gestern völlig orientierungslos. Das gilt für die Berliner SPD noch mehr als für die Bundes-SPD. Die Berliner SPD braucht eine Denk-bzw. eine Regierungspause. Und die Berliner Grünen auch.
06.09.20
11:55