









In einer Expertise über die rechtliche Anerkennung des Islams kritisiert Islamwissenschaftlerin Riem Spielhaus die laufenden Verhandlungen. Es gebe viel Nachholbedarf.
Bei der rechtlichen Anerkennung islamischer Gemeinschaften in Deutschland gibt es aus Sicht der Göttinger Islamwissenschaftlerin Riem Spielhaus noch Nachholbedarf. Unter anderem werde es trotz vielfacher Bemühungen weiterhin keinen direkten Ansprechpartner auf muslimischer Seite geben, schreibt Spielhaus in einer am Donnerstag veröffentlichten Expertise für den Mediendienst Integration. Auch verfügten die islamischen Gemeinschaften über wenig finanzielle und personelle Ressourcen im Vergleich etwa zu den beiden großen Kirchen.
Nach dem Satz des damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff im Oktober 2010 „Der Islam gehört zu Deutschland“ habe sich zunächst auf Bundes- und Landesebene einiges getan, so Spielhaus. Seit 2016 stagnierten Prozesse und Verhandlungen jedoch, teils gebe es sogar Rückschritte. Auch der Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts, der lange als Voraussetzung für staatliche Kooperationen galt, sei nicht unbedingt zielführend.
Darüber hinaus konstatiert Spielhaus in ihrer Ausarbeitung ein zunehmend religionsskeptisches und islamfeindliches Klima in Deutschland, das die Zusammenarbeit weiter erschwere. Auf der anderen Seite behinderten extremistische Entwicklungen ein positives Klima. So hielten und verstärkten sich teils skeptische Haltungen zur deutschen Politik, Verwaltung und Gesellschaft in islamischen Organisationen.
Als positive Vorreiter nennt Spielhaus Hamburg und Bremen. Beide Stadtstaaten hätten bereits 2012 und 2013 Verträge mit islamischen Gemeinschaften abgeschlossen, die nicht als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt seien. Diese Verträge regelten die Religionspraxis und die Kooperationen. Niedersachsen und Rheinland-Pfalz hätten diesem Beispiel folgen wollen; hier lägen die Verhandlungen aber auf Eis.
Mit Blick auf Feiertage und das muslimische Freitagsgebet gebe es in einigen Bundesländern wie Berlin, Hamburg und Bremen sowie Baden-Württemberg Regelungen, die eine Freistellung von Arbeit, Schule oder Ausbildung ermöglichten, so Spielhaus weiter. In anderen Bundesländern gelte zwar das allgemeine Recht auf unbezahlte Freistellung, islamische Feiertage seien aber nicht explizit anerkannt.
Auch bei Bestattungen habe es Entwicklungen hin zu mehr Anerkennung gegeben. Zahlreiche Kommunen hätten dem steigenden Bedarf an Friedhofsflächen für islamische Bestattungen nachgegeben und Grabfelder auswiesen, auf denen die Ausrichtung der Gräber in Richtung Mekka möglich sei. Weitere muslimische Bedarfe wie sarglose und zeitnahe Bestattung sowie die Gewährleistung der dauerhaften Totenruhe fallen laut Spielhaus in die Kompetenz der Länder. In Berlin, Hessen und Baden-Württemberg gebe es die Möglichkeit einer sarglosen Bestattung. Im Vertrag zwischen Hamburg und den islamischen Organisationen werden sarglose Bestattung und dauerhafte Totenruhe zugesichert.