Brandanschläge, Schmierereien, eingeschlagene Fensterscheiben, verwüstete Gebetsräume und Bombendrohungen. Die Angriffe auf Moscheen häufen sich – und hinterlassen Spuren. So wie der Anschlag in Dresden. IslamiQ hat mit der Gemeinde gesprochen.
Der Sprengstoffanschlag auf die DITIB Fatih-Moschee in Dresden am 26. September 2016 gehört wohl zu den dramatischsten Moscheeanschlägen in Deutschland. Eine mit Tötungsabsicht gelegte Bombe detonierte an der Moschee, während sich der Imam und seine Familie im Gebäude aufhielten. Verletzt wurde niemand. Auch vier Jahre nach dem Anschlag ist die Gemeinde entsetzt über diese menschenverachtende Tat.
Während dem Anschlag befand sich der Imam der Moschee in seinem Büro. Als er einen lauten Knall hörte, eilte er zu seiner Familie, die er völlig verängstigt vorfand. Vor dem Eingang zu seiner Wohnung, die sich im Moscheegebäude befindet, wurden später drei selbst gebaute Rohrbomben sichergestellt. Durch die Druckwelle der Explosion entstand ein großer Sachschaden. Die Eingangstür der Moschee wurde nach innen gedrückt und die Wände der Außenfassade durch das Feuer verrußt. Die Detonation habe man im Umkreis von 3 km hören können.
Nachbarn seien sofort zur Hilfe geeilt, um die meterhohen Flammen zu löschen. Kurz darauf trafen Polizei und Feuerwehr ein und entschärften die Lage. Beim Begutachten der Überwachungskameras hat der Moscheevorstand die Zigarettenstummel des Täters gefunden. Durch DNA-Spuren konnte der Täter im Dezember 2016 ermittelt und festgenommen werden. Bei der Durchsuchung der Wohnung des damals 30-Jährigen wurden mehr als viereinhalb Kilogramm schwerer einsatzfähiger Sprengsatz entdeckt. Außerdem soll der Mann mehrmals als Redner beim islam- und fremdenfeindlichen Pegida-Bündnis aufgetreten sein.
„Mir wurde schlecht und schwarz vor Augen“, so der damalige Imam. Seine beiden damals sechs und zehn Jahre alten Söhne hätten Todesangst gehabt und geschrien: „Die wollen uns ermorden!“. Seit dem Anschlag seien er, seine Frau und die Söhne jede Woche in psychologischer Behandlung gewesen. Auch seine Frau berichtete, wie sehr erschrocken sie gewesen sei. „Diesen Anschlag werde ich nie im Leben vergessen“, sagte die damals 38-Jährige. Die Familie hat Dresden nach dem Anschlag verlassen und lebt seitdem an einem unbekannten Ort.
„Wir dachten zunächst, dass es nur ein dummer Streich gewesen sei, etwa wie Schmierereien oder so. Dann haben wir mitbekommen, dass es doch etwas Größeres war“, erklärt Vorstandsmitglied Yusuf Sengü gegenüber IslamiQ. Sehr viele Personen und Einrichtungen hätten sich mit der Gemeinde unmittelbar nach dem Anschlag solidarisiert.
Nicht nur muslimische Religionsgemeinschaften, sondern Synagogen und Kirchen, Polizei und Politik waren da, um ihre Solidarität zu bekunden. Kanzlerin Angela Merkel hatte sich nach dem Anschlag in Dresden mit dem Imam der Moschee und dessen Familie getroffen.
Für Sengü sei das Problem solcher Taten vor allem die selektive mediale Darstellung über Islam und Muslime. „Mit derartigen negativen Darstellungen verletzen sie unsere Würde“, sagt Sengü.
Das Dresdner Landgericht hatte den damals 30-Jährigen zu neun Jahren und acht Monaten Haft verurteilt. Die Schwurgerichtskammer sprach Nino K. des versuchten Mordes in vier Fällen, versuchter besonders schwerer Brandstiftung und Herbeiführens von Sprengstoffexplosionen schuldig.
„Es war keine Spontantat, sondern lange vorbereitet“, sagte zuvor Oberstaatsanwalt Riccardo Schultz. Er habe beim Anschlag gewusst, dass sich die vierköpfige Familie des Imams in der Wohnung hinter der Tür befand. Das Motiv sei Ausländer- und Islamfeindlichkeit. Nino K. hatte vor Gericht zugegeben, die Rohrbomben gebaut und gezündet zu haben.
„Wir sind eine sehr offene Gemeinde und sind ständig im Gespräch mit unserem Umfeld. Die Beziehungen zu anderen sind durchweg positiv“, erklärt Ramazan Yıldırım, Vorstandsvorsitzender der Moschee gegenüber IslamiQ. Yıldırım ist seit über 15 Jahren Vorstandsmitglied, und seit kurzem Vorstandsvorsitzender. „Daher ist der Anschlag nur sehr schwer zu verkraften“, sagt er weiter. Die Gemeinde habe die Tat ziemlich gut wegstecken können, auch wenn manchmal über die Tat geredet werde. Moscheeangriffe kämen so oft vor, dass sie ihre Gewichtigkeit verlieren.
Lobenswert sei die Reaktion der Polizei nach dem Anschlag gewesen. So kam auch der Polizeipräsident von Dresden, um seine Solidarität zu bekunden und zu helfen. Viele Reporter, seien es nationale Sender oder internationale, seien vor Ort gewesen. Der Vorfall hätte weltweit Schlagzeilen gemacht.
Mittlerweile sei man im ständigen Gespräch mit den Sicherheitsbehörden. „Jeden Tag kommt die Polizei vorbei und hält Ausschau. Vor allem bei Freitagsgebeten ist die Polizei immer vor Ort. Das gibt uns natürlich ein Gefühl der Sicherheit“, erklärt Yıldırım weiter.
Der neue Imam der Gemeinde, Baki Akdağ, erklärt, dass Ängste in der Gemeinde teils bei Eltern vorkämen. An Wochenenden seien viele Kinder in der Moschee. „Letztes Jahr hatte es erneut einen Angriff auf unsere Moschee gegeben, bei dem die Fensterscheibe mit einem Stein eingeschlagen wurde. Das hatte dann nochmals für eine mulmige Stimmung gesorgt“, erklärt Imam Akdağ.
Die Stimmung habe sich aber durchweg positiv entwickelt. Sicherheitsbehörden und Regierung gingen konzentriert gegen Rassismus und Rechtsextremismus vor. Das sorge ebenfalls für ein Gefühl von Sicherheit.