Trotz Rechtsextremismus-Skandal bei der Polizei, sagt Innenminister Seehofer „Nein“ zu einer Rassismus-Studie bei Polizisten.
Trotz der Ermittlungen zu rechtsextremen Chats von Polizisten in Nordrhein-Westfalen lehnt Bundesinnenminister Horst Seehofer eine Studie zu Rassismus bei der Polizei weiter ab. Der CSU-Politiker zeigte sich im Interview der „Bild am Sonntag“ aber offen für eine breiter angelegte Studie, die sich mit Rassismus in der Gesellschaft befasst. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) rief Polizisten dazu auf, rassistischen und rechtsextremen Einstellungen in eigenen Reihen deutlich entgegenzutreten.
In NRW stehen 30 Polizistinnen und Polizisten unter Verdacht, in Chatgruppen rechtsextremes Material ausgetauscht zu haben. Zudem hatte es in Mecklenburg-Vorpommern am Freitag Durchsuchungen bei zwei Beamten wegen rechter Chatgruppen gegeben. Insgesamt werden dort nun 17 Beamte verdächtigt, rechtsextremes Gedankengut in Internet-Chats ausgetauscht zu haben.
Eine Sprecherin des Innenministeriums erklärte: „Bundesinnenminister Seehofer hat mehrfach deutlich gemacht, dass Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus derzeit die größten Bedrohungen für die Sicherheit in Deutschland sind.“ Die Bundesregierung habe daher bereits Gesetze verschärft und die Sicherheitsbehörden gestärkt.
Seehofer sagte zu den Vorfällen in NRW: „Das war ein Schlag in die Magengrube“. Er sei dennoch überzeugt, dass die überwältigende Mehrheit der Polizisten und Polizistinnen „fest auf dem Boden unserer Verfassung“ stehe. Er bekräftigte: „Eine Studie, die sich ausschließlich mit der Polizei und dem Vorwurf eines strukturellen Rassismus innerhalb der Polizei beschäftigt, wird es mit mir nicht geben.“ Er erklärte: „Hier bedarf es eines wesentlich breiteren Ansatzes für die gesamte Gesellschaft, und an diesem arbeiten wir.“
Die Idee einer umfassenden Rassismus-Studie, die nicht nur die Sicherheitsbehörden, sondern auch andere Bereiche der Gesellschaft betrachtet, ist nicht neu. Sie war bereits Anfang September im neuen Kabinettsausschuss zu Rechtsextremismus und Rassismus diskutiert worden.
Thüringens Regierungschef Ramelow sagte hingegen am Wochenende in Jena, eine wissenschaftliche Analyse zu Rassismus bei der Polizei sei mehr als überfällig. „Gerade im Polizeiapparat ist eine Kultur notwendig, dass man nicht schweigt und nicht wegschaut.“ (dpa, iQ)