Von „Verteufelung von Juden“ bis „Entmenschlichung von Muslimen“. Nach Experten hängen Islamfeindlichkeit und Antisemitismus häufig zusammen.
Islamfeindlichkeit und Antisemitismus gehen nach Einschätzung des Buchautors Ronen Steinke häufig miteinander einher. Verschwörungsmythen wie jener von einem „schleichenden Völkermord“ schlössen die „Verteufelung von Juden“ ebenso ein wie die „Entmenschlichung von Muslimen“, schreibt Steinke in der „Süddeutschen Zeitung“ (Freitag). Auf derartige Erzählungen habe sich auch der Attentäter von Halle berufen.
Am 9. Oktober 2019 hatte ein schwer bewaffneter Attentäter versucht, in der Synagoge von Halle ein Massaker anzurichten. Als er nicht eindringen konnte, erschoss er eine Passantin und den Gast eines Döner-Imbisses, die er für Muslime hielt. Anschließend verletzte er auf der Flucht ein Ehepaar schwer.
Der rechtsextreme Attentäter hatte zuvor angegeben ursprünglich Moscheen angreifen zu wollen. Erst später habe er seine Pläne geändert und die Synagoge als Ziel gewählt. Nur vier Monate danach erschoss ein 43-Jähriger damals neun Menschen in Hanau. Der rassistisch motivierte Anschlag vom 19. Februar hatte großes entsetzen in der Gesellschaft ausgelöst. Die Opfer, hauptsächlich Muslime.
So gehe es etwa um „die Erzählung, dass die Einwanderung vieler Menschen aus dem Nahen und Mittleren Osten insgeheim von ein paar mächtigen Drahtziehern befördert werde. Soros, Rothschild, und so weiter“, erklärt Steinke, der im Sommer das Buch „Terror gegen Juden“ vorgelegt hat. Familien wie die Rothschilds oder der Unternehmer George Soros fungierten in diesem Zusammenhang als Chiffren. „Die modernen Rechtspopulisten arbeiten eher mit Andeutungen“, so der Experte.
Zum ersten Jahrestag des Anschlags von Halle finden eine Reihe von Gedenkveranstaltungen statt, unter anderem im Beisein von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. (KNA, iQ)