Chatgruppen von Polizisten, die rassistische und rechtsextreme Inhalte teilen: Die EU-Kommission reagiert entsetzt und fordert Gegenmaßnahmen. Mit einem Aktionsplan will sie Rassismus eindämmen.
Nach der Aufdeckung rechtsextremer Chatgruppen bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen hat die EU-Kommission Gegenmaßnahmen angemahnt. „Wir fordern die Mitgliedstaaten auf, ihre Anstrengungen zu verstärken, um rassistisches Verhalten in den Strafverfolgungsbehörden zu verhindern und zu bekämpfen“, sagte Jourova am Freitag der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel.
Derweil forderten SPD-Minister eine umfassende Rassismus-Studie bei der Polizei. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hält es dagegen nach wie vor für falsch, sich bei der Untersuchung dieses Phänomens allein auf die Sicherheitsbehörden zu konzentrieren.
Zuletzt waren bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen fünf Chatgruppen mit rechtsextremen und rassistischen Inhalten entdeckt worden. 30 Polizisten wurden vorläufig vom Dienst suspendiert. Auf Nachfrage sagte Jourova dazu: „Wir müssen besonders wachsam sein, wenn es um Rassismus bei der Strafverfolgung geht.“ Die Strafverfolgungsbehörden müssten Teil der Lösung im Kampf gegen Rassismus sein.
Die Forderung nach fairer Polizeiarbeit ohne „racial profiling“ – also Kontrollen aufgrund fremden Aussehens – ist auch zentraler Punkt in einem Anti-Rassismus-Plan, den Jourova zusammen mit der für Gleichberechtigung zuständigen Kommissarin Helena Dalli vorstellte. Er ist auf fünf Jahre angelegt und soll Vorurteile gegen Minderheiten auf allen Ebenen angehen. Geplant sind ein Anti-Rassismus-Koordinator und ein Gipfel gegen Rassismus im Frühjahr 2021. Die 27 EU-Staaten sollen nationale Aktionspläne aufstellen.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte den Aktionsplan am Mittwoch in ihrer Rede zur Lage der Europäischen Union angekündigt. Gegen Rassismus und Diskriminierung gelten in der EU sowohl eine Gleichstellungs-Richtlinie als auch ein Rahmenbeschluss zur strafrechtlichen Verfolgung bestimmter Formen von Rassismus.
Im Alltag ist beides dennoch verbreitet. So sagten in einer Studie 45 Prozent der in der EU befragten Menschen nordafrikanischer Herkunft, sie hätten bereits Diskriminierung erlebt. Die EU-Kommission will auch vor der eigenen Haustür kehren und ihre Linie bei der Einstellung neuer Mitarbeiter überprüfen, um spürbar mehr Vielfalt zu erreichen. Außerdem müssten Schlupflöcher im EU-Recht gestopft werden, die den Kampf gegen Diskriminierung und Rassismus schwächen. (dpa, iQ)